GESELLSCHAFT: Prinsjesdag in diesem Jahr ungewohnt schlicht gehalten

Den Haag, SW/NOS/NRC, 15. Juli 2020

Der Prinsjesdag (dt. Prinzentag), an dem in den Niederlanden traditionell am dritten Dienstag des Septembers das parlamentarische Sitzungsjahr durch das monarchische Staatsoberhaupt eröffnet wird, findet in diesem Jahr in eher ungewohnter Form statt. Corona-bedingt muss nicht nur der Ort der Thronrede geändert werden, auch die Kutschfahrt und der Gruß vom Balkon des offiziellen Amtssitzes des Königs fallen aus.


Am Dienstagabend gaben der Bürgermeister Den Haags, der Vorsitzende der Ersten Kammer und der Kommandant der königlichen Marechaussee den veränderten Ablauf des zeremoniellen Tages bekannt. Für viele Niederländer bedeutet es das erste Mal, dass der Prinsjesdag in einer anderen Weise strukturiert ist, als sie es kennen. Zuletzt war dies nämlich 1974 der Fall, als Königin Juliana es als unangemessen erachtete, mit der Goldenen Kutsche zu fahren, während in der französischen Botschaft eine Geiselnahme japanischer Terroristen vonstattenging. Dass die Rede des Königs nicht im Ridderzaal im Binnenhof, dem politischen Zentrum der Niederlande, stattfinden kann, ist, die Besatzungsjahre ausgenommen, seit dem Beginn des Rituals 1904 gar noch nie vorgekommen.


Die Bestimmungen im Zusammenhang mit dem Covid-19-Virus setzen nun, wie in so vielen anderen Bereichen, den einzuhaltenden Rahmen fest. Um den gewöhnlichen Menschenandrang am kommenden 15. September auszuschließen, hat man sich zu einer schlichten Feierlichkeit entschieden. König Willem-Alexander wird seine Ansprache in der Grote- of Sint Jacobskerk halten, da die 225 Parlamentsabgeordneten in der eigentlichen Räumlichkeit des Ridderzaals den Mindestabstand nicht einhalten könnten. Daneben wird auch die Anzahl der weiteren Gäste abgespeckt: Lediglich die bevollmächtigten Minister des karibischen Teils des Königreichs der Niederlande und Vertreter von Botschaftern werden willkommen sein. An der Kirche und dem Paleis Noordeinde, dem Sitz des Monarchen, wird zwar ein militärisches Zeremoniell abgehalten werden, auf eine Kutschfahrt, bei der normalerweise tausende Menschen dicht gedrängt am Straßenrand stehen, ist jedoch nicht zu hoffen. Ebenso wird die Balkonszene, bei der sich die Königsfamilie vom Paleis Noordeinde den royalen Anhängern präsentiert, vom Tagesplan gestrichen.


Die Stadt Den Haag hofft, mit der Absage der besonders öffentlichkeitswirksamen Praktiken die Ansammlung eines großen Publikums zu verhindern. Deshalb ruft die Gemeinde mit Nachdruck dazu auf, den Prinsjesdag über das Fernsehen mitzuverfolgen. Der Bürgermeister, Jan van Zanen, hofft trotzdem auf einen „würdigen“ Tag und wirbt gleichzeitig um Verständnis: „Es ist ein herrlicher, festlicher Tag, aber es kommen an ihm viel zu viele Menschen.“ Der Abstand sei deshalb „einfach nicht zu handhaben“.


Mehr über den traditionellen Tag ist hier zu finden.