Nachrichten April 2014


WIRTSCHAFT: „Die Eurozone ist kein Urlaubsclub”

Amsterdam. ML/dagelijkseSTANDAARD.nl/ECONOMIEnieuws.nl/NOS. 10. April 2014.

Auf Einladung seines niederländischen Amtskollegen Klaas Knot referierte am vergangenen Montag Bundesbankchef Jens Weidmann beim Duitsland Instituut in Amsterdam über die Euro-Krise. Weidmann sprach sowohl die Rolle der Banken als auch die Folgen sowie die Wahrnehmung und Verarbeitung der Krise in der Bevölkerung an. Zudem bezog der Präsident der Deutschen Bundesbank Stellung zu den Vorschlägen des ehemaligen EU-Kommissars und niederländischem Regierungsmitglied Frits Bolkestein (VVD), die ein zeitweises Austreten von Staaten aus dem europäischen Währungsverbund vorsehen.

Weidmann und Knot waren sich einig, dass die gravierendsten monetären Probleme der Finanzkrise in Europa überwunden seien. Das dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Marathon, mit dem Weidemann die Krise vergleicht, erst „zur Hälfte gelaufen und die zweite Hälfte immer die schwerere ist.” Große Teile der Bevölkerung seien noch immer von den Folgen der Krise betroffen. So seien auf der noch ausstehenden Etappe große Probleme wie die Arbeitslosigkeit, die besonders in den Niederlanden aktuell hoch ist, und die eingeengten Finanzierungsmöglichkeiten der kleineren Betriebe zu lösen.

Großen Hoffnungen von Politikern in die Mittel und Möglichkeiten der Zentralbanken erteilten die beiden Finanzökonomen eine Absage. „Die monetäre Politik konnte zwar viel tun, aber sie kann nicht alles lösen, sagte Weidemann. Mit der Bemerkung „Kapitalismus ohne Fehler ist wie Religion ohne Sünden” unterstrich Weidmann zudem, dass der Kapitalismus auch kritisch hinterfragt werden müsse und die nationalen Staaten in der Verantwortung stehen an der Lösung von systembedingten Schwierigkeiten auch eigenständig zu arbeiten.

Im aktuellen Europa-Wahlkampf thematisieren die Populisten in Deutschland und den Niederlanden primär die Rückführung von nationalen Hoheitsrechten an die Mitgliedsstaaten. In diese Debatte griff Weidmann im Kontext des Euros mit der These ein, dass mehr nationale Befugnisse gleichzeitig auch immer eine größere Disziplinierung erfordern.

Der langjährige Fraktionsvorsitzende der VVD in der Zweiten Kammer, Frits Bolkestein, der für seine euroskeptische Haltung bekannt ist, hatte ebenfalls Montag vorgeschlagen, dass Länder, die mit den Stabilitätskriterien der Währungsunion in Konflikt geraten, die Option für einen temporären Ausstieg aus der Eurozone erhalten sollten. Dieser Einfall konnte bei Knot und Weidmann jedoch keinen Zuspruch ernten. Der Bundesbankpräsident kommentierte Bolkesteins Plan mit den Worten: „Die Eurozone ist kein Urlaubsclub.”