Nachrichten Dezember 2017
POLITIK: Der ehemalige VVD-Politiker Jos van Rey wurde wegen Korruption zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt
Den Haag. EF/VK/NRC/Trouw. 21. Dezember 2017.

Am vergangenen Mittwoch wurde der ehemalige VVD-Politiker Jos van Rey aufgrund von Korruptionsvorwürfen zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Ihm wurden mehrere Vergehen vorgeworfen wie Geldwäsche, Wahlbetrug und die Weitergabe von vertraulichen Informationen an Bürgermeister-Kandidaten. Noch vor einem Jahr hatte das Gericht in Rotterdam Van Rey zu 240 Sozialstunden verurteilt. Nach dem Berufungsverfahren in Den Haag fällt die Strafe für das ehemalige Mitglied der Eerste Kamer und des Stadtrats Roermond nun wesentlich härter aus. Das Gericht begründete sein Urteil mit dem großen Schaden, den der Politiker der Integrität der öffentlichen Verwaltung zugefügt habe. Damit wird dieses Urteil zu einem wichtigen Präzedenzfall in Integritätsfällen, in denen die Beziehung zwischen Schenkungen und womöglichen Gegenleistungen unklar ist.
Der ehemalige VVD-Politiker Jos van Rey hat „das gute Funktionieren und die Integrität der öffentlichen Verwaltung untergraben“. Als ehemaliges Mitglied des Stadtrates von Roermond ließ er sich bestechen, verletzte die Schweigeplicht innerhalb von Bewerbungsverfahren für den neuen Bürgermeister und ging nachlässig mit Stimmpässen, die die Berechtigung über eine Stimmabgabe bei Wahlen bescheinigen, und Bevollmächtigungen um. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger sei dadurch ernsthaft in Mitleidenschaft gezogen worden, lautete das Urteil des Gerichtshof in Den Haag im Berufungsverfahren in der Sache gegen Van Rey. Das Gericht verhängte daraufhin für den 72-jährigen Ex-Politiker eine Bewährungsstrafe von einem Jahr. Darüber hinaus darf er zwei Jahre lang kein öffentliches Amt, sei es in der Regierung, im Stadtrat oder im Provinzialrat besetzen.
Noch vor einem Jahr fiel das Urteil des Gerichts in Rotterdam noch deutlich milder aus. Damals hatte man von einer höheren Strafe abgesehen, da man dem Politiker, der immer wieder Gelder oder auch andere Leistungen wie Luxusreisen von einem Freund entgegengenommen hatte, nicht nachweisen konnte, dass es sich dabei tatsächlich um Bestechung handelte. Daraufhin verurteilte man Van Rey in Rotterdam lediglich zu 240 Sozialstunden. Dieses Urteil war sowohl für den ehemaligen Politiker, dessen Anwältin auf Freispruch plädierte, als auch für die Staatsanwaltschaft, die eine zweijährige Bewährungsstrafe für angemessen hielt, unbefriedigend. Aus diesem Grunde gingen beide Parteien in Berufung. Die Freiheitsstrafe, die sich aus diesem Berufungsverfahren in Den Haag ergeben hat, auch wenn sie zur Bewährung ausgesetzt wird, wiegt allerdings deutlich schwerer. Der Grund dafür ist vor allem die Position des 72-Jährigen. In der Funktion als Verwaltungsbeamter müsse man bezüglich seiner geschäftlichen und privaten Angelegenheiten für mehr Transparenz sorgen. Außerdem habe er mit der Verletzung der Schweigepflicht die Integrität der öffentlichen Verwaltung zutiefst geschädigt. Eine Straftat, über die man nicht so einfach hinwegsehen kann.
Angesichts der Schwere des Sachverhalts hielt das Gericht zunächst eine Bewährungsstrafe „von beträchtlicher Dauer“ für angemessen. Jedoch wirkten sich verschiedene Faktoren strafmildernd für ihn aus. Neben dem fortgeschrittenen Alter des Politikers und seinem leeren Vorstrafenregister, sprechen auch die Erfolge für die Stadt Roermond für Van Rey. „Das ändert zwar nichts an der Ernsthaftigkeit der Fakten, rücken diese aber dennoch in ein anderes Licht“, so das Gericht. Auch wurde berücksichtigt, dass „nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Beklagte den betroffenen Unternehmen konkrete Gegenleistungen hat zukommen lassen“. Im Fokus stand das schwerste seiner Vergehen : der Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht gegenüber zwei Bürgermeisterkandidaten aus der niederländischen Partei VVD, in der Van Rey selbst lange Mitglied war.
