Nachrichten November 2014
EHRUNG: Mark Rutte erhält Rathenau-Preis in Berlin
Berlin. TM/rathenau-stiftung.de/RVD. 21. November 2014.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte (VVD) hat am Freitagvormittag während einer feierlichen Gala den diesjährigen Walther-Rathenau-Preis empfangen. Der niederländische Premier wurde damit für sein außen- und europapolitisches Engagement geehrt. Überreicht wurde der Preis von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich mit ihrem niederländischen Amtskollege zuvor bereits zu eine Arbeitstreffen getroffen hatte.
Mark Rutte reiht sich durch seine Ehrung in einer Reihe von hochkarätigen Preisträgern wie Hillary Clinton, Shimon Perez, Donald Tusk oder Hans-Dietrich Genscher ein, die den Preis in den vergangenen Jahren vom Walther-Rathenau-Institut, einer Stiftung für internationale Politik, überreicht bekamen. Ihr Vorsitzender Werner Hoyer begründete die diesjährige Wahl von Rutte damit, dass er „eine Politik [verkörpert], die in einem immer komplexer werdenden globalen Umfeld für Verlässlichkeit, Kooperation und Multilateralität steht“.
Zu Beginn seiner Dankesrede würdigte Mark Rutte zunächst den Namensträger des Preises, den 1922 ermordeten liberalen deutschen DDP-Politiker, Staatsmann und Industriellen Walther Rathenau und seine damaligen visionären Gedanken von einem in Frieden vereinten europäischem Wirtschaftsraum. Er war „ein offener Geist in einer zunehmend extremistischen Zeit. Ein charismatischer Mann mit einem scharfen Blick für den Zeitgeist. Pragmatismus, Vernunft und Toleranz waren die Grundtöne seines Charakters, und damit stand er in jeder Hinsicht in diametralem Gegensatz zu den Feinden der Demokratie, die ihn ermorden sollten.“
Rutte empfand die Preisverleihung an ihn es als eine große Ehre. Annehmen wollte er den Preis aber nur schnellvertretend für die Niederlande und ihren „für die internationale Zusammenarbeit seit jeher einen hohen Stellenwert“. Sein Land habe den Blick stets nach außen gerichtet und immer die Zusammenarbeit mit anderen Ländern gesucht: „Als kleines Land am Meer hatten wir auch keine andere Wahl. Unser Streben nach Wohlstand, Frieden und Sicherheit können wir nur in enger Zusammenarbeit mit internationalen Partnern verwirklichen.“
Der niederländische Premier lobte anschließend die enge Partnerschaft, die sein Land mit Deutschland verbindet – dessen vielleicht wichtigstem Partner. Rutte erinnerte an die diesjährige Hannover Messe, auf der die Niederlande Partnerland war und an die Zusammenarbeit beider Länder bei der Eurorettung oder in Militärmissionen wie etwa in Afghanistan. Hier nannte er explizit auch das gemeinsame deutsch-niederländische Heereskorps im westfälischen Münster.
Beide Länder hätten – wie auch ganz Europa – „eine unglaublich starke und feste Basis“. Es sei jedoch nicht die Zeit, sich nun zurückzulehnen und die Hände in den Schoß zu legen: „Wir müssen uns den Blick für das Kommende erhalten.“ China und Indien würden nicht auf Europa warten, so Rutte. Wenn Europa auch künftig in der Welt den Ton angeben will, „müssen wir Mut zeigen, dann müssen wir kreativ sein, dann müssen wir in unsere eigene Qualität vertrauen“, so Rutte. Nach Ansicht des niederländischen Premiers müsse Europa vorwärtskommen. „Vorwärts mit der Modernisierung unserer Volkswirtschaften und unserer Gesellschaften. Vorwärts mit der Stärkung des europäischen Marktes auf Wachstumsfeldern wie digitale Wirtschaft, Energie und Dienstleistungen. Vorwärts mit neuen Formen der Zusammenarbeit mit den USA und anderen großen Volkswirtschaften. Vorwärts mit der Stärkung unserer Robustheit und unserer Fähigkeit, zu Stabilität an unseren Außengrenzen und in anderen Regionen der Welt beizutragen.“
Europa selbst habe laut Rutte schon bessere Zeiten erlebt: „Europa kämpft sich mühsam aus der Krise, und die Konjunkturprognosen schwanken. Das Vertrauen in die EU und in die nationalen Regierungen ist gesunken. Die Arbeitslosigkeit bleibt hoch, viel zu hoch, vor allem unter Jugendlichen. Eingeklemmt zwischen den innovativen Köpfen in Silicon Valley einerseits und der Effizienz sich rasant entwickelnder Volkswirtschaften wie China und Indien andererseits scheint der alte Kontinent oft nicht mehr zu wissen, was er eigentlich zu bieten hat.“ Pessimisten hätten es dieser Tage leichter als Optimisten, so Rutte.
Aufpassen müsse man auch bei den aktuellen Spannungen zwischen Russland und dem Westen. Viele sprächen hierbei wieder von „Einflusssphären“ und „Pufferstaaten“, die notwendig seien, um Russland und den Westen auseinanderzuhalten. Dieses Denkschema dürfe man sich nach Ansicht von Mark Rutte aber nicht zu eigen machen. 25 Jahre nach dem Mauerfall stünden wir so auch nicht vor einem neuen kalten Krieg: „Dafür hat sich zu viel verändert. Wir fallen nicht zurück in überwundene Konflikte. Wir haben es heute nicht mit zwei sich gegenüberstehenden Machtblöcken zu tun – wir leben in einer multipolaren Welt.“ Allerdings müsse man als Europäische Union vor dem zunehmendem Extremismus unserer Zeit wachsam sein und „an einem Strang ziehen“. Es solle nach der Vorstellung des niederländischen Ministerpräsidenten keine Trennlinien in Europa mehr geben: „Die Kraft des Binnenmarktes und der Europäischen Union als Wertegemeinschaft bleibt eine Inspirationsquelle.“
Niederländ. MP Rutte erhält Walther-Rathenau-Preis für außen-/europapol. Engagement. Kanzlerin #Merkel hält Laudatio. pic.twitter.com/NNRyT0Gfja
— Steffen Seibert (@RegSprecher) 21. November 2014
Die komplette Rede von Mark Rutte kann hier nachgelesen werden.