Nachrichten april 2017


WIRTSCHAFT: Der Lebensmittelkonzern Unilever stößt Margarinemarken ab

Rotterdam. EF/NRC/Trouw/VK. 06. April 2017.

Margarinemarken wie Becel oder Blue Band, die in vielen Ländern auch als Rama bekannt ist, werden aktuell zum Verkauf angeboten, berichtete Unilever am Mittwochvormittag. Des Weiteren drohen auch Marken wie LÄTTA, Bona, Brio und Zeeuws Meisje zu verschwinden. Der britisch-niederländische Lebensmittelkonzern Unilever will den gesamten Margarinezweig veräußern. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt spekulierte die britische Presse über Gerüchte, die besagen, dass der Konzern Marken mit einem Gesamtwert von 7 Milliarden EUR abstoßen wolle.

Unilever ist ein internationaler Lebensmittelgigant, der insgesamt über mehr als 400 Marken, 306 Fabriken in 69 Ländern und 169.000 Mitarbeiter verfügt – darunter etwa 3300 Mitarbeiter in den Niederlanden. Zu den vielen Marken zählen unter anderem auch die in den Niederlanden bekannten Markennamen Robijn, eine Weichspülmittelmarke, die Suppenmarke Cup-a-Soup und Eismarken wie OLA oder auch Ben & Jerry’s. Der Umsatz von 52,7 Milliarden EUR im Jahr 2016 sank leicht im Vergleich zum Jahr 2015, einem Jahr, in dem 53,3 Milliarden EUR umgesetzt wurden. Der Reingewinn stieg hingegen um 3,7 Prozent leicht an. Ein Großteil dieses Umsatzwachstums stammt aus dem Segment der Hygieneartikel. In diesem Bereich setzt Unilever zunehmend auf teurere Produkte. 

Im Februar diesen Jahres wies der Lebensmittelkonzern Unilever ein unerwartetes, feindliches Übernahmeangebot des US-amerikanischen Konkurrenten Kraft Heinz in Höhe von 134 Milliarden EUR ab. (Erfahren Sie hier weitere Details zu diesem Übernahmeangebot.) Laut Paul Polman, dem Geschäftsführer des Unternehmens Unilever, versuche der Konzern jetzt mit dem Verkauf der Margarinemarken profitabler zu werden, die Rendite zu verbessern und damit die Aktionäre zufrieden zu stellen. „Wir haben entschieden, dass die Zukunft der Margarineabteilung woanders liegen wird. Wir wollen unsere strategische Flexibilität verbessern und nach einer Optimierung der Tätigkeitsbereiche Ausschau halten“, sagte Geschäftsführer Paul Polman am Donnerstagvormittag. Neben weiteren strukturellen Veränderungen innerhalb des Konzerns steht auch eine Zusammenlegung des Lebensmittel- und Süßigkeitensektors, zu dem unter anderem die Eismarke OLA und die Teemarke Lipton gehören, bevor. Weiterhin möchte der Lebensmittelgigant, um den Aktionären weiterhin entgegenzukommen, noch innerhalb dieses Jahres 5 Milliarden EUR in eigene Aktien investieren. Darüber hinaus strebe man, so Polman, einen Anstieg der Dividende um 12 Prozent an.

Der Verkauf einer oder mehrerer Marken ist für das Großunternehmen allerdings keine Besonderheit. Um sich dem Markt entsprechend anzupassen, hat Unilever in den 87 Jahren seines Bestehens hunderte von Betrieben ge- und verkauft, Fabriken umstrukturiert oder schließlich geschlossen, um sie in Ländern mit niedrigen Löhnen wieder aufbauen zu können. Auch Tiefkühlprodukte der Marke Iglo oder Wurstwaren der Marke Bifi gehörten einst du diesem Lebensmittelkonzern. Heute setzt der Konzern vor allem auf Hygieneartikel wie Seife, Shampoo, Lotions, Cremes oder Deodorants, gefolgt von Lebensmitteln wie Suppen, Saucen oder Margarine, Haushaltsartikeln wie Waschpulver und Spülmittel, Eis und Tee. Einige Jahre zuvor sah die Produktpalette noch anders aus. Vor der Jahrtausendwende umfasste der Großkonzern mehr als 1.600 verschiedene Marken. Rund um das Jahr 2000 allerdings führte Unilever einen regelrechten ‚Markenmord‘ durch, den nur etwa 400 der damaligen Marken überlebten.

Dass es sich bei dem bevorstehenden Verkauf gerade um die Margarinemarken handelt, ist keine große Überraschung. Bereits drei Wochen zuvor ließen Berichte in der britischen Presse verlauten, dass der britisch-niederländische Lebensmittelgigant bereits Kontakt zu potentiellen Käufern aufgenommen haben soll. Große Investoren wie Bain Capital, CVC und Clayton Dubilier & Rice sollen laut Berichten der britischen Sonntagszeitung The Sunday Telegraph bereits mit der Vorbereitung ihrer Angebote beschäftigt sein. Auch Konkurrent Kraft Heinz wird dort als möglicher Käufer des Margarinezweiges von Unilever genannt.

Margarineprodukte gehören bereits seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1930 zu der Produktpalette von Unilever. Der Lebensmittelkonzern entstand damals aus einer Fusion des niederländischen Margarineunternehmens Margarine Unie und des britischen Seifenherstellers Lever Brothers. Im Jahr 2014 allerdings wurden alle von Unilever produzierten Brotaufstriche, so auch Margarine, in einem eigenen Betriebszweig untergebracht. Dadurch ist das multinationale Unternehmen aktuell in zwei große Abteilungen gegliedert, die jeweils Lebensmittelprodukte oder aber Hygieneartikel beinhalten. Diese Spaltung führte bereits früh zu Spekulationen über einen möglichen Verkauf der Margarinesparte. Unterstützt wurde dieses Gerücht außerdem von der Tatsache, dass der letztgenannte Zweig momentan den größten Gewinn generiert, während der Umsatz aus dem Verkauf von Margarineprodukten stetig sinkt. Der Margarinezweig ist und bleibe damit ein Sorgenkind, so Unilever.