Nachrichten April 2014


VERKEHR: Niederländische Politik will deutsche Pkw-Maut stoppen

Den Haag/Frankfurt am Main. KL/AA/AD/FAZ/euregio.eu/NOS/NRC/OG/RP/tubantia.nl. 14. April 2014.

Die niederländische Ministerin für Infrastruktur und Umwelt, Melanie Schultz van Haegen (VVD), hat angekündigt, dass sie alles daransetzen werde, um die geplante deutsche Pkw-Maut aufzuhalten. Die Vignette würde Fahrer von Autos mit ausländischem Kennzeichen besonders belasten, da auf deutscher Seite im Gegenzug die Kfz-Steuer gesenkt werden soll. Die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen wurde von der aus CDU, CSU und SPD bestehenden Großen Koalition bereits im November 2013 im Grundsatz beschlossen (NiederlandeNet berichtete).

Personen, die ein Auto mit ausländischem Kennzeichen fahren, sollen ab dem 1. Januar 2016 eine Maut für die Benutzung bundesdeutscher Autobahnen bezahlen. Der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hat am vergangenen Donnerstag einen detaillierten Stufenplan zur Einführung der entsprechenden Vignette in einem Zeitungsinterview vorgestellt. Die Pkw-Maut werde rund 200 Millionen Euro zusätzlich einbringen, die in die Infrastruktur investiert werden sollen. Aus Dobrindts Sicht ist das neue System gerecht, weil dann alle Benutzer deutscher Autobahnen für deren Finanzierung aufkämen.

Die EU-Regelungen erlauben es Mitgliedsstaaten zwar grundsätzlich, Straßenbenutzungsgebühren zu erheben. Diese müssten jedoch so umgesetzt werden, dass sie nicht „diskriminierend oder unverhältnismäßig“ seien, wie Ministerin Schultz van Haegen gegenüber der „Rheinischen Post“ sagte. Sie schließe auch rechtliche Schritte nicht aus. Deutschlands EU-Nachbarland Österreich habe ebenfalls die Prüfung einer Klage gegen die Pkw-Maut angekündigt. Es sei durchaus möglich, dass die Niederlande sich diesem Verfahren anschlössen. Sowohl die Europäische Kommission als auch Ministerin Schultz van Haegen warten derzeit noch die genauen Details der deutschen Pläne ab.

Besonders hart würde die deutsche Pkw-Maut im Grenzgebiet wohnende Niederländer treffen; davon ist beispielsweise der Bürgermeister von Groesbeek, Harry Keereweer (PvdA), überzeugt. Aus seiner Sicht verstoßen die deutschen Pläne gegen geltendes EU-Recht, in dem die Freiheit des Waren- und Personenverkehrs geregelt ist. Die Bürgerinnen und Bürger seiner Gemeinde werde die Pkw-Maut voraussichtlich viel zusätzliches Geld kosten. Als Bürgermeister könne er das jedoch nicht verhindern. Sein Amtskollege in der Gemeinde Losser, Michael Sijbom (CDA), rechnet mit zusätzlichem „Schleichverkehr“, da wahrscheinlich viele Autofahrer wegen der Maut auf die Landstraße ausweichen würden. Als Kompromiss schlägt er vor, auf den ersten 20 Kilometern ab der Grenze auf Gebühren zu verzichten.

Zuvor hatten sich bereits die niederländischen Parteien CDA, PvdA und SP gegen die deutschen Mautpläne gestemmt. Der CDA-Politiker Pieter Omtzigt sprach von einer „schweren zusätzlichen Belastung für den normalen Grenzverkehr. Für Niederländer, die an der Grenze wohnen, ist das ein Nachteil.“ Das Nederlands Bureau voor Toerisme & Congressen befürchtet zudem negative Auswirkungen auf den (Grenz-)Tourismus. Ebenfalls ablehnend äußerte sich der EUREGIO-Vorstand. Die Mautgebühr stehe dem „Gedanken des Zusammenlebens in der Grenzregion“ konträr entgegen.

Wie hoch die deutsche Pkw-Maut genau ausfallen wird, ist offiziell noch nicht bekannt. Gerüchteweise kursieren Beträge zwischen 10 Euro für zehn Tage, 30 Euro für zwei Monate und 100 Euro für das ganze Jahr. Darüber hinaus beabsichtigt Verkehrsminister Dobrindt, die Maut für Lkw auszuweiten. Diese soll dann auch auf vierspurigen Bundesstraßen und bereits für Fahrzeuge ab 7,5 Tonnen gelten.

Kritik an den Plänen der deutschen Regierung gibt es auch im eigenen Land. So prophezeite der Fraktionschef der Grünen, Anton Hofreiter, bereits ein Scheitern der „Ausländer-Maut“. Sie sei „europarechtlich fragwürdig“ und „ökologisch und ökonomisch blind“. Verkehrsminister Dobrindt solle die Pläne für eine Pkw-Maut daher lieber ganz fallenlassen.