Nachrichten November 2017
SICHERHEIT: "Gebt dem Minister in Bezug auf die Polizei weniger Macht"
Den Haag. EF/NRC/VK. 17. November 2017.

Eine Kommission unter der Leitung des Spitzenbeamten Wim Kuijken führte seit der Einführung der nationalen Polizei in den Niederlanden im Jahr 2013 Studien über ihr Funktionieren durch. Am heutigen Donnerstag wurde der Bericht dieser Studie veröffentlicht. Das Fazit: Die Zentralisierung der nationalen Polizei muss zum Teil rückgängig gemacht werden. In diesem Zusammenhang möchte man das Mitspracherecht des Polizeichefs ausweiten. Die Macht des Ministers für Justiz und Sicherheit soll hingegen verringert werden, lautet die Botschaft von Wim Kuijken an Justizminister Ferdinand Grapperhaus (CDA).
Seit nunmehr vier Jahren erforscht Kuijken auf Ersuchen des Ministeriums für Justiz und Sicherheit das Konzept der nationalen Polizei. Kuijken stellte fest, dass es seit dem 1. Januar 2013, dem Datum der offiziellen Einführung der nationalen Polizei, vermehrt zu Unfällen, Misständen und Diskussionen innerhalb der Polizei kam. Der erste Polizeichef der nationalen Polizei, der mittlerweile verstorbene Gerard Bouman, legte sein Amt drei Jahre früher nieder als geplant, nachdem man viel Kritik hinsichtlich seiner Rolle bei der Gründung äußerte. Kuijken hingegen betont aber, dass nicht die Rolle des Polizeichefs zu diesen Missständen geführt habe, sondern die dominante Machtposition des Ministers.
Um die nationale Polizei dennoch zu einem Erfolg werden zu lassen, sei es wichtig, so Kuijken, mehr Raum für die Behebung lokaler und regionaler Probleme zu bieten. Aktuell liege die polizeiliche Steuerung überwiegend in den Händen eines zentralisierten Managements – und damit letztendlich in den Händen des Ministers. Vor der Einführung der nationalen Polizei gab es 26 separate Polizeikorps. 2013 schlossen sich diese Korps zu einer landesweiten Organisation zusammen. Die Absicht dieses Zusammenschlusses war es, die Niederlande sicherer und die Polizeiverwaltung effizienter zu gestalten. Über die Effizienz des neuen Konzepts äußerte sich Kuijken eher kritisch. Um eine Aussage treffen zu können, ob die nationale Polizei die Niederlande sicherer mache, gebe es zu wenig Informationen, sagte Kuijken in einem Interview mit der niederländischen Tageszeitung NRC Handelsblad.
Trotz all der herben Kritik besteht für das Konzept der nationalen Polizei jedoch noch Hoffnung. Schließlich ist die Formung eines Konzepts nach über vier Jahren noch immer nicht am Ende angekommen. Laut Plan soll es erst zu Beginn des kommenden Jahres so weit sein. Damit hat die Gründung einer nationalen Polizei insgesamt drei Jahre länger gedauert und nebenbei auch zwei mal so viel gekostet als zuvor veranschlagt. Hinzu kommt eine gewisse Unruhe und Unsicherheit unter den Polizisten, die zu vermehrten Krankheitsausfällen (insgesamt 11 Prozent) führt. Viele fürchten um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes. Außerdem ist der behördliche Druck gestiegen, hieß es in dem heute vorgelegten Bericht. Und der Druck wird noch weiter steigen, wenn man bedenkt, dass in den kommenden Jahren mindestens 14.000 Polizisten in den Ruhestand entlassen werden. Ein Verlust von Mitarbeitern, der nicht umgehend aufgefangen werden kann.
Die Kommission rund um Kuijken weist den gerade angetretenen Minister Grapperhaus in diesem Zusammenhang auf ein wichtiges Hauptproblem hin: Der Minister selbst sei zu mächtig geworden. Er stellt die Budgets der Polizei zusammen, genehmigt sie, führt den Vorsitz in Gesprächen mit der Staatsanwaltschaft und Bürgermeistern über Einsatz von Polizisten und überwacht zu guter Letzt die gesamte Polizei. Das sind zu viele Rollen, findet die Kommission: „Diese Vernetzung muss entbündelt werden“, empfiehlt sie dem Minister, indem man beispielsweise einen unabhängigen Vorsitzenden in die Gespräche mit der Staatsanwaltschaft und den Bürgermeistern mit einfließen lässt. Außerdem soll der Polizeichef, der in diese Gespräche bislang überhaupt nicht einbezogen wurde, eine wichtigere Rolle erhalten. Die nationale Polizei sei bislang aus den genannten Gründen noch viel zu zentralistisch ausgerichtet. „Es wird zentral entschieden, wie viele Agenten, Gebäude und Material eine Einheit hat“, schreibt die Kommission. Dadurch entstünden in verschiedenen Regionen Lücken in der Verbrechensbekämpfung. Oftmals müssen diese Lücken mithilfe von – teils bewaffneten – privaten Sicherheitskräften gefüllt werden.
Die Bildung der nationalen Polizei muss Kuijken zufolge jedoch weitergehen: „Es ist jetzt schon viel besser als damals, als es noch 26 separate Korps gab. Bei Unfällen können die Einsatzkräfte viel einfacher aufgestockt werden und auch der Austausch von Polizisten verschiedener Einheiten verläuft jetzt besser.“