POLITIK: DENK und 50Plus in schwerer Führungskrise

Den Haag, SW/NRC/VK, 15. April 2020

Die beiden niederländischen Oppositionsparteien DENK und 50Plus befinden sich zurzeit in einer internen Krise. Die Gründe dafür liegen in den Fehden der jeweiligen Führungsetagen. Während es bei DENK, deren inhaltlicher Schwerpunkt die Migrationspolitik ist, um einen Streit der beiden Parteigründer geht, entzieht man bei der Seniorenpartei 50Plus dem Vorsitzenden das Vertrauen.


Innerhalb von DENK begann der Konflikt durch den plötzlichen Rücktritt von Tunahan Kuzu als Parteiführer und Fraktionsvorsitzender. Zunächst gab Kuzu persönliche Umstände als Anstoß für seine unerwartete Entscheidung an. Ein Bericht des Magazins HP/De Tijd enthüllte jedoch kurz darauf, dass der Grund deutlich tiefer liege und mit einem außerehelichen Verhältnis in Verbindung stehe. Die Partei sah sich nun veranlasst, zu erklären, dass sich der Politiker 2018 gegenüber einem weiblichen Parteimitglied in einer Weise verhalten habe, die „nicht zu den Kernwerten von DENK“ passe. Kuzus Reaktion erfolgte eine Woche später mit einem aufsehenerregenden Facebook-Post. Darin beschuldigte er Selçuk Öztürk, Mitbegründer der Partei und jetziger Vorsitzender, aufgrund von Bestrebungen nach der Parteiführerschaft, falsche Informationen über seine Beziehung zu der besagten Frau verbreitet zu haben. Er bezeichnete das Verhalten Öztürks weiter als „politischen Brudermordanschlag“.


Der neue Fraktionsvorsitzende, Farid Azarkan, sieht die restliche Parteiführung um Öztürk als zu befangen an und hat sie deshalb gebeten, zurückzutreten. Zunächst wollte man der Bitte allerdings nicht folgen und gab lediglich an, die Vorgänge untersuchen. Darüber hinaus wurde eine Mitgliederversammlung für den 6. Juni ins Leben gerufen, um über die Zukunft von DENK zu entscheiden und ein Mediator eingestellt, um zwischen den Beteiligten zu schlichten. Das NRC Handelsblad berichtete am 11. April, dass zwei Mitglieder der Parteiführung inzwischen beschlossen hätten, dem Aufruf Azarkans zu folgen und ihr Amt niederzulegen.


Bei 50Plus steht und fällt die interne Zwietracht mit der Person des Parteivorsitzenden Geert Dales. Nachdem dieser seine Position 2018 erhalten hatte, sorgte er eigentlich bis zuletzt für eine überwiegend ruhige Stimmung innerhalb von 50Plus. Nun wandten sich jedoch mehrere hochrangige Parteivertreter an die Presse, prangerten den „autokratischen“ und „wenig demokratischen Stil“ Dales an, machten ihn für den Verlust von Mitgliedern verantwortlich und entzogen ihm das Vertrauen. Hintergrund ist eine Krisensitzung der Parteiführung um Dales, Parteivorsitzendem Henk Krol, Ehrenvorsitzendem Jan Nagel und Fraktionsvorsitzendem in der Ersten Kammer Martin van Rooijen gewesen. Gegenstand der Diskussion war, inwieweit Dales Absichten für die Zweite Kammer zu kandidieren, mit seinen Privilegien als Vorsitzender von 50Plus vereinbar sind, durch die er Einfluss auf die Kandidatenliste ausüben könnte. Das Ergebnis, dass Dales kandidieren, aber keine Zuständigkeit für die Auswahlkommission erlangen dürfe, sollte in einem gemeinsamen Statement veröffentlicht werden. Krol und Dales gaben aber an die Medien eine Version weiter, in der Nagel und van Rooijen angeblich eine Kandidatur des Parteivorsitzenden unterstützen würden – der Streit war entflammt.


Trotz der Tatsache, dass alle Fraktionsmitglieder der Ersten und Zweiten Kammer, bis auf Krol, negativ gegenüber ihm eingestellt sind, gibt sich Dales gelassen. Er ließ verlautbaren, dass er „keinen einzigen Beweggrund“ sehe, sich zurückzuziehen und fügte an: „Dies ist ein Teil der Parteimitglieder, nicht mehr, nicht weniger. Dass sie Volksvertreter sind, heißt nichts.“ Darüber hinaus empfange er viele unterstützende Nachrichten, die den Anteil der Kritik überwiegen würden. Krol schlug indes vor, die Mitglieder entscheiden zu lassen, ob der Weg mit ihm und Dales weitergeführt werden solle. „Wenn die Antwort Nein ist, bin ich auch weg“, so der Parteivorsitzende.