Nachrichten SEPTEMBER 2014
EU: Juncker macht Timmermans zum „Wachhund“ der Kommission
Brüssel/Den Haag. TM/NOS/SPON/NRC/TR/VK/zeit.de. 10. September 2014.

Nun ist es offiziell: Der niederländische noch-Außenminister Frans Timmermans (PvdA) wird ab November in die EU-Kommission nach Brüssel wechseln und dort die rechte Hand von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker werden. Dies gab der designierte Kommissionschef heute Mittag auf einer Pressekonferenz bekannt. Der Sozialdemokrat Timmermans reagierte auf die Nachricht zugleich stolz und demütig: Die neue Aufgabe würde ein hartes Stück Arbeit, er werde aber „alles geben, was ich in mir habe, um die EU wieder stärker zu einer Union der Bürger zu machen“.
Timmermans wird einer von sieben Stellvertretern Junckers werden, unter diesen aber eine herausragende Stellung einnehmen. Dies wird auch daraus deutlich, dass er als erster der 27 neuen Kommissare von Juncker vorgestellt wurde. Als erster Vizepräsident und rechte Hand Junckers wird Timmermans als eine Art Super-Justizkommissar die Aufgabe eines „Wachhundes“ (Juncker) der europäischen Exekutive übernehmen. Er soll die Glaubwürdigkeit der Europäischen Union retten und verhindern, dass Brüssel als Gesetzeskrake angesehen wird.
Inhaltlich wird Timmermans das neu zu schaffende Ressort zu „Fragen der besseren Rechtsetzung“ bearbeiten und dabei unter anderem die Aufgabe bekommen, jeden Vorschlag der Kommission auf seine Erforderlichkeit zu überprüfen. Er soll damit ressortübergreifend für eine effizientere Gemeinschaftsgesetzgebung sogen und gleichzeitig auch die Einhaltung der EU-Grundrechtecharta überwachen. Der erste Vizepräsident hat laut Juncker besondere Befugnisse übertragen bekommen und „kann jegliche Initiative stoppen“. Die Kommission wolle somit wieder mehr Gewicht auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips legen. Den Bürgern wolle man zeigen, dass sich die Kommission zukünftig nur noch um die großen Fragen kümmert und sich bei kleineren Themenbereichen, die besser von den Mitgliedsstaaten selbst geregelt werden können, zurückhält.
Während Deutschland den neuen Posten von Ex-Energiekommissar Günther Oettinger – er ist zukünftig nur noch für die digitale Wirtschaft zuständig – als Affront werten kann, können die Niederlande mit Timmermans neu geschaffenen Posten hoch zufrieden sein. Zwar hatte die Regierung in Den Haag zunächst vergeblich einen bedeutenden wirtschaftlichen Posten in der neuen Kommission eingefordert (NiederlandeNet berichtete), das jetzige Ressort Timmermans’ kann das Land aber durchaus als Belohnung ansehen. Zwar muss man noch beobachten, wieviel Macht Timmermans in den kommenden fünf Jahren wirklich bekommt, die Ausgangslage jedoch ist vielversprechend.
Die Struktur der neuen Kommission
.@JunckerEU dévoile l'attribution des portefeuilles au sein de la nouvelle Commission http://t.co/XGHFlMFpqV pic.twitter.com/awP9nQR8ZI
— Natasha Bertaud (@NatashaBertaud) 10. September 2014
Mit Frans Timmermans bekommt die Europäische Union zukünftig einen Vollblutpolitiker und Workaholic, der sich auf internationalem Parkett sehr gut auskennt. Der bisherige niederländische Außenminister spricht sieben Sprachen fließend und hatte sich nicht zuletzt bei der Aufarbeitung des Flugzeugabsturzes der MH17 über der Ostukraine weltweit einen Namen gemacht (NiederlandeNet berichtete). Timmermans war vor seiner politischen Karriere wie auch sein Vater jahrelang – unter anderem in Moskau – als Diplomat tätig. Auch in Brüssel kennt sich Timmermans bestens aus, war er doch von 1994 bis 1995 als Mitarbeiter des niederländischen EU-Kommissars Hans van den Broek beschäftigt. Timmermans ist ein überzeugter Europäer und bezeichnet die Europäische Union als „durchschlagenden Erfolg“. Er ist nach eigener Aussage im Laufe der Jahre zwar stets kritischer in Bezug auf die Union geworden und hat immer öfter darauf hingewiesen, wo die Grenzen der EU-Kompetenzen liegen, deshalb aber nicht weniger nachgelassen, Europaskeptiker in die Schranken zu weisen.
Mehr zur Person Frans Timmermans finden Sie in unserem Personen A-Z.
Einen genaue Aufstellung der zukünftigen Aufgaben von Frans Timmermans ergibt sich aus dem Mission letter von Jean-Claude Juncker an ihn.