Aus rechtlicher Sicht ist diese einjährige im Vorstrafenregister eingetragene Bewährungsstrafe, zu denen in den Niederlanden ein weiteres Jahr als Bewährungsprobe hinzukommt, zwar schwerwiegender als die 240 Stunden gemeinnützige Arbeit, jedoch hat dieses Urteil aus praktischer Sicht für den 72-Jährigen enorme Vorteile: Sofern Van Rey in den kommenden zwei Jahren keine weitere Straftat begehen sollte – in diesem Fall müsste er seine Haftstrafe antreten – hat das Urteil keinen Einfluss auf seinen Alltag. Das Gericht in Den Haag erlegte Van Rey allerdings noch eine weitere Strafe auf und sprach ein Verbot aus, dass ihm über einen Zeitraum von zwei Jahren verbietet, ein Verwaltungsamt zu bekleiden – weder auf kommunaler, provinzieller oder nationaler Ebene. Damit wäre ein Amt als Mitglied im Stadtrat für den ehemaligen VVD-Politiker, der nach dem Bruch mit der VVD seine eigene Partei, die Liberale Volkpartij Roermond (kurz: LVR) gründete, zunächst nicht möglich.
Dieses Urteil ändert allerdings nichts an der Haltung der LVR. „Wir stehen voll und ganz hinter Jos van Rey. Es ist sicher, dass er niemals etwas zu seinem eigenen Vorteil getan hat. Seine Verdienste für Roermond wurden ausdrücklich erwähnt. Van Rey kann auch nach den kommenden Wahlen Ratsmitglied bleiben und weiter als Mitglied des Provinzialrats fungieren. In zwei Jahren kann er möglicherweise auch wieder eine Führungsposition erhalten“, so Dré Peters, Fraktionsvorsitzender der LVR.
Doch nicht nur Jos van Rey wurde aufgrund dieser Korruptionsvorwürfe verurteilt. Einer der Geldgeber, der 74-jährige Piet van Pol, ein Projektentwickler und langjähriger Freund des Ex-Politikers, befand sich ebenfalls in einem Berufungsverfahren. Statt der zuvor auferlegten 100 Sozialstunden wurde der Projektentwickler nun zu einer Bewährungsstrafe von neun Monaten und einer Geldstrafe in Höhe von 40.000 Euro verurteilt. „Das ehemalige Stadtratsmitglied hatte immer wieder über einen sehr langen Zeitraum Spenden von dem befreundeten Projektentwickler und auch von drei anderen Unternehmen angenommen“, so das Gericht. Dabei handelte es sich um luxuriöse Reisen zu im Ausland stattfindenden Fußballspielen, Immobilien und eine Ferienvilla von Van Pol in Saint-Tropez.
Van Reys Anwältin Gitte Stevens bezeichnete das Urteil als „unbegreiflich“, da das Gericht die lange Freundschaft zwischen Van Rey und Van Pol nicht berücksichtigt habe. Das Gericht wiederum bestätigte, zwischen privaten und geschäftlichen Zuwendungen unterschieden zu haben. Nichtsdestotrotz müsse man, so das Gericht in Den Haag, alle Reisen mit dem Projektentwickler als Spenden ansehen, die den Stadtrat günstig stimmen sollten. Darüber hinaus macht das Gericht deutlich, dass der Ex-Politiker im Berufungsverfahren nicht den Eindruck erweckt habe, als würde er sein falsches Handeln einsehen.
Die Staatsanwaltschaft, die zuvor zwei Jahre Haft auf Bewährung gefordert hatte, ist mit diesem Urteil zufrieden. „Der Gerichtshof hat festgestellt, dass Van Rey sich korrupt verhalten und der öffentlichen Verwaltung damit großen Schaden zugefügt hat“, so ein Pressesprecher.