Nachrichten Juni 2014


KULTUR: Van-Nelle-Fabrik zum Weltkulturerbe ernannt

Rotterdam. KK/DO/DT/erih.net/NOS/SZ. 24. Juni 2014.

Die Van-Nelle-Fabrik in Rotterdam wurde auf die Weltkulturerbeliste aufgenommen, wie die UNESCO am Samstag während einer Sitzung in Katar bekannt gab. Das Königreich der Niederlande hat nun zehn anerkannte Welterbestätten, darunter das Wattenmeer, die Amsterdamer Grachten, die Windmühlen bei Kinderdijk und das historische Gebiet von Willemstad auf Curaçao.

Die ehemalige Kaffee-, Tabak- und Teefabrik Van Nelle ist eines der wichtigsten und bekanntesten Industriedenkmäler der Niederlande. 1782 gründeten Johannes und Hendrica van Nelle ein Geschäft für Kaffee, Tee und Tabak, das im 19. Jahrhundert zu einer Fabrik ausgebaut wurde. Mitte des Jahrhunderts übernahm C. H. van der Leeuw die Fabrik und führte sie unter dem ursprünglichen Namen Van Nelle weiter. In den 1920er Jahren wurde für weitere Expansionen eine neue Fabrik nötig. Sie wurde zwischen 1927 und 1930 nach Entwürfen der Architekten Johannes A. Brinkman und Leendert C. van der Vlucht im Stil des Neuen Bauens erbaut. Diese funktionalistische Stilart entstand Anfang des 20. Jahrhunderts als Antwort auf die Wohnungsknappheit im Zuge der Industrialisierung und der damit verbundenen Urbanisierung. Schlüsselbegriffe des Neuen Bauens waren Licht, Luft und Raum. Weitere bekannte Architekten dieser Stilrichtung waren Le Corbusier, Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe.

Die Forderung nach Licht und Offenheit wurde von Brinkman und van der Vlucht mit Hilfe neuer Techniken umgesetzt. So setzte man auf Stahl- und Betonkonstruktionen, verkleidet mit Glas. Das sorgte für helle Innenräume. Doch die Fabrik lässt sich nicht nur an ästhetischen Maßstäben messen, sondern auch was ihre Funktionsweise betrifft. So verfügte das achtstöckige Gebäude über drei in sich geschlossene Abteilungen zur Verarbeitung von Tee, Kaffee und Tabak. Die Rohstoffe wurden auf die oberste Etage transportiert und von dort aus der Schwerkraft folgend weiterverarbeitet. Die Fabrik galt bei ihrer Eröffnung 1931 als eines der innovativsten und modernsten Gebäude ihrer Zeit.

Sie stand dabei nicht nur für den Stil des Neuen Bauens, sondern auch für ein neues Arbeiten. Hygiene und Gesundheit begannen damals an Bedeutung zu gewinnen und die Fabrik sollte auch die Lebensumstände der Fabrikarbeiter verbessern. Zur Fabrik, in der bis zu 2.000 Arbeiter tätig waren, gehörten eine Kantine, eine Teestube auf dem Dach, ein Kino, eine Bibliothek sowie Sporteinrichtungen. Auch das Gelände um die Fabrik herum war mit Grünflächen, Ruheplätzen und Teichen ausgestattet.

Bis zum Jahr 1990 wurde hier Kaffee, Tee und Tabak produziert. Danach wurde das Gebäude restauriert um Raum für zeitgemäße Arbeitsplätze zu schaffen. Heute beherbergt sie unter dem Namen Van Nelle Ontwerpfabriek eine Reihe kleiner Architektur-, Design- und Werbebüros. Auch finden hier regelmäßig Ausstellungen und Modeshows sowie Führungen für Touristen statt.

Der Rotterdamer Bürgermeister Ahmed Aboutaleb freut sich über den Titel: „Rotterdam ist unbestritten die Architekturstadt der Niederlande. Ich bin sehr stolz auf unsere neuen und alten Ikonen. Die Van-Nelle-Fabrik ist eine dieser Ikonen; ein Gebäude, das einzigartig für seine Zeit ist, was das Material und die Form betrifft und auch sozial gesehen seiner Zeit weit voraus. Dass die Van-Nelle-Fabrik jetzt den Status des Weltkulturerbes bekommt, ist ein Geschenk für alle Generationen nach uns. Etwas, worauf alle Rotterdamer sehr stolz sein können.“