Nachrichten August 2017


VERKEHRSSICHERHEIT: Der Gebrauch von Smartphones am Steuer nimmt zu - Wie reagiert der niederländische Staat darauf?

Amersfoort. EF/NRC/VK/NOS. 03. August 2017.

Immer häufiger greifen Autofahrer, während sie hinterm Steuer sitzen, zu ihrem Smartphone. Eben schnell die Whatsapp-Nachrichten checken – und beantworten. Dass man dies eigentlich nicht darf, ist jedem bewusst, aber viele machen es trotzdem. Was einigen aber nicht bewusst ist, ist, dass sie damit ihr eigenes und das Leben anderer ernsthaft in Gefahr bringen. Angaben des Openbaar Ministerie (OM) zufolge vervierfacht sich das Risiko für einen Autounfall, sobald der Fahrer das Smartphone in die Hand nimmt. Das Risiko, erwischt zu werden, ist gleich null. In diesem Zusammenhang fordert die soziale Organisation Veilig Verkeer Nederland (VVN) nun härtere Strafen für den leichtsinnigen Gebrauch von Mobiltelefonen hinterm Steuer.

Die VVN forderte jetzt in einem Brief an Stef Block (VVD), Minister für Sicherheit und Justiz, dass der Gebrauch eines Smartphones genauso hart bestraft werden solle, wie andere Formen von leichtsinnigem Fahrverhalten. Der Grund für diese Forderung liegt in der Ankündigung Blocks, die Höchststrafen für schwere Verkehrsdelikte zu erhöhen und das Wegenverkeersrecht, der niederländischen StVO, zu überarbeiten. Der Minister sprach unter anderem von Delikten wie Fahrerflucht oder Fahren ohne Fahrerlaubnis, nicht aber über den Gebrauch von Smartphones während des Fahrens. Die VVN betonte in ihrem Brief, dass nicht nur das Fahren unter Einfluss von Alkohol oder Drogen und das Fahren mit einer viel zu hohen Geschwindigkeit, sondern auch der Gebrauch von Smartphones eine Form von außerordentlich leichtsinnigem Fahrverhalten darstelle.

Jedes Jahr sterben dutzende, wenn nicht sogar hunderte Menschen durch Unachtsamkeiten und Ablenkungen im Straßenverkehr, so die Schätzungen der niederländischen Stiftung für Verkehrssicherheitsforschung Wetenschappelijk Onderzoek Verkeersveiligheid. Zu diesen Ablenkungen gehört auch der Gebrauch von Mobiltelefonen. Eine genaue Zahl über die Todesfälle, die durch den Missbrauch von Smartphones entstanden sind, gibt es nicht. Ein Beispiel dafür ist der 21-jährige Yannick Frijns, der im letzten Jahr auf Texel von einer Frau überfahren wurde, die zur Tatzeit ihr Smartphone in den Händen hielt. Im letzten Monat wurde die Fahrerin schließlich zu sechs Monate Haft verurteilt. Die Eltern des toten Jungen protestierten jedoch gegen dieses Urteil. Ihnen zufolge wäre das Strafmaß wesentlich höher ausgefallen, wenn der Fahrer unter Drogen- oder Alkoholeinfluss gestanden hätten, obwohl das Ausmaß dieses leichtsinnigen Verhaltens dasselbe ist.

Dass man während des Fahrens keinen Alkohol mehr trinken darf, sei inzwischen sozial akzeptiert, sagte Rob Stomphorst, Pressesprecher der VVN. Zwar ist es verboten, während der Fahrt ein Telefon in den Händen zu halten, beim Fahren aber eine Whatsapp-Nachricht zu schreiben, sei für viele Menschen in Ordnung.  Laut einer Studie der Versicherungsgesellschaft Interpolis aus dem Jahr 2016 benutzen rund 89 Prozent der Autofahrer ihr Smartphone während der Fahrt. Um den häufigen Gebrauch entsprechend zu vermindern, wäre eine Verschärfung des Gesetzes, so Stomphorst, eine gute Präventivmaßnahme. Autofahrer können das Smartphone-Verbot schließlich erst dann ernst nehmen, wenn das Gesetz dies auch tue – und das Bußgeld für das Telefonieren während des Fahrens ist mit 230 Euro auch relativ niedrig angesetzt. Im Vergleich: Wer ohne den Besitz eines Führerscheins erwischt wird, zahlt 400 Euro. Wer unter Einfluss von Alkohol oder Drogen steht, dem winkt ein Bußgeld von 650 Euro. 

Hinzu kommt, so Stomphorst, dass sich nicht nur die Strafe, sondern auch die Handhabung ändern müsse. Schließlich sei das Risiko, erwischt zu werden, gleich null. Im letzten Jahr wurden rund 60.000 Autofahrer für das Festhalten eines Mobiltelefons bestraft. Diese Anzahl scheint jedoch sehr niedrig, wenn man bedenkt, dass etwa 460.000 Menschen beim Falschparken erwischt wurden. Stomphorst stellt fest, dass die polizeiliche Überwachung auf den Straßen fehle. Verkehrsteilnehmer fühlen sich unbeobachtet. Die VVN fordert dementsprechend zusätzlich mehr Polizeieinsatz auf den Straßen. Ein Pressesprecher des Ministeriums für Sicherheit und Justiz antwortete darauf, dass die Meinung der VVN bei dem Gesetzesentwurf miteinbezogen werde, dass aber erst andere Dinge besprochen werden müssen, wie der Unterschied zwischen dem Gebrauch einer Freisprechanlage und dem Schreiben von Nachrichten. Nichtsdestotrotz sagte der Pressesprecher des Ministerium, dass man an diesem Gesetzesentwurf arbeite.