Nachrichten August 2017
SICHERHEIT: Der radikale Imam Fawaz Jneid erhält ein 'gebiedsverbod'
Den Haag. EF/VK/NRC/Trouw. 17. August 2017.
Der umstrittene radikale Imam Fawaz Jneid hat am Dienstag ein sogenanntes gebiedsverbod, eine Art einstweilige Verfügung, von den zwei niederländischen Instanzen ministerie van Veiligheid en Justitie und dem Nationaal Coördinator Terrorismebestrijding en Veiligheid (NCTV) erhalten, so ein Pressesprecher des Sicherheitsministers Stef Blok (VVD). Ergriffen wurde diese Maßnahme, um Jneid an Radikalisierungsversuchen Jugendlicher zu hindern. Dieses gebiedsverbod, das die Bewegungsfreiheit des Mannes stark einschränkt, erstreckt sich auf die Stadtviertel Transvaal und Schilderswijk in Den Haag, in denen der 53-Jährige des Öfteren predigt. Es soll gilt für insgesamt sechs Monate gelten.
Die Ergreifung einer derartigen Präventionsmaßnahme ist ein neuer Versuch, die Hetzreden des syrisch-niederländischen Imams zu unterbinden. Der Prediger, der auch in seiner islamischen Buchhandlung intolerante Predigten gehalten haben soll, wird bereits seit Jahren von der Regierung und der Gemeinde Den Haag kritisch beäugt. Er stelle den Behörden zufolge eine Gefahr für die nationale Sicherheit dar und auch mögliche Verstrickungen in terroristische Aktivitäten könnten nicht ausgeschlossen werden. Fawaz Jneid hat viele fanatische Anhänger, mit denen er seine radikalen Vorstellungen regelmäßig teilt. Die Gemeinde Den Haag lässt nun nichts unversucht, um mögliche Radikalisierungsversuche des Imam zu vereiteln.
Den Haags Bürgermeisterin Pauline Krikke (VVD) zufolge handelt es sich bei Jneids islamischem Buchhandel um eine verschleierte Moschee, die sich in eben jenem Stadtviertel befindet, für die nun das gebiedsverbod ausgesprochen wurde. Anwohner berichten davon, dass immer wieder orthodoxe Moslems den Buchladen mit Gebetsteppichen betreten. Krikke empfindet die Vorstellung, dass der mutmaßliche radikale Islamist auch in diesem Buchladen Predigten hält, als nicht wünschenswert, da Jneid intolerante Botschaften verkünde und damit zu der Radikalisierung junger Menschen beitrage.
Bei Fawaz Jneid handelt es sich um einen erfahrenen Prediger. Er wurde 1964 im Libanon als Kind syrischer Eltern geboren und wohnt seit 1992 in den Niederlanden. Zuvor arbeitete er als Imam, als Vorbeter in einer Moschee, in Saudi-Arabien und in den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo er aufgrund seiner anti-amerikanischen Predigten Probleme bekam und schließlich nach Den Haag zog. Dort predigte er in der salafistischen As Sunnah-Moschee weiterhin gegen ‚Imperialisten‘ und ‚Ungläubige‘. Erst im Jahr 2002 demaskierte das Fernsehprogramm NOVA Jneid als einen Hassreden haltenden Imam, der Allah in seinen Predigten dazu aufrufe, die Gegner des Islams zu vernichten. Dabei verherrlichte er den Märtyrertod und wandte sich gegen die Emanzipation von muslimischen Frauen.
Zwei Jahre später nach dem Mord an dem Filmemacher Theo van Gogh berichteten die Medien erneut über ihn. Die niederländische Tageszeitung De Volkskrant bekam über das Netzwerk von Mohammed Bouyeri, dem Mörder von Van Gogh, ein Video mit einer Predigt des Imams zugespielt, in dem er, so die Redakteurin der Volkskrant Janny Groen, die Jugendliche verteufelte und aufhetzte. Außerdem habe er Allah angefleht, Van Gogh eine schlimme Krankheit und Ayaan Hirsi Ali, einer niederländisch-amerikanischen Politikerin und Frauenrechtlerin, ein Krebsgeschwür auf der Zunge zu bescheren. Für diese Aussage konnte er allerdings nichts verurteilt werden, da er Allah darum bat, den beiden etwas anzutun und nicht die Jugendlichen direkt ansprach und zu Gewalttaten anstiftete.
