Arbeitskreis Scholastische Logik

Aus der Sicht der modernen Logik, wie sie auf Frege, Russel und Tarski zurückgeht, erscheint die Scholastische Logik vielen wie eine Kuriosität. Man wundert sich über das logische Quadrat der vier Urteile, welches prädikatenlogisch verstanden nicht mehr funktioniert, oder über Schlussformen wie den Modus Barbari, den die heutige Logik erster Ordnung als ungültig ausweist. Wenn der polnische Logiker Jan Salamucha zu einem Vergleich zwischen moderner und Scholastischer Logik ausholt, kann er nur feststellen: "In the end, after diligent study of all sections regarding reasoning, all that I know is several dozen (about thirty) schematic formulas and a very unclear notion concerning what is deductive reasoning." (Comparisons between scholastic logical tools and modern formal logic, 1937, S. 212).

Aber vielleicht ist es vorschnell, die Logik der Scholastiker lediglich für ein Mängelwesen zu halten. Sicherlich unterscheidet sich die Syllogistik von der Prädikatenlogik in mancherlei Hinsicht, aber dies mag an einer anderen im Hintergrund stehenden Metalogik liegen, die nicht Individuen in einem Redebereich, sondern Begriffe in das Zentrum der Logik setzt. So kontert der Baron von Freytag-Löringhoff die Angriffe auf die Syllogistik noch 1950 mit einem Bekenntnis für die metalogische Überlegenheit derselben:
"Besagt das Nichherauskommen jener vier modi wirkich, daß sie falsch sind und es daher Beispiele für ihre Falschheit geben muß? Könnte es nicht so sein, daß jene mathematisierenden Theorien nur den Begriff des syllogistischen modus etwas enger fassen, als man es in der Logik tun muß? [...] Für unsere, die begriffslogische Auffassung der Logik ist ein Begriff nicht durch die Menge der unter ihn fallenden Individuen charakterisiert, sondern ausschließlich durch seinen Inhalt, durch die Merkmale, die ihn konstituieren." (Über das System der modi des Syllogismus, 1950, S. 238 f.).

Ferner beschränkt sich die Scholastische Logik keineswegs auf die berühmten aristotelischen Syllogismen, sondern kann außerdem als ein Vorreiter dialogischer und spieltheoretischer Logik-Kalküle angesehen werden, wie sie erst im späten 20. Jahrhundert durch die Erlanger Schule wieder auflebten.

Der Arbeitskreis für Scholastische Logik soll dazu dienen, ein Verständnis für diese uns fremd gewordene Denkwelt zu entwickeln, ohne hierbei den Standpunkt der modernen Prädikatenlogik als unhinterfragbar vorauszusetzen. Hierzu werden wir sowohl ausgewählte Textstellen von Aristoteles und Porphyrios, als auch klassische Logik-Lehrbücher des Mittelalters und neuartige Formalisierungsversuche aus dem 20. und 21. Jahrhundert studieren. Scholastische Texte gelten heute zurecht als voraussetzungsreich: ihre Lektüre verlangt eine ganze Reihe an Vorkenntnissen, die wir uns systematisch zusammen erarbeiten wollen. Geplant ist außerdem, mit dem hierbei erworbenen Wissen an philosophische Streitfragen des Mittelalters heranzutreten - sei es der Status von Universalien oder das Individuationsprinzip - und Texte des heiligen Thomas von Aquin sowie von Duns Scotus zusammen zu lesen.

Wer Interesse daran hat, sich dem Arbeitskreis anzuschließen, kann sich jederzeit per Mail bei finn.marz@uni-muenster.de melden. Wenigstens minimale Vorkenntnisse in formaler Logik sind sehr zu empfehlen - im Zweifel bringen wir aber alle auf den nötigen Stand.