Nachrichten april 2017


GESELLSCHAFT: Die niederländische Staatsloterij setzt sich mit getäuschten Kunden auseinander

Den Haag. EF/VK/NRC/Trouw. 11. April 2017.

Nachdem die niederländische Lotterie Staatsloterij ihre Kunden über einen Zeitraum von mehreren Jahren zu täuschen versuchte, organisiert sie nun eine Sonderverlosung mit einem Jackpot von 13,5 Millionen EUR, um Geschädigte zufriedenzustellen. Die Lotterie hofft, dass die jahrelangen Verhandlungen über mögliche Schadensersatzzahlungen für betroffene Kunden damit endlich ein Ende gefunden haben. Am Montag verkündete die niederländische Lotterie, eine Einigung mit der niederländischen Stiftung Staatsloterijschadeclaim erzielt zu haben. Die getroffene Sonderregelung gelte, so betonte die Lotterie, für jeden, der in den Jahren zwischen 2000 und 2008 Lose bei der niederländischen Staatsloterij erworben habe.

7 Millionen Menschen spielten zwischen 2000 und 2008 in der ältesten Lotterie in den Niederlanden mit. Entweder aufgrund des besonderen Kicks oder aber, um einfach reich zu werden. Was sie allerdings nicht wussten, war, dass die Lotterie bei der Anzahl der verlosten Millionenpreise stark übertrieben hatte. Es wurden längst nicht so viele Gewinne ausgeschüttet, wie zuvor angekündigt. Außerdem wurden auch nicht verkaufte Lose in die Ziehungen miteinbezogen, um die Gewinnchance für die Teilnehmer zu minimieren. „Täuschung“ lautete schließlich das Urteil des Hoge Raad im Jahr 2015. Damals regnete es Entschuldigungen und die Verhandlungen über Schadensersatz begannen.

Je länger die Verhandlungen andauerten, desto schmerzlicher wurde es für die Lotterie, die sich von der Vergangenheit zu distanzieren versuchte. Eine in der Glückspielbranche bekannte Devise laute schließlich, dass alles mit dem Vertrauen stehe und falle. Sobald der Kunde das Vertrauen verliert, nähere sich das Ende. Jede negative Schlagzeile verringere die Anzahl der verkauften Lose und koste dadurch einer Lotterie viel Geld, so Willem Feenstra, Redakteur der niederländischen Tageszeitung de Volkskrant. Die Erleichterung der Staatsloterij über einen Deal mit der Stiftung Staatsloterijschadeclaim ist darum durchaus verständlich. Ebenso hofft man, dass auch die Opfer von der entstandenen Regelung Gebrauch machen.

„Die Staatsloterij ist uns lieb. Wir wollen nicht, dass nach 291 Jahren Staatloterij das Ende kommt“ und „Leute, es ist nur ein Spiel!“ So lauteten am Montag die Worte von Ben Knüppe, dem Vorsitzenden der Stiftung Staatsloterijschadeclaim, der seit Jahren die Interessen der 6.000 Stiftungsmitglieder vertritt, die Opfer der Täuschungskampagnen der Staatsloterij geworden sind. Er gab auf der Pressenkonferenz zusammen mit Niels Onkenhout, dem Geschäftsführer der Staatsloterij, die Sonderregelung bekannt, auf die sich die Stiftung und die Lotterie geeinigt haben.   

Die niederländische Staatsloterij und die Stiftung Staatsloterijschadeclaim einigten sich letzten Endes auf folgende Sonderregelung: Am 27. Mai wird für alle Geschädigten, die nachweisen können, in den Jahren 2000 bis 2008 an den Glückspielen der Staatsloterij teilgenommen zu haben, eine Sonderziehung, eine sogenannte Bijzondere Trekking, mit einem Jackpot in Höhe von 13,5 Millionen EUR stattfinden. Die Teilnahme daran ist kostenlos. Die Lose können online bestellt werden. Jeder Teilnehmer kann bis zu vier Lose bekommen. Zusätzlich erhalten getäuschte Kunden, die sich einer entsprechenden Stiftung angeschlossen haben, eine Entschädigung in Höhe von 40 EUR. Dies entspricht in etwa der Aufnahmegebühr der jeweiligen Stiftungen. Eine Geste, die das Vertrauen der Geschädigten zurückgewinnen soll, so die Lotterie, die rund 30 Millionen EUR in diese Ausgleichsregelung investiert. Darüber hinaus spendet die Lotterie 500.000 EUR an drei verschiedene gemeinnützige Organisationen und stellt einen Ombudsmann, eine unparteiische Schiedsperson zur besseren Abwicklung von Kundenbeschwerden, ein.

Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob sich die Kunden mit dieser Lösung zufriedengeben. Eine andere niederländische Stiftung, die Stiftung Loterijverlies, zu der etwa 200.000 Menschen gehören, denkt, dass diese Regelung nicht ausreiche. Sie ist der Meinung, dass alle Spielteilnehmer, die durch die Lotterie getäuscht worden sind, ihren gesamten Einsatz erstattet bekommen müssen. Das entspreche ihnen zufolge etwa 2.000 EUR pro Person. Die Lotterie müsse demnach mehrere hundert Millionen Euro für Schadensersatzzahlungen bereitstellen. Da die Stiftung Lotterijverlies von dieser Forderung, die die Staatsloterij als irreal bezeichnet, nicht abließ, begann die Staatsloterij, mit der kleineren Stiftung Staatsloterijschadeclaim zu verhandeln.

Die von der Staatsloterij und der Staatsloterij Schadeclaim getroffene Sonderregelung gilt, betont die Staatsloterij für jeden – auch für Mitglieder der Stiftung Loterijverlies. Sollten sie sich bei der Lotterie anmelden, bekäme auch hier jeder 40 EUR ausgezahlt. Allerdings ist die Auszahlung an eine Bedingung geknüpft: Jeder, der diese Sonderregelung in Anspruch nimmt, verzichtet auf weitere rechtliche Schritte gegen die Staatsloterij. Sollten andere Geschädigte tatsächlich irgendwann eine Rückzahlung ihrer Einsätze erwirken, hätte dies keine Auswirkungen auf diejenigen, die das Angebot der Lotterie angenommen haben.  Der Kommunikationsstratege Rob Okhuijsen, Vorsitzender der Stiftung Staatsloterijschadeclaim, geht davon aus, dass dennoch Millionen von Menschen von diesem kreativen Lösungsvorschlag Gebrauch machen werden. „Menschen spielen bei der Staatsloterij aufgrund der Chancen mit. Was geben wir den Menschen nun? Chancen!“

Die Lotterie rechne damit, dass es auch Geschädigte gebe, die sich auf den Einigungsversuch nicht einlassen wollen. Dabei handele es sich um Menschen, die wie die Stiftung Loterijverlies der Meinung sind, dass sie das Recht hätten, ihre Spieleinsätze zurückzufordern. Dann müssten sie dem Richter jedoch glaubhaft vermitteln, dass sie lediglich durch die irreführenden Kampagnen mit dem Glückspiel begonnen und dieses direkt nach Aufdeckung der Täuschungsversuche eingestellt haben. Dieses sei allerdings, so der Pressesprecher der Staatsloterij, nicht so einfach.