Damit waren die Hassreden jedoch noch nicht vorbei. Jneid erhitzte weiterhin die Gemüter als beispielsweise 2008 seine aktive Arbeit gegen die Integration von Moslems öffentlich gemacht wurde. Er hielt seine Anhänger dazu an, niederländische Gewohnheiten und Bräuche bewusst zu ignorieren und öffentlichen Gedenkfeiern wie der jährlich stattfindenden dodenherdenking fernzubleiben. Dabei war die Teilnahme an Jneids Predigten, die fünf Mal täglich stattfanden, für jeden seiner Anhänger verpflichtend. Selbst ein Fernbleiben aufgrund von Arbeit oder aufgrund eines Studiums war nicht gestattet.
In diesem Zeitraum stellten sich immer mehr islamische Frauenvereine gegen Jneids illegale islamische Eheschließungen, die ‚Scharia-Hochzeiten‘, bei denen konvertierte Frauen mit Moslems verheiratet wurden. Frauen, die einmal eine solche ‚islamische Vermählung‘ eingegangen sind, verfügen nach ‚islamischem Gesetz‘ über keinerlei Rechte mehr. Sie werden als minderwertig behandelt, dazu gezwungen, Polygamie zu akzeptieren, erhalten keine Unterhaltszahlungen für ihre Kinder und sind nicht erbberechtigt. Während eines Interviews mit der Volkskrant, in der er das Prozedere einer solchen ‚islamischen Trauung‘ schilderte, saß er in seinem Arbeitszimmer in seiner Moschee. Zu seinen Füßen saßen Jugendliche, die seine arabischen Äußerungen übersetzten. Er spricht zwar durchaus niederländisch, wird aber immer von einem Dolmetscher begleitet. In diesem Interview ließ er verlauten: „Feminismus ist eine Krankheit, die Familien von innen zerstört, wie auch AIDS-Zellen den Körper von innen angreifen.“
Fawaz Jneid wurde für die As Sunnah-Moschee zu einem immer schwerwiegenderen Problem. Der Vorstand der Moschee stellte sich schließlich im Jahr 2012 gegen seine Praktiken der Eheschließung und gab dies als Grund dafür an, in aus seiner Position als Imam zu entlassen. In den Niederlanden dürfen kirchliche oder religiöse Ehen erst dann geschlossen werden, wenn eine staatliche bzw. standesamtliche Ehe vorliegt. Dies ist für den Imam allerdings ‚unislamisch‘. In den sozialen Medien zieht er zudem über die niederländische Gesetzgebung her, indem er Äußerungen darüber verlauten ließ, dass eine muslimische Frau sogar einen Nicht-Moslem, einen Bruder aus einer Milchverwandtschaft (einen Mann, der von der gleichen Mutter gestillt worden ist) und selbst eine andere Frau heiraten dürfe.
Seit seiner Entlassung aus der As Sunnah-Moschee versucht Jneid an anderer Stelle in Den Haag Fuß zu fassen. Wie groß seine Anhängerschaft ist, ist unklar. Sie soll Gerüchten zufolge aber groß genug sein, um Geld für den Bau einer neuen Moschee aufbringen zu können. Insgesamt 400.000 Euro sollen dafür bereits zur Verfügung stehen, hieß es aus verschiedenen Quellen aus dem Stadtteil Schilderswijk.
Mit verschiedenen Maßnahmen versucht die Regierung ihm nun Einheit zu gebieten. Mit dem gebiedsverbod kann man dem Prediger möglicherweise ein physisches Podium vorenthalten. Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist aber, ob ein gebiedsverbod ausreicht, um seine Autorität bei radikalisierten Jugendlichen zu untergraben. Derartige Maßnahmen haben unter Umständen nämlich auch negative Effekte zur Folge. Davor warnte zumindest die islamische Partij voor de Eenheid (PvdE). „Die Regierung misst mit zweierlei Maß. Umstrittene orthodoxe Rabbiner oder Evangelisten können ungestört weitermachen“, so die PvdE, die darauf hinwies, dass Fawaz Jneid noch niemals wegen Hasspredigten, Anstiftung oder Rekrutierung verurteilt wurde. Solch ein Unrecht spiele, so die PvdE, Hasspredigern bei der Radikalisierung von Jugendlichen direkt in die Karten. Diese Aussage der Partei wird zurzeit von radikalen Jugendlichen eifrig in den sozialen Medien geteilt.