Nachrichten September 2015
UNO: König Willem-Alexander hält historische Rede vor Generalversammlung
New York. TM/NOS/RVD. 29. September 2015.
Beim aktuellen Gipfeltreffen der Vereinten Nationen in New York sprach der niederländische König Willem-Alexander am Montag vor der Generalversammlung. Anlass der Rede waren zum einen die Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen der UNO. Auf der anderen Seite stand die Rede aber auch im Zeichen der niederländischen Kandidatur für einen nicht-ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat.
Noch vor dem Auftritt des niederländischen Staatsoberhauptes vor der 70. Generalversammlung sprachen die niederländischen Medien am Montag von einer historischen Rede. 150 Staats- und Regierungschefs waren in den vergangenen Tagen nach New York gekommen. Für die Niederlandeergriff dabei zum ersten Mal ein König und nicht der Ministerpräsident das Wort. Willem-Alexander wurde durch den niederländischen Außenminister Bert Koenders (PvdA) und Außenhandelsministerin Lilianne Ploumen (PvdA) sowie Königin Máxima begleitet. Letztere nimmt bei den Vereinten Nationen bereits seit 2009 den Posten der Sonderbeauftragten des Generalsekretärs Ban Ki-moon in Sachen Mikrokredite wahr.
Von NOS-Königshausbeobachter Piet van Asseldonk wurde das Novum des königlichen Auftritts am Wochenende als Zeichen angesehen, dass Willem-Alexander sich ein neues – stärker auf Inhalte ausgerichtetes – Profil geben möchte. Eine solche Rede vor der UN-Generalversammlung würde da gut ins Bild passen. Und die Bewerbung um einen nicht-ständigen Sitz im Sicherheitsrat käme ebenfalls gut gelegen, so Asseldonk. Die Abstimmung über die neuen Mitglieder, die für zwei Jahre gewählt werden, und bei der die Niederlande unter anderem gegen Schweden und Italien antreten werden, wird im Juni kommenden Jahres stattfinden.
Und wie eine Bewerbungsrede war die Ansprache des niederländischen Königs dann auch aufgebaut. Dabei beglückwünschte Willem-Alexander die Vereinten Nationen zunächst für die Arbeit der vergangenen 70 Jahre und betonte die Wichtigkeit der Vereinten Nationen auch in dieser Zeit. Denn trotz bitterer Konflikte und menschlicher Tragödien, die es auch heute, 70 Jahre nach Verabschiedung der UN-Charta, gebe, hätte die UNO „als legitime Plattform für internationalen Dialog, an dem unsere Länder – wie groß die Unterschiede auch seinen – sich immer wieder treffen“, ihre unzweifelhafte Berechtigung. „Für uns bleibt die UNO die wichtigste weltweite Organisation für Frieden, Gerechtigkeit und Entwicklung“, so der König. Seit der Gründung habe das Königreich der Niederlande an insgesamt 63 Militärmissionen in mehr als 30 Ländern unter der Flagge und mit dem Mandat der Vereinten Nationen teilgenommen. Mehr als 125.000 niederländische Soldaten und zivile Kräfte waren dabei im Einsatz.
Die Bewerbung für den Sicherheitsrat sei für die Niederlande nun ein logischer Schritt, der zu diesen internationalen Anstrengungen und Ambitionen des Landes passe. Stolz sein man zudem, dass man mit dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag das einzige Hauptorgan der Vereinten Nationen außerhalb der USA beherberge. „Den Haag ist der Ort, an dem Frieden, Recht und Sicherheit durch eine Vielzahl von internationalen Institutionen gehütet werden – unter anderem dem internationalen Strafgerichtshof und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen“.
Aufgrund des eigenen tiefgreifenden Engagements für die Vereinten Nationen sei man aber auch kritisch. Große Sorgen mache sich das Königreich der Niederlande so etwa über die Gesetzlosigkeit, den Terror und die Missachtung elementarer Menschenrechte, die in einigen Gebieten der Erde die Oberhand gewinnen. „Wir sind berührt von Bildern von Familien, die, auf der Suche nach einem sicheren Ort, alles hinter sich lassen müssten. Alle Länder müssen in dieser Flüchtlingskrise Solidarität zeigen. Das Königreich der Niederlande hat seinen Beitrag an humanitärer Hilfe erhöht und gehört weltweit zu den größten Geldgebern. Wir rufen andere Länder auf, den Vereinten Nationen zusätzliche Mittel zu verschaffen, sodass die UNO denen, die flüchten mussten, Lebensmittel und eine Unterkunft bieten kann und ihnen eine Chance gegeben wird, ihr Leben wieder aufzubauen.“ Gemeinsame Anstrengungen der Weltgemeinschaft für Frieden und Sicherheit seinen dringend erforderlich. Das Königreich der Niederlande habe dabei gute Erfahrungen mit ihrer Strategie aus Verteidigung, Entwicklung und Diplomatie gemacht. „So stimulieren wir vorrangig die Beschäftigungsmöglichkeiten und das Unternehmertum von Jugendlichen in Afrika. Und wir unterstützen verstärkt Programme, um die Stabilität in fragilen Staaten zu fördern.“
Veränderungen schlug Willem-Alexander auch für die Vereinten Nationen selber vor. „Jede Organisation, die langfristig relevant bleiben möchte, muss sich an neue Zeiten und Umstände anpassen.“ Konkret sprach der niederländische König hier über den UN-Sicherheitsrat, der beim ersten Anzeichen von großflächigen Grausamkeiten energischer durchgreifen können müsse. „Weniger Zurückhaltung bei der Einlegung von Vetos würde dabei helfen.“ Aber auch die Legitimität selbst stehe durch die zu geringe Repräsentation Afrikas und anderer Regionen in diesem Gremium auf dem Spiel: „Ein Sicherheitsrat, in dem ein Teil der Weltbevölkerung sich unzureichend wiedererkennt, kann seine essentielle Funktion als weltweites Zentrum, in dem Frieden und Sicherheit überwacht und Konflikte beschworen werden, nicht gut erfüllen.“
Kritik am Sicherheitsrat äußerte der niederländische König auch in Bezug auf die Aufarbeitung des Flugzeugabsturzes des Flugs MH17 der Malaysia Airlines im Juli 2014 (NiederlandeNet berichtete), bei dem rund 200 Niederländer ums Leben kamen. Auf Resultate der Resolution 2166 des UNO-Sicherheitsrates zur Aufarbeitung des Flugzeugabsturzes warteten Angehörige der Opfer aus zehn Ländern noch immer, so Willem-Alexander. Die Schuldigen des Vorfalls müssten gefunden werden und alle Staaten bei der Aufarbeitung ihre Verantwortung zeigen. „Die niederländische Regierung wird – in Zusammenarbeit mit allen betroffenen Ländern und Organisationen – nicht ruhen, bevor auch hier Recht gesprochen wurde“, so der König.
Bezogen auf die Kandidatur der Niederlande für den nicht-ständigen Sitz im Sicherheitsrat betonte König Willem-Alexander abschließend, dass sein Land sich für alle Länder, egal ob groß oder klein, einsetzen wolle. „Nicht das Recht des Stärkeren, aber die Stärke des Rechts“, sei die Basis der Kandidatur. „Wir sind sehr motiviert, der gesamten internationalen Gemeinschaft im UNO-Verbund als ‚partner for peace, justice and developement‘ zu dienen.“
Die gesamte Rede kann auf Englisch oder Niederländisch nachgelesen werden.