Nachrichten Februar 2013
ERDGAS: In Groningen wackelt vermehrt die Erde
Den Haag/Groningen. AF/TM/KNMI/VK. 13. Februar 2013.
Wie das Königlich Meteorologische Institut der Niederlande (KNMI) mitteilte, wurden in der Provinz Groningen seit dem 7. Februar mehrere Erdbeben registriert, das stärkste erreichte ein Stärke von 3,2 auf der Richterskala. Da die vermehrte seismische Aktivität auf die Erdgasgewinnung in dieser Region zurückzuführen ist, fordert die Regierungspartei PvdA nun von Wirtschaftsminister Henk Kamp (VVD), den Erdgasabbau einzuschränken. Nach der jüngsten Häufung der Beben wissen die Sozialdemokraten dabei mittlerweile auch die Mehrheit des Parlaments hinter sich.
Für die Bevölkerung der Provinz Groningen scheint die Bedrohung durch weitere Erdstöße nicht enden zu wollen. Seit vergangenen Donnerstag wurden im Bereich der niederländischen Erdgasfelder ganze acht Beben mit Stärken zwischen 1,1 und 3,2 auf der Richterskala gezählt; eine in diesem Ausmaß „außergewöhnliche“ Häufung, so die Seismologen vom KNMI in einer Stellungnahme. Bei der niederländischen Erdgas Gesellschaft (NAM), welche für die Erdgasgewinnung in der Provinz zuständig ist, gingen von Freitag bis Montagmorgen rund 1.500 Schadensmeldungen von betroffenen Bewohnern der Region ein. Aus gegebenem Anlass hat die Gesellschaft in zwei besonders betroffenen Gemeinden nun eigene Informationstheken in den Gemeindeämtern eingerichtet, bei denen Betroffene ihre durch Erdstöße verursachte Schäden direkt melden können.
Die durch die Erdgasförderung bedingten Erdbeben sind im Norden der Niederlande kein neues Phänomen. Durch die jetzige Häufigkeit sowie Heftigkeit erlangt die Diskussion um die Folgen der Erdgasförderung jedoch eine neue Dimension. Aufgeschreckt wurden die Anwohner der betroffenen Region bereits Ende Januar durch einen Bericht des KNMI, welcher besagt, dass die Erdbeben in Groningen künftig stärker ausfallen werden. Die Seismologen erklärten, dass die in den letzten Jahren zugenommene Häufigkeit und die zunehmende Stärke der Erdbeben im Nordosten der Niederlande eng mit der geförderten Gasmenge zusammenhängen. Bisher war man davon ausgegangen, dass ein Wert von 3,9 auf der Richterskala nicht überschritten werden wird. Die neue Untersuchung spricht jedoch von Magnituden zwischen 4,0 bis 5,0. Laut Aussage der Erdbeben-Experten sei der einzige Weg, um die Zahl und die Stärke der Erdbeben gering zu halten, so wenig Gas wie möglich zu fördern.
Wirtschaftsminister Kamp zeigte sich Ende Januar von den Ergebnissen des KNMI-Berichtes beunruhigt, erklärte aber gleichzeitig, dass er nicht den Plan habe, die Gasförderung zum jetzigen Zeitpunkt zu stoppen. „Wir müssen Interessen abwiegen. Jeder Niederländer heizt sein Haus mit Erdgas aus Groningen. Jeder kocht mit Erdgas aus Groningen. Und es fließt viel Geld in die Staatskasse dank der Gasförderung.“ Dennoch besuchte er Ende Januar zusammen mit NAM-Geschäftsführer Bart van de Leemput die Provinz, um mit den betroffenen Anwohnern zu sprechen. Außer dem Versprechen des Ministers, alle Informationen noch einmal sorgfältig zu prüfen, und der Forderung der Opposition, die Gasfördermenge zu reduzieren, lieferte dieser Besuch seinerzeit jedoch keine weiteren Ergebnisse.
Durch die jüngste Häufung der Erdschläge hat sich die Stimmung gegen den Wirtschaftsminister nun hingegen verstärkt. Schien die Zweite Kammer den Minister in der vergangenen Woche noch mehrheitlich zu unterstützen, ist sich Kamp nun keiner Mehrheit im Parlament mehr sicher. Denn waren es anfangs nur die Vertreter der beiden Oppositionsparteien ChristenUnie und GroenLinks, stehen den Vorhaben des Ministers mit Kamps Regierungspartner PvdA sowie den Oppositionsfraktionen von CDA, D66 und SP nun zusätzliche Abgeordnete kritisch gegenüber.
Der nun unter vermehrtem Druck stehende Wirtschaftsminister kündigte nach den jüngsten Erdbeben dann auch an, dass er im Dezember die Ergebnisse einer Studie nach dem Zusammenhang zwischen Gasgewinnung und Erdbeben präsentieren will. Dies dauert dem sozialdemokratischen Koalitionspartner jedoch viel zu lange und man fordert eine Präsentation der Ergebnisse bereits im Oktober. Geht es nach dem zuständigen staatlichen Inspektionsdienst für die Gasfelder, so sollte die Erdgasgewinnung zukünftig vermindert werden. Dadurch würde das Risiko weiterer Erdstöße abnehmen – auf die Staatskasse auf der anderen Seite jedoch auch höhere Kosten in Höhe von 2,2 Milliarden Euro zukommen.
Mehr zum Thema Energie in den Niederlanden finden Sie in unserem Dossier Energiewirtschaft in den Niederlanden.