Nachrichten April 2014


BILATERALES: Bundesratspräsident Weil in den Niederlanden

Den Haag/Zwijndrecht. AF/KL/DW/EK/FO/HA/RO/KH/NB/NP. 15. April 2014.

Als amtierender Bundesratspräsident besuchte der Ministerpräsident von Niedersachsen, Stephan Weil (SPD), am gestrigen Montag die Niederlande. Neben einer Audienz bei König Willem-Alexander und einem Besuch im Parlament standen ein Gespräch mit Premier Mark Rutte (VVD) sowie eine Stippvisite beim niederländischen Energiebetrieb Tennet in Zwijndrecht bei Rotterdam auf dem Programm.

Die Reise des deutschen Bundesratspräsidenten in die Niederlande hat inzwischen bereits Tradition. Seit 1996 stattet der jährlich wechselnde Amtsinhaber dem westlichen Nachbarland einmal pro Jahr einen offiziellen Besuch ab. Dabei geht es nicht nur um Kontaktpflege und den Austausch von Höflichkeiten, sondern auch um handfeste wirtschaftliche Interessen – schließlich sind die Niederlande der zweitwichtigste Handelspartner Deutschlands und 25 Prozent aller niederländischen Exporte gehen in die Bundesrepublik.

Weil, der neben seiner Funktion als Bundesratspräsident auch Ministerpräsident von Niedersachsen ist, hatte gleich doppeltes Interesse, den Nachbarstaat zu besuchen. Neben den (supra)nationalen Themen wie Europawahl, Krimkrise und Handel, wurde auch über die deutsche Energiewende gesprochen. Diese soll unter anderem durch Windparks in der Nordsee vor der niedersächsischen Küste zuwege gebracht werden; die Windräder werden – allerdings langsamer als geplant – vom niederländischen Energiebetrieb Tennet ans deutsche Stromnetz angebunden (NiederlandeNet berichtete).

Zum Auftakt seiner eintägigen Visite traf Weil seine niederländische Amtskollegin Ankie Broekers-Knol, sowie die Vorsitzende der Zweiten Kammer, Anouchka van Miltenburg. Dabei wurde unter anderem über die im Mai anstehende Europawahl und die Krise in der Ukraine gesprochen. In Bezug auf die Europäische Union wurde vor allem das Problem der Überregulierung kritisch erörtert. Außerdem sprachen sich beide Seiten für eine weitere Intensivierung des Dialogs mit Kiew und Moskau aus.

Beim Vier-Augen-Gespräch mit König Willem-Alexander im Paleis Noordeinde, das auf Deutsch geführt wurde, standen etliche für beide Länder wichtige Themen auf der Tagesordnung. Das Spektrum reichte vom demographischen Wandel über die Energiewende bis hin zu wirtschaftlichen Fragen. Auch die Einführung eines Mindestlohns in Deutschland, die der niederländische Monarch als „richtige Maßnahme“ lobte, wurde angeschnitten. Die niederländische Wirtschaft hatte in der Vergangenheit zum Teil massive Probleme aufgrund der niedrigen Löhne in Deutschland. Das Gespräch mit dem König sei „kurz“ und „sehr intensiv“ gewesen, sagte Weil anschließend. „Beide Seiten haben betont, wie wichtig die Wirtschaftsbeziehungen sind.“

Während des Treffens mit Ministerpräsident Rutte wurde unter anderem über die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und den Niederlanden, die wirtschaftliche Zusammenarbeit und die Europawahl gesprochen. Beim darauffolgenden Mittagessen ging Rutte in seiner Tischrede besonders auf die guten Handelsbeziehungen beider Länder ein. Weltweit seien lediglich Kanada und die USA wirtschaftlich noch enger verflochten als Deutschland und die Niederlande. Die Bedeutung der Partnerschaft beider Länder habe sich zuletzt wieder auf der Hannover Messe gezeigt (NiederlandeNet berichtete). „Da haben wir die Zukunft gesehen”, so der Premier. „Die deutsche Mentalität ‚quer denken und geradeaus handeln‘ formt zusammen mit der niederländischen Kreativität und dem hier herrschenden Pragmatismus eine stahlharte Kombination. Wir ergänzen einander und schätzen die Qualitäten des jeweils anderen”, erklärte Rutte. Neben den Handelsbeziehungen seien für die bilateralen Beziehungen nach Ansicht Ruttes aber auch andere Bereiche wie beispielsweise die Europapolitik, der Energiesektor und die große Anzahl deutscher Studierender in den Niederlanden wichtig. Bundesratspräsident Weil hob seinerseits hervor, dass er sich in den Niederlanden „zu Gast bei Freunden“ fühle.

Am Nachmittag folgte der „praktische Teil“ der Reise, wie Weil es ausdrückte. Der Bundesratspräsident besichtigte die riesige Konverterplattform „HelWin 2“ des niederländischen Stromnetzbetreibers Tennet in der Nähe von Rotterdam. Diese 100 Meter lange, 42 Meter breite und 27 Meter hohe Anlage wandelt Windenergie in Gleichstrom um, der anschließend durch Unterseekabel transportiert wird. Die Technik soll in Zukunft eine entscheidende Rolle für die deutsche Energiewende spielen. Das niederländische Staatsunternehmen Tennet ist dabei ein wichtiger Partner. Die Firma hat zugesichert, bis zum Jahr 2020 insgesamt 6,5 Gigawatt Offshore-Strom transportieren zu können. Das entspräche genau den Vorgaben der deutschen Politik.

Trotz dieser guten Zusammenarbeit auf dem Strommarkt mit niederländischen Unternehmen gibt es von niederländischer Seite durchaus auch Kritik am raschen deutschen Atomausstieg. Die durch Subventionen sinkenden Strompreise in Deutschland machen den niederländischen Energiekonzernen finanziell zu schaffen. „Sie leiden unter der deutschen Energierevolution“, wie der deutsche Botschafter in Den Haag, Franz Josef Kremp, erklärte. Der bisher eher geringe Anteil des Ökostroms in den Niederlanden soll bis zum Jahr 2020 schrittweise auf 16 Prozent gesteigert werden. Das Land deckt seinen Energiebedarf bisher überwiegend mit Gas.

Mehr Informationen zum Thema Energiewirtschaft in den Niederlanden finden Sie im Energiedossier von NiederlandeNet.

Die Tischrede von Ministerpräsident Rutte kann hier nachgelesen werden.