Nachrichten Mai 2013


POLITIK: Asylbewerber im Hungerstreik

Amsterdam/Rotterdam. AF/AD/deportatieverzet.nl/NOS/NRC/TR/VK. 08. Mai 2013.

Mindestens 60 Asylbewerber, die in Rotterdam in Abschiebehaft sitzen, befinden sich seit Montag im Hungerstreik. Bereits vergangene Woche hatten Asylbewerber am Flughafen Schiphol aus Protest ihr Essen verweigert. Die Asylsuchenden wollen damit gegen die monatelange Haftverwahrung bis zur Abschiebung protestieren.

Am 30. April haben sechs Asylbewerber in Amsterdam-Schiphol mit einem Hungerstreik begonnen, wie ein Sprecher des niederländischen Justizministeriums gegenüber der Tageszeitung Trouw mitteilte. Einen Tag später hätten sich 13 weitere Abschiebehäftlinge dem Protest angeschlossen. Auf die Gründe für den Protest wollte der Ministeriumssprecher nicht eingehen. Das niederländische Aktionsbündnis Deportatieverzet (dt.: Deportations-Widerstand), das sich laut Selbstauskunft gegen die repressive niederländische Asylpolitik einsetzt und Abschiebungen zu verhindern versucht, erklärte: „Ihre Forderung ist einfach, doch für die niederländischen Autoritäten nicht so selbstverständlich wie es sein sollte: Freiheit“.

Laut Darstellung des NRC Handelsblads dürfen Asylbewerber, die die Niederlande über den Flughafen Schiphol erreichen, das Resultat ihres Asylverfahrens nicht in Freiheit abwarten; anders als Asylsuchende, die über Land ankommen. Die Asylsuchenden in Schiphol protestierten gegen diese Ungleichbehandlung, so die Zeitung. Sie fühlen sich wie Kriminelle behandelt.

Von den Protesten in Amsterdam angeregt, traten diese Woche nun auch Abschiebehäftlinge in Rotterdam in den Hungerstreik. Die Zahl der Rotterdamer Streikenden wird mit mindestens 60 angegeben, Deportatieverzet spricht von 83 Personen. Das Algemeen Dagblad nennt als Grund für den Hungerstreik in Rotterdam die inhumanen Haftbedingungen, wonach die Abschiebehäftlinge selten die Zellen verlassen dürfen und tagsüber keinerlei Beschäftigung haben. Die Zeitung zitiert Frank van Haren, Anwalt eines protestierenden Asylbewerbers: „Es ist ein ‚sick building‘, in dem jeder verrückt wird“.

Da Zwangsernährung in den Niederlanden verboten ist, bleibt nur die Verhandlung mit den Streikenden. Laut Darstellung der Aktivisten von Deportatieverzet wurden die entsprechenden Personen jedoch über Nacht in Isolierzellen verbracht, um sie zur Aufgabe zu bewegen. Das niederländische Justizministerium machte dazu keine Angaben.

Zur Unruhe in den niederländischen Ausreisezentren hatte zuletzt auch der Fall Dolmatov beigetragen. Der Russe Aleksandr Dolmatov hatte sich im Januar in Rotterdam das Leben genommen, nachdem er keine Aufenthaltsbewilligung für die Niederlande erhalten hatte (NiederlandeNet berichtete). Der niederländische Staatssekretär für Sicherheit und Justiz, Fred Teeven, hatte damals „mehr Verfahren, die sorgfältige und humane durchgeführt werden“ angekündigt und anschließend höchstpersönlich einem Asylsuchenden aus Kamerun, der sich weigerte, Flüssigkeit zu sich zu nehmen, eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt.

Anton van Kalmthout, Professor für Ausländerrecht und Mitglied des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT), hält dies für den falschen Weg, denn diese Asylsuchenden seien verzweifelt und würden darin ihre Chance sehen. Stattdessen fordert Van Kalmthout: „Die Regierung muss nun konkret an besseren Aufenthaltsbedingungen, an geringerer Unsicherheit über Verfahrensweisen und an einer kürzeren Haftzeit arbeiten.“