Nachrichten März 2014


WIRTSCHAFT: Niederländische Ministerin kritisiert deutsche und belgische Hafensubventionen

Den Haag/Hamburg. /knack.be/NT/RVD. 07. März 2014.

Rotterdam ist mit Abstand der größte Seehafen Europas. Nach Ansicht der niederländischen Infrastrukturministerin Melanie Schultz van Haegen (VVD) verfügen die größten europäischen Konkurrenten Rotterdams – die Häfen in Hamburg und Antwerpen – über wettbewerbsverzerrende Vorteile durch staatliche Subventionen und setzen Häfen wie Rotterdam oder Amsterdam damit stark unter Druck.

Die Ministerin stützt ihre Aussage auf eine durch ihr Ministerium in Auftrag gegebenen Studie der Erasmus Universität Rotterdam und dem Forschungsbüro Ecorys. Aus dieser geht hervor, dass im Rotterdamer Hafen, bei europaweit gleichen Bedingungen, jährlich sieben Prozent mehr Container umschlagen werden könnten. Die aktuelle Situation hingegen störe den Markt. So würden der deutsche und der belgische Staat ihre Häfen mit öffentlichen Mitteln in Höhe von 1,18 respektive 1,12 Euro pro umgeschlagener Tonne an Gütern subventionieren. Diese Finanzierung erfolgt nach Angaben von Allard Castelein, Direktor des Rotterdamer Hafens, indirekt, indem die Regierungen in Deutschland und Flandern auch Gelder für Baumaßnahmen an Hafenbecken und Kais zuschießen oder dabei helfen, die Verluste der Häfen zu kompensieren. In den Niederlanden hingegen würden die Seehäfen nach Aussage der Studie öffentliche Gelder lediglich für die Instandhaltung der maritimen Zugangswege – und das auch nur in einer Größenordnung von 0,06 Euro pro umgeschlagener Tonne an Gütern – bekommen. „Die führt zu einer Störung des Marktes, wodurch die Terminals in Rotterdam Ladung an ihre Konkurrenten in Hamburg und Antwerpen verlieren.“ Würden Kosten wie etwa für die Vertiefung von Elbe, Schelde oder Maas mit einberechnet werden, dann, so Castelein, könnte Rotterdam selbst zehn Prozent mehr Container pro Jahr umschlagen.

Melanie Schultz van Haegen ist entsprechend verärgert: „Europäische Seehäfen müssen fair miteinander konkurrieren. Dafür bedarf es eines gleichen Spielfeldes. Die Ergebnisse dieser Studie machen erneut deutlich, dass es eines europäischen Hafenpaketes mit Richtlinien für staatliche Subventionen und Transparenz in der Buchhaltung der Häfen bedarf. Die Beeinflussung von Hafentarifen mit öffentlichen Geldern muss der Vergangenheit angehören“, fordert die Ministerin jetzt. Als Lösung für das Problem schlägt sie ein einheitliches „level playing field“ innerhalb der Europäischen Union vor und hat die Ergebnisse der Studie deshalb auch an die Europäische Kommission und das Europäische Parlament weitergeleitet. Auch der Vorstand des Hafens von Rotterdam will gegenüber den zuständigen europäischen Behörden gleiche Bedingungen für alle europäischen Häfen einfordern. Zwar existieren bereits einheitliche europäische Regeln über staatliche Investitionen in Hafeninfrastruktur, dessen Auslegung unterscheidet sich bislang jedoch noch von Land zu Land: „Die Regel ist, das Staatsgeld nur in Hafengebiete investiert werden darf, die öffentlich zugänglich sind“, so Hafenökonom Michiel Nijdam gegenüber dem Nieuwsblad Transport. „In Belgien und Deutschland werden die Häfen aber als Gebiete angesehen, die der nationalen Wirtschaft dienen und somit öffentlich sind, während nach niederländischer Sichtweise nur jene Teile, die für jeden frei zugänglich sind, als öffentlich angesehen werden“, so Nijdam.

Bis zum Sommer will das niederländische Infrastrukturministerium gemeinsam mit den niederländischen Seehäfen und Unternehmen aus den Hafenbereich ein gemeinsames Aktionsprogramm entwickelt haben, wie für alle Häfen in Nordwesteuropa gleiche Bedingungen geschaffen werden können: „Ich bin keine Befürworterin davon, mit Geld der niederländischen Steuerzahler die Finanzierungspolitik in den uns umliegenden Ländern zu kompensieren. Das führt zu einer Abwärtsspirale, einer Vergeudung von Steuergeldern und einer ineffizienten Allokation“, so Schultz.