Nachrichten März 2015
REGIONALWAHLEN: Große Verluste für Sozialdemokraten [UPDATE]
Den Haag. TM/NOS/NRC/VK/WDR. 18/19. März 2015.
Nach der jüngsten Prognose (91 % der Stimmen sind gezählt) scheinen die rechtsliberale VVD und der christdemokratische CDA zu den Siegern der Wahl zu zählen. Die zuletzt noch in den Umfragen führende populistische PVV von Geert Wilders scheint die Erwartungen nicht erfüllt zu haben. Enttäuschung gab es nach Veröffentlichung der ersten Zahlen auch im Lager der Sozialdemokraten, die wohl herbe Verluste einstecken müssen.
Es ist die erwartet deutliche Klatsche für die Den Haager Regierungskoalition. So halten sich die Verluste der rechtsliberalen VVD von Ministerpräsident Mark Rutte mit einem Minus von 3,6 Prozent im Vergleich zur Wahl 2011 zwar in Grenzen – die VVD kommt laut der Prognose auf 15,6 Prozent. Dafür muss aber der Juniorpartner, die sozialdemokratische PvdA, laut Prognose Verluste von 7,4 Prozent hinnehmen und kommt nur noch auf 10,1 Prozent. Enttäuschend ist die Prognose auch für Geert Wilders‘ PVV, die in der Prognose nur noch auf 11,7 Prozent kommt und damit 0,7 Prozent verliert – die PVV war im Wahlkampf zuletzt als Favorit gehandelt worden. Mit den höchsten Zugewinnen kann die linksliberale D66 rechnen, die laut Prognose auf 12,4 Prozent und damit 4,0 Prozent mehr als noch 2011 kommt.
Update der landesweiten Prognose

Bei den weiteren Parteien sind die Veränderungen zum Ergebnis von 2011 nur sehr gering. Der christdemokratische CDA kommt demnach als zweitstärkste Kraft nach der VVD auf 14,6 Prozent (+0,6) – beide erreichen damit die besten Ergebnisse aller Parteien. Die sozialistische SP erreicht 11,8 Prozent (+1,5), GroenLinks 5,4 Prozent (-1,0). Am unteren Rand liegen die kleinen Parteien ChristenUnie (4,0 %), die Tierschutzpartei PvdD (3,4 %), die Seniorenpartei 50Plus (3,4 %) sowie die orthodox-protestantische SGP (2,8 %) auf ähnliche Ergebnisse.
Prognostizierte Sitzverteilung in der Ersten Kammer

Annähernd 13 Millionen Wahlberechtigte waren am Mittwoch in den Niederlanden aufgerufen, neue 570 neue Abgeordnete für die zwölf Provinzparlamente zu bestimmen. Bis 21 Uhr hatten die Wahlberechtigten die Möglichkeit, ihre Stimme einer der 53 zur Wahl stehenden Parteien zu geben. Die Wahlen finden alle vier Jahre statt. Die Wahlbeteiligung lag in diesem Jahr bei 47 Prozent und damit gut 8 Prozent unter dem Wert bei den Provinzwahlen 2011 (55,9 %).
Themen waren während des Wahlkampfes vor allem national (NiederlandeNet berichtete) und so war die Beteiligung von Politikern aus den Haag in diesem Wahlkampf auch so hoch wie nie. Das hatte zur Konsequenz, dass die Provinzen in den Kampagnen der einzelnen Parteien wenn überhaupt nur sehr selten überhaupt genannt wurden. Bei einer von der niederländischen Nachrichtenagentur ANP in Auftrag gegebenen Umfrage vom gestrigen Dienstag kam zudem heraus, dass mehr als ein Viertel aller Wahlberechtigten ihre Stimme strategisch abgeben wollten, um durch ihre Wahl indirekt die Mehrheitsverhältnisse in Den Haag zu beeinflussen. Und so spielten Themen wie etwa der Ausbau von Windrädern in den Provinzen Nord- und Südholland (NiederlandeNet berichtete) oder die Erdgasgewinnung in der Provinz Groningen (NiederlandeNet berichtete) nur am Rande eine Rolle.
Grund für den starken nationalen Bezug des Wahlkampfes sind die aktuellen Mehrheitsverhältnisse im niederländischen Oberhaus, der Ersten Kammer. Denn die heute gewählten 570 Abgeordneten in den Provinzparlamenten wählen ihrerseits am 26. Mai wiederum die 75 Senatoren der ersten Parlamentskammer. Im Gegensatz zur Zweiten Kammer, in der die beiden Regierungsparteien, die rechtsliberale VVD von Ministerpräsident Mark Rutte und die sozialdemokratische PvdA, eine Gestaltungsmehrheit besitzen, kommen die beiden Parteien in der Ersten Kammer auf keine Mehrheit. Durch Vetorechte der Ersten Kammer bei der Gesetzgebung ist eine solche aber notwendig, will die Regierungskoalition ihr Programm durchsetzen. Bislang behalf man sich hierfür der Hilfe dreier kleinerer Oppositionsparteien (D66, ChristenUnie, SGP), welche die Koalition im Oberhaus unterstützten.
Schaut man sich die Prognose von 21.30 an, dann wird deutlich, dass die Mehrheit, die VVD und PvdA gemeinsam mit D66, ChristenUnie und SGP in der Ersten Kammer bilden, am wackeln ist. Nach der jüngsten Prognose kommen alle zusammen auf eine Gesamtzahl von 35 Sitzen im niederländischen Oberhaus – zu wenig für eine Fortführung der konstruktiven Mehrheit aus Regierungs- und Oppositionsfraktionen. Ministerpräsident Mark Rutte muss sich nun wohl auf die Suche nach neuen Bündnispartnern begeben.
Ebenfalls zur Wahl standen heute politische Vertreter in den 24 Wasserverbänden des Landes. Die amtlichen Endergebnisse beider Wahlen werden erst in den kommen Tagen feststehen.
[UPDATE, 25. März 2015, AF: Am Montagabend gab der nationale Wahlrat das amtliche Endergebnis der Regionalwahlen für jede Provinz bekannt. An der aus daraus resultierenden Sitzverteilung in der Ersten Kammer hat sich im Vergleich zu den Exit-Polls vom Wahlabend nichts verändert, so das NRC Handelsblad am Dienstag. Die Regierungskoalition aus VVD und PvdA kommt zusammen mit den „konstruktiven Drei“ – D66, ChristenUnie und SGP – auf 36 Sitze. Das sind zwei zu wenig für die Mehrheit im 75 Sitze zählenden Senat. Die Folge: D66, ChristenUnie und SGP haben ihr „Duldungsmonopol“ verloren, das Kabinett muss sich künftig weitere Verbündete suchen. Bei den Wahlen zu den Wasserschaften haben Water Natuurlijk (84 Sitze)und der CDA (76 Sitze) die meisten Stimmen auf sich vereint.
Das amtliche Endergenis für jede Provinz finden Sie auf den Seiten des Kiesraad. ]
Mehr über das niederländische Wahlsystem in unserem Dossier Parlamentswahlen 2012. Mehr über die niederländischen Provinzen in unserem Dossier Verwaltungsstrukturen in den Niederlanden.