Nachrichten Juli 2013
PENSIONEN: Deutsch-niederländisches Steuerabkommen sorgt für Unmut
Enschede/Nimwegen. TM/dG/TC. 30. Juli 2013.
Wie mehrere niederländische Regionalzeitungen in den vergangenen Tagen berichteten, mehren sich unter niederländischen Rentnern mit Wohnsitz in Deutschland mehr und mehr kritische Stimmen über das in fünf Monaten in Kraft tretende neue Doppelbesteuerungsabkommen zwischen den Niederlanden und Deutschland. Für etliche der 150.000 in Deutschland wohnenden Niederländer würde das neue Steuerabkommen Nachteile bei den Pensionszahlungen bedeuten.
Am 1. Januar 2014 wird das neue deutsch-niederländische Steuerabkommen, welches im April 2012 in Berlin von den zuständigen Staatssekretären unterzeichnet wurde (NiederlandeNet berichtete), in Kraft treten. Zunächst wird es für alle Betroffenen aber noch eine Übergangszeit bis zum 1. Januar 2015 geben. Die neuen Regelungen beinhalten unter anderem Klauseln dazu, dass Steuern auf Rentenzahlungen, Sozialleistungen und Leibrenten ab einer Höhe von insgesamt 15.000 Euro zukünftig von dem Land erhoben werden, aus welchem die Zahlungen stammen. Konnten niederländische Pensionäre bislang von dem in Deutschland niedrigeren Einkommensteuertarif – beim Spitzentarif 45 gegenüber 52 Prozent in den Niederlanden – profitieren, werden sie zukünftig wohl deutlich weniger Geld im Monat zur Verfügung haben. Ausnahmen gibt es nur für Staatspensionen, bei denen auch weiterhin gilt, dass der Steuersatz von dem Land bestimmt wird, welches die Rentenleistung auszahlt. Sonderregeln gelten auch für spezielle von der Steuer abzugsfähige Ausgaben wie etwa dem niederländischen hypotheekrenteaftrek (dt. Wohnungsbauförderung). Hier wird es Kompensationsmaßnahmen geben, welche Niederländern den Nachteil ausgleichen werden, dass sie, wenn sie in Deutschland arbeiten, nicht von der Wohnungsbauförderung in ihrem Land profitieren können. Hierzu müssen die Benachteiligten einen Antrag stellen und ihre Verluste plausibel darlegen.
Konkret bedeuten die neuen Regeln vor allem für ehemalige niederländische Spitzenverdiener erhebliche Nachteile. Wie die Tageszeitung de Gelderlander ausrechnete, hat ein ehemaliger Lehrer auf einer weiterführenden Schule in den Niederlanden, der als Rentner in Deutschland wohnt und jährlich ein Recht auf 30.000 Euro an Pension hat, nach Abzug aller Steuern zukünftig statt 29.726 Euro nur noch 28.990 Euro übrig. Anstelle von 274 Euro bezahlt er also 1.010 Euro an Steuern, welche dann komplett in die Niederlande abzuführen sind und nicht wie noch zuvor zwischen beiden Ländern gesplittet sind. Noch deutlicher werden die Unterschiede bei einem weiteren Beispiel: Ein Topmanager eines niederländisches multinationalen Unternehmens, der nach seiner Pensionierung in Deutschland wohnt und Anrecht auf 80.000 Euro Rente im Jahr hat, bekommt statt 78.169 Euro zukünftig nach Abzug der Einkommensteuer nur noch 62.913 Euro heraus. Rentner mit Pensionsansprüchen unter 15.000 Euro können vom neuen Doppelbesteuerungsabkommen unter Umständen aber auch profitieren: So bekommt ein ehemaliger niederländischer Fabrikarbeiter als in Deutschland wohnender Rentner seine kompletten 14.000 Euro Pension ausgezahlt – die 187 Euro an Steuern, die bislang noch in den Niederlanden erhoben wurden, fallen zukünftig weg.
Etliche niederländische Rentner mit ihrem Alterswohnsitz in Deutschland werden also ab dem kommenden Jahr weit mehr Steuern zahlen müssen, was viele Betroffenen nicht einsehen wollen: „Das ist ein krasser Fall von Behördenwillkür. Wenn sie Regeln verändern wollen, okay. Aber lass sie es dann für die neuen Rentner und nicht für die bereits existierenden tun“, wird der pensionierte Geologe Jan Martin van Delden (79) aus Bad Bentheim in der Tageszeitung Tubantia zitiert. Zusammen mit mehreren anderen niederländischen Pensionären ist Van Delden erbost, dass seine Rente zukünftig gekürzt werden wird: „Für diejenigen, die ich kenne, bedeutet das ein paar hundert bis hin zu tausend Euro im Monat“, so der Rentner. „Viele wohnen hier schon 20 Jahre oder länger, manche haben eine deutsche Frau oder Kinder in der Nähe wohnen. Müssen die Menschen jetzt ihr Haus verkaufen? Die Stimmung ist hier sehr negativ.“
Derart gut über die zukünftigen Steuerregeln zwischen Deutschland und den Niederlanden informiert wie Jan Martin van Delden scheinen allerdings nur die wenigsten Betroffenen zu sein. „Viele Rentner haben von alledem noch nichts gehört“, meint dann auch Bert Schipper von der Website verhuis.de, den die Tubantia zitiert. Harold Oude Smeijers vom Steuerberatungsbüro KroeseWevers in Oldenzaal meint zudem, dass „viele Leute denken, dass sie selber entscheiden können, ob sie in den Niederlanden oder Deutschland ihre Steuern bezahlen können“. Diese Wahlfreiheit besteht jedoch nicht – erst recht nicht, wenn zum 1. Januar 2014 das neue Doppelbesteuerungsabkommen in Kraft treten wird.