Nachrichten Juni 2014
RASSISMUS: Neuer Zwarte Piet präsentiert
Hilversum. TM/AD/EO/NOS/VK. 11. Juni 2014.
Die Diskussion um die von Kritikern bemängelten rassistischen Züge des niederländischen Sinterklaasfestes (dt. Nikolausfestes) (NiederlandeNet berichtete) geht in eine neue Runde. In der Talkshow Knevel & Van den Brink wurde Dienstagabend ein „neuer Zwarte Piet“ präsentiert, der ohne lockiges Haar und goldene Ohrringe sowie mit weniger roten Lippen, leicht hellerer Hautfarbe und etwas hipperer Kleidung daherkam.
Ineke Strouken, Direktorin des niederländischen Zentrums für Volkskultur und immaterielles Erbgut VIE stellte in der Fernsehsendung die veränderte Figur des niederländischen Nikolausknechtes vor. Das Zentrum hatte zuvor 30 Personen zu ihrem Bild und ihren Vorstellung vom Zwarte Piet interviewt sowie rund 9.000 E-Mails von Befürwortern und Kritikern analysiert. „Wir haben die Studie begonnen, um dahinter zu kommen, ob die Befürworter und Gegner des Zwarte Piet auch gemeinsame Ideen von der Figur haben. Und ob wir, wenn wir diese Ideen nebeneinanderlegen, doch zu einer Lösung kommen können“, so Strouken heute in einem Interview der Tageszeitung AD.
Ergebnis der Untersuchung war laut Strouken, dass die Menschen in den Niederlanden ein Ende der jahrelangen Diskussion herbeisehnen und deshalb eine Reihe von Anpassungen fordern. Am bedeutendsten sei dabei eine gleichgewichtige hierarchische Beziehung zwischen Sinterklaas und Zwarte Piet. Im AD wies Strouken aber auch auf die lange Tradition des niederländischen Sinterklaasfestes hin, welche Anpassungen sehr schwierig mache: „Es handelt sich um eine tiefverwurzelte Tradition. Die verändert sich nicht so einfach. Aber nach und nach. Mit der Zeit.“
Dit is de nieuwe Zwarte Piet! Wat vindt u van de nieuwe look? Geef uw mening! http://t.co/3vYKRFguON #kvdb pic.twitter.com/jJRjwvPekW
— KvdB (@KvdBtv) 10. Juni 2014
Dass die stark polarisierende Diskussion der vergangenen Jahre mit der Präsentation des angepassten Zwarte Piet nicht direkt beendet sein wird, zeigte sich gestern auch im weiteren Verlauf der Talkshow Knevel & Van den Brink. Zwarte Piet-Kritiker, die die Figur als rassistisch bezeichnen, präsentierten während der Sendung im Gegenzug einen Piet mit lila Gesichtsfarbe und roten Haaren. Und auch der farbige Dichter und Aktivist Quinsy Gario, der 2007, nachdem seine Mutter während der Arbeit als Zwarte Piet bezeichnet wurde, mit einem Kunstprojekt die Rassismusdiskussion anschob und im vergangenen Jahr im Amsterdam gegen die örtlichen Sinterklaasfeiern vor Gericht zog (NiederlandeNet berichtete), hat für den neuen Zwarte Piet kein gutes Wort übrig: „Das ist traurig, ein Komplettversagen.“ Gario versteht nicht, warum gerade die Hautfarbe nicht verändert werden soll und kritisiert, dass es sich das VIE zu einfach gemacht habe: „Das ist eigentlich der Erhalt des Status quo. Es ist, um die Menschen […] weiter ruhig zu halten.“
Die Rassismus-Diskussion hatte 2013 einen Höhepunkt erreicht, als sich eine Kommission der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR) der Diskussion annahm. Dort befürchtete man, dass das Sinterklaasfest auf eine „Rückkehr der Sklaverei“ hinauslaufe und verlangte von der niederländischen Regierung, dass sie die Initiative für eine nationale Debatte ergreifen müsse. Im Gegenzug unterzeichneten 2013 über zwei Millionen Menschen eine Petition zum erhalt des traditionellen Sinterklaasfestes (NiederlandeNet berichtete).
Mehr in unserem Hintergrunddossier zu Volkskultur und Traditionen in den Niederlanden.