Nachrichten Januar 2013
TOPGEHÄLTER: Verdienst des Ministerpräsidenten ist in den Niederlanden Richtschnur
Den Haag. TM/FAS/NRC/TR/VK. 09. Januar 2012
Während es hierzulande der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück zuletzt mit seiner Forderung nach einer höheren Besoldung von Bundeskanzlern wiederum in die Schlagzeilen geschafft hat, geht man in den Niederlanden seit Jahren einen anderen Weg. Dort gilt der 1,3-fache Verdienst des Ministerpräsidenten als mehr oder weniger freiwillige maximale Richtschur für alle im öffentlich-rechtlichen Bereich tätigen Angestellten. Allerdings stieg die Zahl der Topverdiener, die mehr als Ministerpräsident Mark Rutte verdienen, zuletzt weiter an. Seit Anfang des Jahres gelten für Vorstände im öffentlich-rechtlichen Bereich nun erstmals gesetzliche Obergrenzen.
„Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig – gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt. […] Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin.“, so Peer Steinbrück jüngst gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Konkret kommt Angela Merkel insgesamt auf eine Besoldung von rund 300.000 Euro pro Jahr. In den Niederlanden bezieht Merkels Amtskollege Mark Rutte insgesamt 144.000 Euro pro Jahr, was in Bezug zur geringeren Größe des Landes vielleicht angemessen, im Vergleich mit Topgehältern aus der Wirtschaft allerdings wohl noch weiter von den realen Spitzengehältern für Topmanager im Land entfernt ist als in Deutschland.
Nach Ansicht des niederländischen Innenministers Ronald Plasterk (PvdA) sind die Topgehälter bei unseren westlichen Nachbarn seit den 1980er Jahren mehr und mehr aus dem Ruder gelaufen. Für die immer weiter steigenden Spitzenverdienste habe der Minister dann auch keinerlei Verständnis: „Ich sehe wirklich keinen Grund dafür, warum ein Direktor einer Wohnungsbaugenossenschaft mehr verdienen muss als der zuständige Minister für Bauen und Wohnen“, so der Minister am gestrigen Dienstag. Die Politik der letzten Jahre gibt Plasterk hier Recht, denn seit Jahren gilt in den Niederlanden die nach dem Ex-Premier Jan Peter Balkenende benannte „Balkenende-Norm“ als Richtschnur für die Topgehälter von Spitzenverdienern in staatsnahen oder semi-staatlichen Organisationen. Diese lag zuletzt bei einem maximalen Jahresgehalt in Höhe von 193.000 Euro (130 Prozent der Besoldung von niederländischen Ministern und Ministerpräsidenten). Doch steigt die Zahl derjenigen mit einem Verdienst über dieser Norm von Jahr zu Jahr weiter an. Laut den am gestrigen Vormittag von Minister Plasterk veröffentlichten jüngsten Zahlen über die Spitzenverdiener geht hervor, dass im Jahr 2011 die Verdienste von ganzen 2.651 Personen in 493 Organisationen des beschriebenen Sektors über der Balkenende-Norm lagen. Den Spitzenrang belegte ein ehemaliger Vorstand einer Wohnungsbaugenossenschaft mit 1,2 Millionen Euro Jahresgehalt. Auf den weiteren Spitzenplätzen finden sich Angestellte aus dem Gesundheitsbereich wie etwa Vorstände von Kranken- und Pflegeversicherungen sowie medizinische Spezialisten oder auch bekannte TV-Größen aus dem niederländischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen.
Um die immer höher ansteigende Zahl der Topverdiener einzudämmen, hatte sich die niederländische Regierung gemeinsam mit dem Kabinett darauf verständigt, jedes Jahr eine Liste der Spitzenverdiener zu veröffentlichen und so eine abschreckende Wirkung auszulösen: „Wir sehen, dass es nicht hilft. Man kann aktuell eher einen gegenteiligen Trend ausmachen“, so Plasterk am Dienstag bei der Präsentation des jüngsten Jahresberichtes. Nicht zuletzt deshalb gelten nun auch strengere Regeln, denn seit dem 1. Januar 2013 ist das neue „Wet Normering Toponkomens“ (dt. „Gesetz zur Normierung von Spitzeneinkommen“) in Kraft getreten, welches zunächst die Vorstände im öffentlichen Sektor weiter disziplinieren soll. Für diejenigen, die jetzt einen Vorstandsposten in diesem Bereich annehmen, gilt die Balkenendenorm als maximaler Verdienst. Für alle anderen, die bereits auf einem Vorstandsposten sitzen, gilt eine Übergangsfrist von vier Jahren. Im Anschluss wird auch ihr Gehalt innerhalb von drei Jahren automatisch auf die Norm heruntergestuft.
Es geht aber nicht alleine um Vorstände. Ginge es nach dem Willen von Peer Steinbrücks sozialdemokratischem Parteifreund Ronald Plasterk, dann werden neben den Vorständen zukünftig auch alle anderen Spitzenverdiener im öffentlichen Sektor unter diese Gesetzesnorm fallen. Für Fernsehmoderatoren, Aufsichtsratsmitglieder oder Spitzenmediziner bei öffentlichen oder semi-öffentlichen Organisationen würde die Norm dann ebenfalls gelten. Doch bereits gegen die seit dem ersten Januar geltenden neuen verschärften Regeln für Vorstände laufen erste Gerichtsverfahren. So klagt beispielsweise die NVZD, eine Vereinigung von Vorständen im Gesundheitssektor, gegen den niederländischen Staat und fordert, dass Organisationen des Gesundheitsbereichs weiterhin selbst über die Gehälter ihrer Topmanager entscheiden können.