Hendrik Petrus Berlage
* Amsterdam, 21. Februar 1856 – † Den Haag, 12. August 1923 - Architekt
Nach Ansicht des niederländischen Architekten J. F. Staal brachte Hendrikus Petrus Berlage den niederländischen Architekten das Bauen bei. Dieses Urteil ist bezeichnend für den großen Einfluss Berlages auf die moderne niederländische Architektur. Der 1856 in Amsterdam geborene Architekt war der tonangebende niederländische Baufachmann seiner Zeit.
Zu seinen Werken gehören unter anderem die nach ihm benannte Börse am Damrak in Amsterdam sowie das Gemeindemuseum in Den Haag. Als Städtebauer war Berlage auch für die südliche Ausdehnung Amsterdams zuständig, den sogenannten ‘Plan Zuid’, den er seit 1905 koordinierte. Sein Stil zeichnet sich durch die Nutzung von industriellem Rohmaterial als Backstein sowie durch die Verwendung von viel dekorativer Kunst aus. Berlage lieferte – im Dialog mit anderen Künstlern – immer ein Gesamtprodukt, bei dem das Innere und das Äußere in einem auf einander abgestimmten Stil entworfen waren. Man bezeichnet seine Gebäude deshalb als Gemeinschafts- oder Gesamtkunst.
Der aus einer guten Familie stammende Berlage lernte sein Handwerk in Zürich, wo er unter den Einfluss der Werke des deutschen Architekten Gottfried Semper – u. a. Erbauer des berühmten Opernhauses in Dresden – geriet. Seine ersten Entwürfe zeichnen sich, in Anlehnung an Semper, durch einen historisierenden Stil aus, der die Architektur des 19. Jahrhunderts dominierte. Nach seiner Rückkehr nach Amsterdam kreierte Berlage einen ganz eigenen Stil: sein auffälliger Entwurf für die neue Kaufmannsbörse in Amsterdam, der wichtigsten Börse des Landes, wich in vielerlei Hinsicht vom herrschenden Geschmack ab. Berlage hatte das Prestigeprojekt durch Vermittlung des eigensinnigen, links-radikalen Beigeordneten F. Treub erhalten. Bis 1903 arbeitete er, zusammen mit Gestaltungskünstlern wie Jan Toorop und Richard Ronald Holst, an dem Gebäude. Es zählt heute zu den wichtigsten niederländischen Reichsdenkmälern des 19. Jahrhunderts.
Während seiner Laufbahn geriet Berlage zunehmend in die Kreise der niederländischen Arbeiterbewegung. Nach Einführung des Wohnungsgesetzes (1901), das sozialen Wohnraum verordnete, widmete er sich dem Städtebau. In dieser Periode entwarf Berlage groß angelegte Wohnungsbauprojekte, die teilweise in Amsterdam verwirklicht wurden. Zudem entstand ein Plan für eine neue Hauptstadt in den Dünen, ein Entwurf für den Friedenspalast in Den Haag sowie ein sogenanntes Pantheon der Menschheit, das irgendwo in Europa als Gedenkort gebaut werden sollte. Trotz seiner sozialistischen Sympathien stammten Berlages wichtigsten Auftraggeber aus der reichen niederländischen Avantgarde. Für das deutsch-niederländische Ehepaar Kröller-Müller entwarf er ein Jagdschloss auf deren Privatbesitztümern in der Veluwe, das heute zum Nationalpark Hoge Veluwe gehört.
Sein letztes vollendetes Gebäude ist das markante Gemeindemuseum in Den Haag, das zu den schönsten Museumsgebäuden der Niederlande zählt. Berlage starb 1923. Nach ihm ist das renommierte Berlage-Institut in Rotterdam benannt, das sich mit Architektur und Städtebau beschäftigt.
Autor: Lennert Savennije
Erstellt: November 2008