Nachrichten April 2014
UMWELT: Streit um Kohlekraftwerk in Eemshaven geht weiter
Eemshaven. ML/Essent/NOS/RWE/VK. 17. April 2014.
Der Schadstoffausstoß durch das von vielen Seiten kritisierte neue Kohlekraftwerk in der niederländischen Nordseegemeinde Eemshaven muss durch die Provinzen Groningen, Friesland und Drenthe in Verbund mit dem niederländischen Wirtschaftsministerium erneut überprüft werden. Zu diesem Urteil kam das höchste niederländische Verwaltungsorgan Raad van State (dt. Staatsrat) am Mittwochabend. Damit geht der jahrelange Rechtsstreit um das grenznahe Kraftwerk in eine neue Runde.
Trotz der erneuten Überprüfung sah die Kommission in ihrem Urteil keinen Grund dafür, die für dieses Jahr geplante Inbetriebnahme des Kraftwerks zu verweigern. Diverse Umweltorganisationen, die seit Jahren gegen den Bau des Kraftwerks in unmittelbarer Nähe zur deutschen Grenze demonstrieren, sind mit dieser Entscheidung nicht einverstanden. Sie kündigten an, den Start des 1.600 Megawatt Kraftwerks weiterhin verhindern zu wollen.
Bereits seit 2006 plant das Energieunternehmen Essent das Kohlekraftwerk in der Ems-Dollart-Region. Mit dem Kraftwerk sollen laut Informationen des Betreibers rund 2,5 Millionen Menschen mit Strom versorgt werden. Zugleich sei der Bau des Kraftwerks ein Impuls für ein größeres und besseres Arbeitsangebot in der Region. Insgesamt 21 Umweltorganisationen sehen durch den Ausstoß von giftigen Gasen bei der Energiegewinnung aus Kohle jedoch eine Bedrohung für Mensch, Tier und Umwelt in der Region, und konnten durch Aktionen und Klagen die Umsetzung der Baupläne und die Bauphase immer wieder verzögern.
Dabei avancierte die von den beteiligten Provinzen erteilte und vom Wirtschaftsministerium abgesegnete Umweltgenehmigung wiederholt zum Streitobjekt. Bereits im Jahr 2011 wurde diese Erlaubnis vom Raad van State, dem beratenden Verfassungsorgan der Regierung, für nicht konform erklärt (NiederlandeNet berichtete). Und auch der jüngste Richterspruch schreibt den Genehmigungsgebern ein Mangelhaft ins Arbeitsheft und fordert sie zu einer Überarbeitung in Halbjahresfrist auf.
„Geen kern en kolen, maar wind en molen!”
Die demonstrierenden Umweltorganisationen werden in der Zwischenzeit weitere Aktionen planen. In der Vergangenheit hatte es bereits mehrere Proteste gegeben; unter anderem eine Besetzung des Bauplatzes durch Greenpeaceaktivisten. Auch eine Bombendrohung wurde durch die Polizei mit den Gegnern des Kraftwerkbaus in Verbindung gebracht. Greenpeace-Kampagneleiter Willem Wiskerke kritisiert die Entscheidung des Raad van State: „Das Kraftwerk ist noch nicht vollständig verwendungsfähig, trotzdem läuft es schon. Das ist befremdlich.” Generell fordert Greenpeace einen Komplettstopp von Atomkraft und fossilen Brennstoffen zur Energiegewinnung und einen Wechsel auf erneuerbare umweltneutrale Energiepotentiale wie Wind- und Wasserkraft.
Der Kraftwerksbetreiber RWE und Essent sowie die Provinzen verweisen auf Umweltmaßnahmen, die durch sie an anderer Stelle zur Kompensation etwaiger Umweltschäden durch das neue Kraftwerk durchgeführt wurden. So wurde laut Essent in der Provinz Groningen ein 5.000 Hektar großes Lärmschutzgebiet geschaffen. Im Emmapolder sei zudem Landwirtschaftsfläche von 50 Hektar gewonnen und im Ems-Dollart ein ehemaliges Fischfanggebiet zu Deichvorland umgewandelt worden.
Essent ist eine 100-prozentige Tochter des deutschen Energiekonzerns RWE. Bei der Übernahme der Essent-Anteile durch den Essener Stromanbieter wurde vereinbart, dass die Deutschen in den kommenden Jahren verstärkt in den Niederlanden investieren sollten. Durch die Übernahme wurde RWE ein führender Energieversorger in der Benelux-Region.
Weitere Informationen zur Energiewirtschaft in den Niederlanden finden sie in unserem Dossier.