Nachrichten Oktober 2013
ENERGIEPOLITIK: Shell und Gazprom verschieben umstrittenen Bau einer Erdölplattform
Den Haag/Moskau. AF/greenpeace/SPON/VK. 21. Oktober 2013.
Der niederländisch-britische Energiekonzern Royal Dutch Shell und sein russischer Partner Gazprom haben den Bau einer neuen Erdölplattform innerhalb des Erdölförder-Projektes Sachalin vorerst auf Eis gelegt. Das meldet heute die niederländische Tageszeitung de Volkskrant. Das Projekt, das die Förderung von Erdgas und Öl nördlich der russischen Pazifikinsel Sachalin vorsieht, wird von Umweltschützern stark kritisiert.
De Volkskrant beruft sich in ihrer Meldung auf die Umweltschutzorganisation WWF, die sich bereits seit Jahren gegen die Öl- und Gasförderungsaktivitäten bei Sachalin engagiert. Die Umweltschützer hätten die Information, dass der Beschluss über den Bau der neuen Erdgasplattform für vier Jahre ausgestellt wird, von einer Walfisch-Experten-Kommission, mit der Shell regelmäßig verhandelt. Shell selbst gab keinen Kommentar ab.
Das Shell und Gazprom den Bau gerade jetzt für ein paar Jahre aufschieben, gibt Anlass zur Spekulation. Beide Konzerne stehen wegen des Sachalin-Projektes im Fokus von Umweltschutzorganisationen. So war Gazprom vergangenen Monat das Ziel einer Greenpeace-Aktion. 28 Greenpeace-Aktivisten und zwei Journalisten hatten Mitte September versucht, eine Ölplattform des russischen Konzerns Gazprom zu entern und ein Transparent zu befestigen. Die Besatzungsmitglieder des Schiffes Arctic Sunrise waren daraufhin von den russischen Behörden wegen Piraterie festgenommen worden.
Ob dieser Widerstand eine Rolle gespielt hat, den Bau der neuen Plattform aufzuschieben, ist fraglich. Spekuliert wird auch, ob das angespannte diplomatische Verhältnis zwischen den Niederlanden und Russland (NiederlandeNet berichtete) zum Aufschub der Bauarbeiten geführt hat. Wahrscheinlich sei es jedoch ein rein ökonomischer Beschluss, so de Volkskrant. Die Kosten für eine frostsichere Plattform sind hoch. Shell hat bei der Präsentation ihrer Halbjahreszahlen deutlich gemacht, dass man alle Investitionen noch einmal überdenken werden.
Sachalin ist das weltweit bisher größte Projekt zur Förderung von verflüssigtem Erdgas. Momentan gibt es vor der Küste von Sachalin drei aktive Plattformen. 51 Prozent der Anteile liegen seit 2006 in den Händen von Gazprom. Zuvor hatte Shell mit 55 Prozent die Aktienmehrheit, nun hält der Konzern nur noch 27,5 Prozent der Aktien. Doch nach wie vor ist der niederländisch-britische Energiekonzern der „Operator“ der Gasfelder und somit für alle Aktivitäten verantwortlich. Umweltorganisationen fürchten, dass die Erdölförderung die Laichgründe des Lachses sowie die Nahrungsgründe des westpazifischen Grauwals gefährdet.