Nachrichten Oktober 2013
LIBOR-AFFÄRE: Rabobank muss Strafe in Höhe von 774 Millionen Euro zahlen
Amsterdam. MWE/NOS/NRC/VK. 30. Oktober 2013.
Im Libor-Betrugsfall muss die niederländische Rabobank eine Strafzahlung in Höhe von 774 Millionen Euro leisten. In den Jahren 2005 bis 2010 hatten 30 Mitarbeiter der Rabobank den Libor-Zinssatz manipuliert und damit hohe Gewinne erreicht. Stärker als der finanzielle Schaden, den die Rabobank nun zu verkraften hat, wiegt allerdings der Imageschaden und der Vertrauensverlust bei den Konsumenten.
Die Bezeichnung Libor steht für London Interbank Offered Rate, Euribor für Euro Interbank Offered Rate. Es handelt sich hierbei um Leitzinssätze, zu denen die Banken einander Geld leihen. Auf diesen Tarifen beruhen wiederum andere Zinssätze, wodurch Libor und Euribor indirekt auch die Preise beeinflussen, die Kunden für die Leistungen ihrer Bank zahlen.
Die Libor- und Euribor-Zinssätze werden täglich festgelegt. Dies geschieht durch eine Umfrage des finanziellen Pressebüros ThomsonReuters, das ermittelt, zu welchen Zinssätzen die teilnehmenden Banken der acht Libor-Foren sowie des Euribor-Forums bei anderen Banken Geld leihen können. Daraus wird anschließend ein durchschnittlicher Wert ermittelt. Schon 2008 war festgestellt worden, dass das System fälschungsanfällig ist, da der Zinssatz durch falsche Angaben der Banken relativ einfach manipuliert werden kann, so wie es in den Jahren 2005 bis 2010 bei der niederländischen Rabobank geschehen ist.
Durch fehlende Kontrollmechanismen und das Fehlen eines eindeutigen, internen Protokolls bei der Angabe der Zinssätze, war es möglich, dass Börsenhändler ihre Kollegen dahingehend beeinflussen konnten, den Libor-Zinssatz künstlich hoch zu halten, um mehr Gewinne zu verzeichnen oder in der Kreditkrise mit einem niedrigen Zinssatz zu suggerieren, dass es den Banken finanziell besser ging als es tatsächlich der Fall war. Mit dem Wissen, wie der Zinssatz sich entwickeln würde, konnte darüber hinaus dementsprechend gehandelt und Geld verdient werden.
De Nederlandsche Bank (DNB), die den Vorfall gemeinsam mit den britischen und amerikanischen Kollegen untersucht hat, verkündete gestern das Ergebnis ihrer Nachforschungen. Etwa 500 E-Mails beweisen die Absprache unter den beteiligten Mitarbeitern über den Zinssatz, der an ThomsonReuters durchgegeben wurde und der vom tatsächlichen Zinssatz abweicht. Der Rabobank wurde darum eine Strafzahlung von 774 Millionen Euro auferlegt. Ein Grund für die hohe Summe ist die Tatsache, dass der Vorstand nicht auf entsprechende interne und externe Signale reagiert hat, die auf die Manipulation hinwiesen. Piet Moerland, Vorsitzender des Vorstandes des Rabobank, kündigte bereits seinen Rücktritt an.
Gegen einige der beteiligten Mitarbeiter verhängte die Rabobank Disziplinarmaßnahmen. So erhalten die 14 Mitarbeiter, die noch bei der Rabobank angestellt sind, für die Jahre 2009 bis 2012 keine Boni. Dies betrifft Boni in Höhe von insgesamt 4,2 Millionen Euro. Die 16 Mitarbeiter, die nicht mehr im Dienst der Rabobank stehen, bleiben hingegen ungestraft und dürfen ihre Boni behalten. Fünf von ihnen erhielten darüber hinaus eine Abfindung. Auf Drängen der DNB arbeitet die Rabobank derzeit an internen Mechanismen, um derartigen Manipulationen künftig vorzubeugen.
Die Höhe der Strafe verursacht der Rabobank keine finanziellen Probleme. Schon im Sommer hatte man Geld für die anstehenden Zahlungen reserviert. Von den 774 Millionen Euro gehen 70 Millionen Euro an die niederländische Staatsanwaltschaft, die britische Aufsichtsbehörde FCA erhält knapp 123 Millionen Euro (105 Millionen Pfund), die amerikanische Aufsichtsbehörde CFTC 345 Millionen Euro (475 Millionen Dollar) und die amerikanische Justiz 236 Millionen Euro (324 Millionen Dollar).
Die Rabobank war bislang als einzige niederländische Bank Mitglied des Libor-Forums. Dem größeren Euribor-Forum gehört auch die ING an. Nach Bekanntwerden des Libor-Skandals ist die Rabobank zu Beginn des Jahres jedoch aus dem Euribor-Forum und zuvor im Juni 2012 bereits aus drei der insgesamt acht Libor-Foren ausgetreten.