Nachrichten Januar 2013


EUROGRUPPE: Dijsselbloem voraussichtlich Montag neuer Vorsitzender

Brüssel/Den Haag. /FAZ/NRC. 18. Januar 2012

Der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem (PvdA) wurde heute von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker offiziell als einziger Kandidat für seine Nachfolge an der Spitze der Eurogruppe vorgestellt. Seine Wahl wird voraussichtlich bei der Sitzung der Eurofinanzminister am Montag in Brüssel stattfinden.

Über eine Kandidatur des 46-jährigen Sozialdemokraten Dijsselbloem war bereits seit Wochen diskutiert und spekuliert worden (NiederlandeNet berichtete). Der niederländische Finanzminister besuchte in den vergangenen Wochen dazu auch die verschiedenen nationalen Hauptstädte der Eurozone, um sich bei seinen dortigen Ressortkollegen vorzustellen. Er begann dabei am 17. Dezember bei Wolfgang Schäuble in Berlin und war heute, bevor er sich zu einem Treffen mit Jean-Claude Juncker aufmachte, noch bei seinem Amtskollegen in Madrid zu Besuch.

Offiziell bekannt ist die Kandidatur Dijsselbloems seit gestern, wo sich der niederländische Finanzminister im Den Haager Parlament den Fragen der dortigen Abgeordneten zu seiner Kandidatur stellen musste. Die niederländische Tageszeitung NRC Handelsblad deutet die deutliche Aussage Dijsselbloems zu seiner Bewerbung heute als Signal dafür, dass er sich seiner Wahl auch sicher ist. Eine Nachfolge an der Spitze der Eurogruppe wurde notwendig, da der bisherige Chef Juncker Ende vergangenen Jahres bekanntgab, dass er zurücktreten wolle: „Ich habe deutlich gemacht, dass ich gerne Ende Januar zurücktreten würde, und an diesem Fahrplan, der allen bekannt ist, werde ich mich auch halten“, so Juncker gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Nach Junckers Zeitplan sollte Anfang Februar seine Nachfolge geregelt sein, was durch die Kandidatur Dijsselbloems nun auch als nahezu sicher gelten kann.

Disselbloem möchte neben dem Posten des Eurogruppenchefs auch sein Ministeramt parallel weiterführen. Kritische Stimmen aus der niederländischen Opposition konterte er gestern souverän. Vor allem die Parteien SP, ChristenUnie, SGP und PVV waren hier sehr kritisch. So äußerten SP-Vertreter etwa, dass man befürchte, dass mit einem Eurogruppenchef Dijsselbloem die Vertretung der niederländischen Interessen durch den Finanzminister Dijsselbloem nicht mehr gewährleistet sei. Der Minister darauf: „Es wird keine künstliche Unterscheidung bei Gesprächen in Brüssel geben, so dass ich im einen Moment als Vorsitzender und im anderen Moment als Minister sprechen werde. Ich werde also nicht die gesamte Zeit einzig und allein mit den nationalen Interessen beschäftigt sein, aber ich werfe diese natürlich auch nicht weg.“ Als Kompensation für die geringere Zeit, die Dijsselbloem zukünftig für seine Ministerarbeit zur Verfügung stehen wird, soll Staatssekretär Frans Weekers so viel wie möglich die Aufgaben des Ministers übernehmen.

Kritische Töne zur Kandidatur Dijsselbloems gab es auch aus Frankreich, wo Jeroen Dijsselbloem noch in der vergangenen Woche zu Besuch war. Der dortige Finanzminister Pierre Moskovici sagte am Donnerstag in der FAZ, dass er mehr Zeit für die Kandidatensuche fordere und die Entscheidung in den Februar verlegen wolle. Zudem kritisierte er, dass es bisher noch kein offizielles Bewerbungsverfahren für die Nachfolge Junckers gäbe. Auch bemängelte Moskovici, dass Dijsselbloem seine „Vision“ von der künftigen Wirtschafts- und Finanzpolitik im Euroraum nicht ausreichend dargelegt hat beziehungsweise besser darlegen müsse: „Wie kann der Euroraum in seiner Vollständigkeit erhalten bleiben, wie kann man zu besseren Wachstumsaussichten kommen, wie kann man die Bankenunion weiterentwickeln?“ Dazu erwarte Moskovici eine schriftliche Festlegung von Dijsselbloem.

Auf diese Kritik Moskovicis wolle Dijsselbloem nach eigener Aussage am Montag zurückkommen: Das „wird nicht eine neue Vision des Euros sein, das ist auch nicht Aufgabe des Vorsitzenden. Mein Interesse betrifft die Vision der Eurogruppe selbst und deren Agenda“, so der Minister gestern im niederländischen Parlament. Der französische Finanzminister lehne die Kandidatur des niederländischen Finanzministers nach eigener Aussage nicht ab, wohl aber den bisherigen Weg dahin, da dieser nicht ausreichen formalisiert gewesen sei. Dijsselbloem selbst habe er als sympathisch und intelligent erlebt. Er verfüge in Europa- und Wirtschaftsthemen andererseits allerdings auch über sehr wenig Erfahrung.

Nach Aussagen französischer Diplomaten deutet aktuell alles darauf hin, dass Jeroen Dijsselbloem am kommenden Montag von der Eurogruppe nach einer „hinreichend ausführlichen“ und „substantiellen“ Diskussion zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt werden soll.