GESUNDHEIT: Trinkwasser in Amsterdam mit Blei belastet

Amsterdam, TA/VK/NRC/, 22. Januar 2020

Die Bewohner bestimmter Stadtteile Amsterdams werden zurzeit aufgerufen, vorsichtig beim Verzehr von Leitungswasser zu sein. Grund für diese Warnung sind Messungen, die eine zu hohe Bleikonzentration im Trinkwasser bestätigt haben. Vor allem für Schwangere und Kleinkinder können die angetroffenen Konzentrationen im Wasser gefährlich werden. Verursacht wird diese Belastung durch veraltete Leitungen.

Im Sommer letzten Jahres entdeckte ein Bewohner des Bezirks Amsterdam-Noord, dass sich zu viel Blei im Trinkwasser befindet. Daraufhin warnte die Wohnungsbaugesellschaft Ymere die Einwohner von sieben Amsterdamer Vierteln, dass das von ihnen getrunkene Leitungswasser möglicherweise belastet sein könnte. Fast 1.400 Tests hat Ymere mittlerweile durchführen lassen. In 19 Prozent der Fälle wurde der Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Liter überschritten. Bei 41 Prozent der Tests lag die Konzentration immerhin noch oberhalb von 5 Mikrogramm. Auch in anderen Teilen der Stadt wurden erhöhte Werte festgestellt. In der Rustenburgerstraat in Amsterdam-Zuid wurde beispielsweise eine Konzentration von 135 Mikrogramm angetroffen.

Diese Messwerte sorgen für viel Unruhe und Sorge bei den Bewohnern Amsterdams, weshalb Bleileitungen zurzeit die Priorität der Stadtverwaltung geworden sind. Ein Krisenteam hat mittlerweile eine Übersicht aller öffentlichen Gebäude erstellt, die vor 1960 gebaut wurden und in denen sich regelmäßig Schwangere und Kinder aufhalten. Das Wasser von 273 dieser Gebäude sei mittlerweile getestet worden und bei 14 Gebäuden wurden hohe Werte festgestellt, darunter auch vier Kindertagesstätten. Auch Ymere und andere Wohnungsbaugesellschaften inventarisieren die von ihnen verwalteten Wohnungen, die vor 1960 erbaut wurden. Laut dem Amsterdamer Verbund der Wohnungsbaugesellschaften (AFWC) handelt es sich hierbei um rund 74.500 Gebäude.

Das Problem kann auf den ersten Blick scheinbar einfach gelöst werden: Man muss nur die betroffenen bleihaltigen Wasserleitungen auswechseln. Das erweist sich jedoch als aufwendiger und komplizierter, als angenommen, da niemand so genau weiß, in welchen Häusern diese Leitungen verbaut wurden und in welchen nicht. Auch werden mehrere Häuser oft durch eine gemeinsame Zufuhrleitung versorgt, die an schwierig zu erreichenden Stellen – z. B. unter dem Boden – liegt. Daher sind diese Leitung bei früheren Renovierungsarbeiten häufig vergessen worden. „Es gibt keinen Zwischenraum, manchmal liegen nur ein paar Zentimeter zwischen dem Boden und dem Fundament. Das ist eine Herausforderung. Wir wollen verhindern, dass dann der gesamte Fußboden aufgerissen werden muss, denn wo lässt man sonst seine Sachen?“, so Coen Springelkamp, Sprecher von Ymere.

Das Auswechseln der Leitung wird voraussichtlich mindestens zwei Jahre Zeit in Anspruch nehmen und Schätzungen zufolge rund 5 Millionen Euro kosten. Der niederländische Gezondheidsraad (deutsch Sanitätsbehörde) vermutet, dass es in den gesamten Niederlanden noch rund 100 bis 200.000 Wohnungen oder Häuser gibt, in denen Bleileitungen verlegt wurden.

Bei Neugeborenen und Kleinkindern kann Blei laut der Tageszeitung NRC Handelsblad die Entwicklung beeinträchtigen, sodass sie einen niedrigeren IQ entwickeln. Aber auch bei Erwachsenen kann die regelmäßige Aufnahme von hohen Dosen zu Problemen führen, wie etwa zu einer erhöhten Gefahr von Herz- , Gefäß- und Nierenproblemen. Den Bewohnern der betroffenen Häuser bleibt bis zum Wechsel der Leitungen nichts anderes übrig, als auf öffentliche Trinkwasserspender oder Wasserflaschen aus dem Supermarkt zurückzugreifen.