GESELLSCHAFT: Demonstration gegen Lockdown von der Polizei aufgelöst

Den Haag, TA/NOS/VK/NRC/tagesschau/RTV Utrecht, 06. Mai 2020

In den Niederlanden wächst ähnlich wie in Deutschland der Unmut in Bezug auf die anhaltenden Coronamaßnahmen der Regierung. Am gestrigen bevrijdingsdag, an dem die Niederländer nicht nur die Befreiung von der deutschen Besatzung, sondern auch ihre Freiheit im Allgemeinen feiern, kam es in Den Haag zu einer Demonstration, die von der Polizei aufgelöst werden musste.

An der nicht-genehmigten Demonstration in Den Haag nahmen laut Angaben der NOS rund 300 Personen teil, die einem Aufruf in den sozialen Medien gefolgt sind. Als sie sich am Dienstagmorgen versammelten, reagierte der Bürgermeister Den Haags, Johan Remkes (VVD), und wies ihnen eine Fläche zu, auf der sie protestieren konnten. Dabei mussten sich die Demonstrierenden jedoch an die 1,5-m-Abstandsregel halten, die derzeit zum Schutz vor dem Covid-19-Virus gilt.

Als die Demonstrierenden diese Abstandsregel jedoch nicht einhielten und einige von ihnen versuchten, in die Innenstadt und in Richtung Buitenhof zu ziehen, wurde die Versammlung von der Polizei aufgelöst. Dabei kam es zu circa 80 Festnahmen. Bürgermeister Remkes betonte, dass Demonstrationen zwar auch in Coronazeiten möglich seien, man jedoch trotzdem Abstand zueinander halten müsse.

Auch in Utrecht kam es gestern zu einer Demonstration, an der ungefähr 150 Menschen teilnahmen, um ebenfalls gegen die Maßnahmen der Regierung zu protestieren. Auch hier kam es laut dem RTV Utrecht zu Verstößen gegen die Abstandsregelung, da Demonstranten sich teilweise umarmten.

Die Demonstrationen spiegeln in gewisser Hinsicht die Haltung der Niederländer wider, die mittlerweile auf eine deutliche Lockerung der Maßnahmen hoffen. Die Tageszeitung de Volkskrant berichtet, dass die Fallzahlen der vergangenen Wochen und die Situation auf den niederländischen Intensivstationen eine positive Entwicklung abzeichneten. Daher halte der niederländische Epidemiologe Marc Bonten vom UMC Utrecht eine baldige Lockerung der Regelungen theoretisch für möglich. Er betonte jedoch auch die Unsicherheit in Bezug auf die kommende Zeit, da die Folgen solcher Lockerungen schwer abzuschätzen seien.

Neben den Fallzahlen gibt es jedoch noch einen weiteren, wichtigen Faktor für mögliche Lockerungen: das Sentiment oder die Belastbarkeit der Bevölkerung. Dieser Faktor wird vom Outbreak Management Team, einem Beratungsgremium zur Bekämpfung von Epidemien, als eine Voraussetzung für einen Übergang zu einem Leben gesehen, wie es vor dem Lockdown herrschte. Auch Bonten merkt an, dass sich die Meinung der Bevölkerung mittlerweile gewandelt habe. So sehe man wieder vollere Einkaufsstraßen.

Auch in Deutschland kommt es zu Demonstrationen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung des Covid-19-Virus‘. So etwa in Berlin oder auch in Stuttgart, wo sich am vergangenen Samstag 5.000 Menschen versammelt hatten, um ihren Unmut kund zu tun. De Volkskrant berichtet über die Lage in Deutschland, dass es sich um einen noch geringen Teil der deutschen Bevölkerung handele, der sich offen gegen die Maßnahmen ausspreche. Dieser Teil wachse jedoch stetig.

Welche Strategie nun in den Niederlanden verfolgt werden wird, entscheidet sich am heutigen Mittwoch. Das niederländische Kabinett berät über das weitere Vorgehen und neue Maßnahmen, die vermutlich einen schrittweisen Ausstieg aus dem Lockdown ermöglichen. Die Ergebnisse dieser Diskussion werden heute Abend auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Unter anderem wird dann die Frage geklärt, ob es zu einer Mundschutzpflicht kommen wird, wie sie bereits in anderen Ländern – so auch Deutschland – in Kraft getreten ist.