Nachrichten Februar 2013


STEUERFLUCHT: Niederlande ist „Walhalla“ für multinationale Unternehmen

Den Haag/Moskau. /SZ/VK. 27. Februar 2013.

Etliche der größten multinationalen Konzerne haben Dependancen in den Niederlanden und können durch diese Konstruktion weltweit Steuerzahlungen in Milliardenhöhe entgehen. Die schätzungsweise 23.000 Briefkastenfirmen in unserem westlichen Nachbarland sorgen beim niederländischen Staat jedoch für zusätzliche Steuereinnahmen von einer bis anderthalb Milliarden Euro pro Jahr. Im Rahmen des G20-Treffens haben Vertreter Deutschlands und anderer großer Staaten nun verabredet, derartigen – zurzeit noch legalen – Steuertricks den Kampf anzusagen.

Die Finanzminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind sich einig: Beim kommenden Treffen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) im September in St. Petersburg soll eine breite Einigung erreicht werden, wie man die systematischen Steuertricks großer weltweiter Unternehmen wie Amazon, Facebook, Starbucks, Pfizer oder IKEA (NiederlandeNet berichtete), die mit Steuerfluchtrouten etwa über die Bahamas, Irland und eben auch die Niederlande operieren, eindämmen kann. In den vergangenen Monaten wurde beispielsweise aufgedeckt, dass ein Unternehmen wie Facebook in seinem Stammland USA 2012 trotz riesiger Gewinne keinen Dollar an Körperschaftssteuer bezahlt hat – der Internetkonzern soll im Gegenteil sogar Geld von den Steuerbehörden zurückbekommen haben. Vergleichbar ist die Situation von etwa Google, welche in Großbritannien keine Steuern bezahlen – unter anderem durch die Geldtransfers über Briefkastenfirmen und Niederlassungen in den Niederlanden.

„Wir wollen, dass Unternehmen ihre Steuern bezahlen, aber ein Land alleine kann das nicht erzwingen“, so Großbritanniens Finanzminister George Osborne auf dem G20-Treffen am vorvergangenen Wochenende. „Die internationale Gesetzgebung hierüber basiert auf den Prinzipien des Völkerbundes von 1920, und eigentlich hat sich nie etwas verändert“, so der britische Finanzminister weiter. Aus diesem Grund forderten Osborne und seine beiden Kollegen Schäuble (Deutschland) und Moscovici (Frankreich) nun ein internationales Handeln, um diese legalen Tricks der multinationalen Unternehmen zu stoppen.

Nach einer Enthüllung der niederländischen Tageszeitung de Volkskrant im Januar wurde bekannt, dass viele international tätige Großunternehmen ihre Einnahmen über eine komplizierte globale Konstruktion von Subfirmen schleusen, um in großem Stil Zahlungen an den Fiskus zu umgehen. Die Niederlande spielt in diesem System von Staaten eine besondere Rolle. So enthüllte de Volkskrant, dass die hundert weltweit größten Unternehmen allein im Jahr 2011 ganze 57 Milliarden Euro durch das Polderland geschleust haben. Die Zeitung sprach von seinem eigenen Land als einem „Walhalla für Steuerflucht“.

Jüngst berichtete auch die Süddeutsche Zeitung (SZ), dass dem deutschen Fiskus bei hierzulande tätigen multinationalen Konzernen jährlich ein immenses Körperschaftssteueraufkommen verloren geht. So berichtete die SZ etwa, dass die Caféhaus-Kette Starbucks mit ihren 158 Filialen in Deutschland auf dem Papier nie Gewinne erzielt und somit hierauf auch keine Steuern zahlt. Durch eine ausgeklügelte Verschiebepraxis wandern die Gewinne durch viele andere Länder mit Niederlassungen der Firma, bis offiziell für Deutschland kein Gewinn mehr übrig bleibt. Unter diesen Ländern war 2011 auch die Niederlande, in die von Starbucks Deutschland gut sieben Millionen Euro an Lizenzgebühren an eine dortige Muttergesellschaft flossen.

Mehr zum Thema Verschiebepraxis in die „Steueroase Niederlande“ in unserem Kurzbeitrag.