Nachrichten November 2013
ERASMUSPREIS: Jürgen Habermas wird für seinen Verdienst um Europa ausgezeichnet
Amsterdam. MWE/duitslandweb.nl/erasmusprijs.org/koninklijkhuis.nl. 07. November 2013.
Gestern Nachmittag erhielt der deutsche Philosoph und Soziologe Jürgen Habermas aus den Händen von König Willem-Alexander den Erasmuspreis 2013. Den mit 150.000 Euro dotierten Preis der Stiftung Praemium Erasmianum, der in diesem Jahr unter dem Motto „Die Zukunft der Demokratie“ verliehen wurde, erhielt Habermas wegen seiner Verdienste um Europa.
Der Erasmuspreis wird jährlich an eine Person verliehen, die innerhalb der kulturellen Traditionen von Europa einen wichtigen Beitrag auf kulturellem, sozialem oder sozial-wissenschaftlichem Gebiet geleistet hat. Verliehen wird der Preis von der Stiftung Praemium Erasmianum, die jedes Jahr ein anderes Thema in den Mittelpunkt rückt. Als Vorsitzender der Stiftung überreicht König Willem-Alexander den Preis am Mittwochnachmittag im Königlichen Palast in Amsterdam an Jürgen Habermas. Die Stiftung begründete die Verleihung des Preises an den 84-Jährigen damit, dass er mit seiner humanistischen Sicht- und Denkweise und seinem Einsatz für die Zukunft Europas die Werte vertrete, die der Stiftung wichtig seien.
Jürgen Habermas, Verfechter der Demokratie und der europäischen Idee, gibt seit mehr als 50 Jahren in der öffentlichen Debatte den Ton an. Seine politischen Analysen zeichnen sich durch Kritik und Schärfe aus und sind zugleich voller Optimismus was die Zukunft eines demokratischen Europas betrifft. In seinem Werk steht darüber hinaus auch immer das Engagement der Bürger im Fokus. Zu seinen bekanntesten Arbeiten gehören „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ (1962) und „Theorie des kommunikativen Handelns“ (1981). In dem 2011 erschienenen Essay „Zur Verfassung Europas“ kommen die aktuelle politische, die finanzielle und wirtschaftliche Krise sowie das damit verbundene Schicksal Europas zur Sprache.
Am Vortag der Preisverleihung war Habermas als Preisträger Ehrengast des Symposiums „The Future of Democracy“ in Amsterdam. Organisiert von der KNAW, der Stiftung Praemium Erasmianum und dem Huizinga Instituut war das Symposium Teil einer Veranstaltungsreihe, in der das Werk von Jürgen Habermas im Mittelpunkt steht. Zu dieser Gelegenheit wurde auch das Buch „Een toekomst voor Europa“ (dt. Zukunft für Europa) veröffentlicht, zu dem Habermas einige Artikel beisteuerte sowie ein Interview, das Paul Schnabel, der ehemalige Direktor des SCP, mit ihm führte.
In seinem Vortrag während des Symposiums am Dienstag plädierte Habermas für eine stärkere Europäische Union und besser informierte Bürger. Neben den Parteien würde auch der Nationalstaat an Boden verlieren. Die Lösung sieht Habermas in der Europäischen Union, die dann allerdings auf andere Art und Wiese gestaltet sein müsse. Habermas plädiert für eine größere Rolle des Europäischen Parlamentes, wodurch auch die europäischen Bürger mehr Einfluss erhielten. Für das Funktionieren demokratischer Abläufe sei es sowieso von Bedeutung, dass die Bürger mehr Informationen erhalten zu den Beschlüssen, die in Brüssel getroffen würden und nicht erst davon erführen, wenn alles längst beschlossen sei. Bezüglich der aktuellen Situation in Europa geht Habermas nicht davon aus, dass die Eurozone auseinanderfalle, da dies zu riskant und zu teuer sei. Die „strukturellen Ungleichheiten in der Eurozone“ würden die Euroländer jedoch zwingen „Schritte in Richtung stärkere Integration zu unternehmen“, so Habermas zum Ende seines Vortrags.
Die Dankesrede, die Jürgen Habermas am Mittwoch nach der Preisverleihung hielt, kann auf der Homepage der Stichting Praemium Erasmianum nachgelesen werden.