Nachrichten Juni 2013
EHRUNG: Mark Rutte mit Ludwig-Erhard-Gedenkmünze ausgezeichnet
Berlin. TM/RVD/VK/wirtschaftsrat.de. 26. Juni 2013.
Am gestrigen Dienstag hat der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte (VVD) von der CDU-nahen Unternehmervereinigung Wirtschaftsrat auf dessen diesjährigem Wirtschaftstag in Berlin die „Gedenkmünze Ludwig Erhard in Gold“ für seine Anstrengungen zur Lösung der Europäischen Wirtschaftskrise überreicht bekommen.
Vor rund 2.500 Mitgliedern des Wirtschaftsrates zeichnete dessen Präsident, Prof. Dr. Kurt J. Lauk (CDU), Mark Rutte für seine hervorragenden Verdienste um die Soziale Marktwirtschaft aus. In der Laudatio wurde der niederländische Premier dafür gelobt, dass er sein Prinzip der Haushaltskonsolidierung und seine pro-europäische Haltung während seiner Amtszeit nicht aufgegeben habe: „Ministerpräsident Mark Rutte war unter keinen Umständen bereit, den Stabilitätskurs der Niederlande auf Betreiben der Rechtspopulisten aufzugeben. Auch nicht um den Preis, dass seine damalige Regierung daran zerbrach. Er handelt aus Überzeugung, ist seinem Kurs treu geblieben, hat Neuwahlen in Kauf genommen und sich für die europäische Idee entschieden. Es ist vor allem sein Verdienst, in Zeiten der EU-Staatsschuldenkrise die niederländische Bevölkerung davon überzeugt zu haben, wie wichtig ein pro-europäischer Kurs für künftiges Wachstum und künftigen Wohlstand ist.“
Professor Lauk sprach weiterhin davon, dass Mark Rutte durch diese Geradlinigkeit und Glaubwürdigkeit Vertrauen geschaffen hat: „Vertrauen in seine neue Regierung, aber auch Vertrauen in Europa und den Euro. Sein Engagement für und sein fester Glaube an ein starkes Europa sind vorbildlich. Er steht für Reformen zur Verbesserung der Fiskaldisziplin, aber auch für Reformen die bessere Rahmenbedingungen für mehr Wachstum in der EU schaffen.“
Mark Rutte wiederum bedankte sich in Anwesenheit von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für die ihm zuteil gewordene Ehre und versprach, dass die Ludwig-Erhard-Medaille einen Ehrenplatz in seinem Büro bekommen wird. In seiner Dankesrede ging der Rechtsliberale Politiker zunächst auf die engen Beziehungen zwischen Deutschland und den Niederlanden ein, welche nach denen zwischen den USA und Kanada die weltweit intensivsten auf wirtschaftlichem Gebiet sind. Mark Rutte reihte die gestrige Verleihung zudem in eine Reihe von binationalen Veranstaltungen in den vergangenen Wochen ein: der Ehrendoktorwürde für Angela Merkel in Nimwegen (NiederlandeNet berichtete), den Regierungskonsultationen in Kleve (NiederlandeNet berichtete) sowie dem Staatsbesuch König Willem-Alexanders in Süddeutschland (NiederlandeNet berichtete).
Der niederländische Ministerpräsident ging ebenso auf seine ganz persönliche Beziehung zu Deutschland ein. So habe Deutschland in Ruttes Jugend für dessen kulturelle Formung einen wichtigen Beitrag geleistet: Bach und Beethoven seien seitdem die Lieblingskomponisten des niederländischen Ministerpräsidenten, der in seiner Jugend einmal von einer Karriere als Konzertpianist träumte. Thomas Mann sei ferner sein Lieblingsschriftsteller und die Buddenbrooks sein Lieblingsbuch. Heute schauen er und sein Land mit viel Bewunderung und vielleicht auch zu einem gewissen Teil mit Eifersucht auf Deutschland und seine aktuellen positiven Wirtschaftszahlen, so Rutte. Die Niederlande orientieren sich aktuell an den Reformen, die in Deutschland zur Überwindung der Krise durchgeführt wurden. Als Besonderheit seines Landes nannte Mark Rutte zudem Aushandlungsprozesse zwischen den Sozialen Partnern wie etwas das bekannte Poldermodell in den 1980er Jahren oder aktuell der in diesem Jahr geschlossene Sozialvertrag (NiederlandeNet berichtete).
Aktuell vertreten Deutschland und die Niederlande auf europäischer Ebene sehr oft gleiche Positionen, wie Premier Rutte betonte. Beide Länder kämpfen momentan für eine solide Haushaltspolitik in allen EU-Mitgliedsstaaten und eine stärkere Betonung auf Wettbewerbsfähigkeit. „Leider ist die Botschaft, die dazu gehört, nicht immer leicht oder populär“, so Rutte gegenüber den anwesenden Mitgliedern des Wirtschaftsrates. „Aber ich sage Ihnen auch ganz offen, dass diese Kritik in meinen Augen zu oft einseitig bei Deutschland abgeladen wird und dass sie zu oft auch emotionale Bilder und bittere Schlagzeilen hervorbringt, die der Realität nicht gerecht werden. Und Realität ist, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft Europas nicht nur große Verantwortung zeigt, sondern auch große Solidarität bei der Stabilisierung des Euro und der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie viel Erklärungs- und Überzeugungsarbeit dafür zu Hause oft nötig sind, mein Respekt ist Ihnen also sicher. Und vielleicht zum Trost: schon Thomas Mann schrieb: 'Wer immer nur geliebt wird, ist ein Trottel.'“
Zur aktuellen Diskussion über die Zukunft Europas (NiederlandeNet berichtete) sagte Rutte, dass es nicht um mehr oder weniger Europa oder um ein für oder gegen weitere Integration geht: „Ich glaube, dass es viel fruchtbarer ist, sich um das beste Europa zu bemühen. Um das effektivste Europa. Um das Europa, das wir brauchen. Wir müssen uns fortwährend fragen: Wo hat Zusammenarbeit einen echten Mehrwert? Wo bringt sie wirklich etwas? Welche Aufgaben sollten die Mitgliedstaaten besser selbst erledigen? Und wo führt eine verstärkte Zusammenarbeit, im Gegenteil, zu mehr Bürokratie und Schwerfälligkeit? Anknüpfend an die Initiativen der Europäischen Kommission, möchten die Niederlande darüber nach der Sommerpause gern mit den anderen 26 Mitgliedstaaten eine offene Diskussion führen. Wir werden diese Diskussion anstoßen auf der Basis einer umfassenden Bestandsaufnahme, die bei uns durchgeführt worden ist.“
Als Preisträger der Ludwig-Erhard-Medaille reiht sich Mark Rutte nun eine Riege bekannter Persönlichkeiten wie etwa Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl (2003), dem österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (2005), EZB-Präsident Jean-Claude Trichet (2007) und zuletzt Finnlands Ministerpräsident Jyrki Katainen (2012) ein.
Die komplette Rede des niederländischen Ministerpräsidenten kann hier nachgelesen werden.