Nachrichten April 2014


SPORT: Hooligans drängen Finale in den Hintergrund

Amsterdam/Rotterdam. ML/AD/goal.com/kicker.de/NOS/rtl.Nieuws/VP.nl. 23. April 2014.

Das niederländische Pokalfinale zwischen Ajax Amsterdam und PEC Zwolle wurde am Ostersonntag durch Krawalle von gewaltbereiten Zuschauern aus Amsterdam überschattet. Jetzt wird in den niederländischen Medien eine Diskussion über die Konsequenzen der Gewaltaktionen für Ajax Amsterdam, für die Krawallmacher und den Fußball im Allgemeinen geführt.

Wieder einmal haben es einige Dutzend Hooligans geschafft, einen von hunderttausenden Zuschauern ersehnten Fußballkrimi in ein Trauerspiel zu verwandeln. Beim Finale um den traditionsreichen niederländischen KNVB-Pokal am Ostersonntag war das Fußballspiel eine Zeit lang nur Nebensache. Unter dem Deckmantel von Fans hatten sich einige Chaoten aus Amsterdam durch das Abbrennen von Pyrotechnik und Feuerwerkskörpern in den Vordergrund gedrängt und für eine halbstündige Spielunterbrechung gesorgt.

Mit dem aktuellen Meister Ajax Amsterdam und dem Aufsteiger PEC Zwolle standen sich im Rotterdamer Stadion De Kuip der Tabellenerste und der Neunplatzierte der niederländischen Eredivisie gegenüber. Nachdem der Hauptstadtclub bereits nach drei Minuten durch Ricardo van Rhijn die Führung gelang, sah es schon früh nach dem von vielen Experten prophezeiten Favoritensieg aus. Doch die Chaoten aus Amsterdam hatte dabei niemand auf der Rechnung. Diese hatten offensichtlich vorab untereinander abgesprochen, nach dem ersten Torerfolg durch das gleichzeitige Abbrennen von Pyrotechnik und Feuerwerkskörpern das Finale massiv zu stören. Die Krawallmacher warfen sogenannte Bengalische Feuer brennend in den Strafraum von Ajax-Torhüter Kenneth Vermeer und gefährdeten somit die Gesundheit von Spielern beider Mannschaften.

Die Szenen verdeutlichen, was unter Experten bereits seit Jahren bekannt ist: Bei den Chaoten handelt es sich nicht um wahre Fußballfans, sondern um geltungssüchtige Egozentriker, denen keinesfalls das Wohl „ihres” Vereins am Herzen liegt. Diese Wenigen schaffen es aber immer wieder, das eigentliche Spiel in den Hintergrund zu drängen und selbst im Mittelpunkt zu stehen sowie das Image eines Vereins, die Arbeit vieler Personen und die Freude vieler Fußballanhänger zu vernichten.

Ajax-Trainer und Ex-Nationalspieler Frank de Boer konnte schon nach der Spielunterbrechung keine richtige Freude mehr am Finale empfinden: „Meine Frau hoffte, das wir nicht mehr gewinnen. In dem Moment, als wir das Spielfeld wieder betraten, hatte ich das Gefühl auch. Es war eine so große Enttäuschung, dass sich einige unserer Fans so miserabel verhalten hatten, dass mir der Pokal gestohlen bleiben konnte.” Seine Spieler konnten an die Leistung der Anfangsminuten nicht mehr anknüpfen und kassierten innerhalb von nur 26 Minuten vier Gegentore. Ryan Thomas in der 8. und 12. Minute sowie Guyon Fernandez in der 22. und 34. Minute sorgten schon vor der Halbzeitpause nahezu für die Vorentscheidung, die Bram van Polen in der 50. Spielminute mit dem 5:1 Endstand perfekt machte. De Boer will die Krawalle der „Idioten”, wie er sie nennt, nicht als Entschuldigung für die Niederlage nennen. Trotzdem sieht er einen Zusammenhang: „Ich denke, dass die Spieler auch perplex waren.”

Beim regelmäßigen Aufeinandertreffen von Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam gibt es aufgrund mehrmaliger massiver Randale bereits seit Jahren ein Verbot, nachdem die jeweiligen Anhänger ihr Team beim Derby nicht zum Auswärtsspiel begleiten dürfen. Eigentlich hatten sich die Verantwortlichen jüngst darauf verständigt, diese Einschränkung demnächst aufzuheben. Die Hooligans vom Ostersonntag scheinen nun einen Strich durch diese Rechnung und das Hoffen der mehrheitlich friedlichen Fans zunichte gemacht zu haben. Obendrein drohen weitere Sanktionen: Neben den bereits vom niederländischen Fußballverband KNVB beschlossenen Strafgeldern für den Verein, sollen auch 400 Fans von der Anreise zum nächsten Ligaspiel bei Heracles Almelo ausgeschlossen werden. Besonders bitter für diejenigen, die an den Vorgängen in Rotterdam völlig unbeteiligt waren, denn Ajax kann in Almelo bereits mit einem Unentschieden seinen Meistertitel verteidigen. Der Vorsitzende der Ajax-Fanvereinigung, Daniël Dekker, sieht darum in der Kollektivbestrafung auch keinen Sinn: „Das ist eine sehr große Personengruppe. Ich vertraue den Untersuchungen der Polizei. Aber es kann sein, dass hier Menschen dabei sind, die nichts mit dem Werfen der Feuerwerkskörper zu tun haben.”

Verlierer ist auch der eigentliche Gewinner des Finales: der PEC Zwolle. Der Underdog, der mit dem Pokalsieg den bedeutendsten Titel in seiner immerhin bereits 104-jährigen wechselhaften Vereinsgeschichte errungen hat, steht medial im Abseits. Obwohl der Verein aus der Hauptstadt der Provinz Overijsel in der vergangenen Saison noch in der zweiten niederländischen Liga kickte, besitzt er durch den Finalsieg nun ein Ticket, um in der kommenden Spielzeit in der Europaleague anzutreten. Doch trotz dieser großartigen Leistung und der damit verbundenen riesigen Überraschung, die in Höhe und Deutlichkeit vor dem Endspiel nie ernsthaft erwartet worden war, fokussiert sich das Interesse der Medien größtenteils auf die Krawallmacher, die offensichtlich ihr Ziel erreicht und einmal mehr über den Fußball gesiegt haben.