Nachrichten Januar 2017
BILDUNG: Fünf Millionen extra für mehr Professorinnen an niederländischen Universitäten
Den Haag. SB/Trouw/VK/NRC. 12. Januar 2017.
Niederländische Universitäten sollen am Ende diesen Jahres 100 Professorinnen mehr im Dienst haben. Dafür stellt Bildungs- und Wissenschaftsministerin Jet Bussemarker nun einmalig fünf Millionen Euro extra zur Verfügung. In einem Brief an die Tweede Kamer schrieb Bussemaker am Mittwoch, dass die Anzahl weiblicher Professorinnen enttäuschend gering sei.
Nächsten Monat, am 10. Februar, ist es genau 100 Jahre her, dass die erste Frau an einer niederländischen Universität zur Professorin benannt wurde. Johanna Westerdijk war Biologin und spezialisiert auf Schimmelpilze. Sie unterrichtete an der Universität Utrecht. Die Universität Utrecht ist stolz auf ihre Pionierrolle und hat das Jahr 2017 zum Jahr der Johanna Westerdijk ausgerufen.
Weniger stolz ist man hingegen auf den Ist-Zustand. Denn 100 Jahre später ist der Anteil an Professorinnen noch immer auffallend gering. Obwohl mittlerweile rund die Hälfte der Studiumsabsolventen weiblich ist, liegt der Anteil der Professorinnen gerade einmal bei mageren 18 Prozent. An den Leistungen kann das übrigens nicht liegen, im Schnitt schließen weibliche Absolventen ihr Studium nämlich mit besseren Noten ab, als ihre männlichen Kommilitonen. In Europa sind die Niederlande damit Schlusslicht. Das heißt allerdings nicht, dass es irgendwo anders so viel besser wäre. Das in dieser Hinsicht führende Land, Irland, kommt auf 28 Prozent.
Auch die Universitäten haben längst erkannt, dass es eine Schieflage zwischen den Geschlechtern gibt. Sie haben bereits im Jahr 2015, beschlossen den Anteil an Professorinnen zu erhöhen. 2020, so das Ziel, wollen sie 200 zusätzliche Frauen in den Universitäten zu Amt und Würden verhelfen, sodass die Zahl der Professorinnen von 18 auf 24,5 Prozent steigen würde. Die 100 Frauen, die Bussemaker zusätzlich finanzieren will, würden auf diese 200 hinzukommen.
In der Tat, die niederländischen Universitäten sind zu mindestens was den akademischen Oberbau betrifft echte Männerbollwerke. 4500 Professoren stehen 750 Professorinnen gegenüber und der Anteil an Frauen steigt noch nicht einmal um ein Prozent pro Jahr. Für jeden freikommenden Lehrstuhl stehen momentan im Schnitt eineinhalb qualifizierte Frauen bereit. Am mangelnden Angebot kann es also auch nicht liegen. Aber wie schon in der Diskussion um die Frauenquote ist stellt sich auch hier wieder die Frage: Dürfen Menschen aufgrund ihres Geschlechtes bevorzugt werden, ist das sinnvoll? Ja, meint Hester Bijl, Professorin für Mathematik an der Universität Leiden. Denn ein höherer Frauenanteil in der Wissenschaft habe auch ganz pragmatische Vorteile, denn schließlich wisse man aus der Forschung, dass Diversität in der Zusammensetzung von Gruppen bessere Arbeit und bessere Ideen hervorbringe als gleichförmige Gruppen, die nur aus „weißen Männern“ bestünden. Und auch Christine Teelken, die Organisationswissenschaften an der Freien Universität Amsterdam unterrichtet, sagt: „Man kann einwerfen: Du bekommst denn Titel [doch nur] weil du eine Frau bist. Aber ich wüsste eigentlich nicht was daran verkehrt sein soll […] Männer haben 1000 Jahre Vorrang gehabt.“
Mehr Professorinnen würden den Niederlanden ohne Frage gut tun, aber reichen die fünf Millionen von Bussemarker dafür? Vermutlich nicht, denn was einer Veränderung im Wege steht, liegt tiefer und ist nicht nur mit Geld zu lösen. Was nötig wäre, ist eine Mentalitätsveränderung. Dennoch: es ist ein Signal, was da von Bussemaker ausgeht und die Diskussion, die gerade dadurch in Gang kommt ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, auch wenn diese ministerielle Großzügigkeit wohl nicht ganz zufällig so kurz vor den Wahlen kommt.