Nachrichten April 2015


VERKEHR: Nationales Touristenticket für Bus und Bahn gefordert

Den Haag. /NOS/nu.nl. 02. April 2015.

Eine Mehrheit im niederländischen Parlament spricht sich für die Einführung eines Touristentickets für den öffentlichen Nah- und Fernverkehr aus. Nachdem im vergangenen Sommer die Papiertickets im gesamten Land abgeschafft wurden und man Busse und Bahnen seitdem nur noch per Chipkarte benutzen kann (NiederlandeNet berichtete), sei das System für ausländische Touristen oftmals nicht einleuchtend, so die Argumentation der Politiker. Auch das Kabinett unterstützt die Pläne.

Zu Ostern werden in den Niederlanden wieder hunderttausende Touristen aus aller Welt erwartet, im gesamten Jahr soll der Vorjahreswert von 14 Millionen Gästen erneut erreicht werden. Die meisten von ihnen besuchen traditionell die Hauptstadt Amsterdam und bleiben dann meist auch bis zum Ende ihres Aufenthalts dort. Politiker mehrerer Parteien wollen dies ändern und es für die Touristen attraktiver machen, auch andere Ort im ganzen Land zu besuchen. Dem entgegen steht nach ihrer Meinung bislang das für Ausländer wenig transparente Ticketsystem für Bus und Bahn mit sehr komplizierten Fahrscheinautomaten. Und wenn man es geschafft hat, sich eine Chipkarte zu kaufen, darf man das ein- und auschecken in den Bussen, Straßen- und U-Bahnen sowie an den Bahnhöfen nicht vergessen. Sofern man Teile der Strecke mit einem privaten Bus- oder Bahnanbieter bereist, muss man für jeden Anbieter zudem eine neuen Einzelfahrschein erwerben.

Die Lösung wäre ein Touristenpass, der für einen oder mehrere Tage gültig bleibt und zum Reisen im gesamten Land berechtigt. Erik Ziengs von der rechtsliberalen VVD kam als ersten mit diesem Vorschlag und konnte bislang viele Kolleginnen und Kollegen davon überzeugen. Nach Ansicht Ziengs’ muss eine solche Touristenkarte eine „echte Visitenkarte der Niederlande“ werden. Gegenüber dem Nachrichtensender NOS sagte er, dass Touristen viel Geld ins Land bringen und damit für viele Arbeitsplätze sorgen, das Verkehrssystem aber kaum auf die ausländischen Gäste eingestellt ist. Laut Kees Verhoeven, Abgeordnetem der linksliberalen D66-Fraktion, die den Vorschlag ebenfalls unterstützt, hätte das Touristenticket einen weiteren Vorteil: Der Druck auf Amsterdam würde vermindert, wenn die Gäste sich zukünftig mehr über das ganze Land verteilen würden und auch vermehrt Ziele wie Gouda, den Nationalpark Hoge Veluwe oder die Wattenmeerinseln besuchen würden. Die Hauptstadt würde jetzt schon „aus allen Nähten platzen“. Mit einem neu zu konzipierenden Ticket könnten nach Vorstellung der D66 auch Preisnachlässe für touristische Orte implementiert werden.

Zustimmung für die Pläne aus der Politik kommt auch von niederländischen Tourismusbüro NBTC. „Eine nationale Netzkarte für Touristen entlaste Hotspots wie Amsterdam und verschiebt die Aufmerksamkeit zum Beispiel nach Giethoorn, Groningen oder Maastricht.“ Somit könnten sowohl Unternehmer als auch Bewohner vom zunehmenden Tourismus profitieren, so ein Sprecher des Verbandes. Von Regierungsseite bekundete bereits die zuständige Infrastruktur-Staatssekretärin Wilma Mansveld (PvdA) ihre Zustimmung zum Vorhaben der Parlamentsmehrheit. Und auch Wirtschaftsminister Henk Kamp (VVD) findet die Idee einer speziellen Touristenkarte eine „gute Ergänzung“ des bisherigen Angebots. Beide betonen aber, dass es vor einer Einführung noch Gespräche und eine Einigung mit den vielen verschiedenen Bus- und Bahnanbietern geben muss. Kamp sei aber „sehr motiviert, dies realisiert zu bekommen“.

Als Vorbild für den nationalen Touristenpass sollen regionale Lösungen dienen, die bereits in Amsterdam und der Provinz Limburg existieren. In der Hauptstadt hatten sich der lokale Verkehrsanbieter GVB und der nationale Bahnkonzern NS zusammengetan und das Amsterdam Travel Ticket eingeführt. Hiermit kann man vom Flughafen Schiphol bis in die Stadt und wieder zurück fahren und zudem alle von der GVB betriebenen Straßenbahnen, Bussen, U-Bahnen und Fähren nutzen.