Nachrichten DEZember 2013
MERKEL III: Niederländische Stimmen zur großen Koalition
Berlin. TM/DT/NRC/nrc.next/TR/VK. 18. Dezember 2013.
Dem gestern in Berlin vereidigten neuen Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel kommt in den großen niederländischen Zeitungen einige Aufmerksamkeit zu. Besonders mit der Person der Bundeskanzlerin, aber auch ihrem Stellvertreter Sigmar Gabriel und vor allem auch der neuen weiblichen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen beschäftigen sich dabei die Deutschlandkorrespondenten und Redakteure.
Für nrc.next scheint die Aufmerksamkeit, die der neuen deutschen Regierung zukommt, jedoch nicht genug zu sein. Verglichen mit der Berichterstattung über US-amerikanische Wahlen bliebe es jetzt besonders still, so eine Autorin. „Als ob Deutschland nicht wichtig für uns ist. Als ob Deutschland nicht der Motor ist, der die Europäische Einigung am Gang hält. Als ob es noch immer salonfähig ist, um hochnäsig über Deutschland zu sprechen.“ Mit einer Titelseite in schwarz-rot-gold, der Schlagzeile „Ich liebe Deutschland“ und einer doppelseitigen Liebeserklärung fragt nrc.next vielmehr, ob es nicht Zeit wird, Deutschland mehr lieben zu lernen.
Die Wichtigkeit Deutschlands für die Niederlande streicht auch De Telegraaf heraus. Sofern Deutschland auch 2014 weiterhin die Vorreiterrolle beim Weg aus der Wirtschafts- und Finanzkrise beibehält „bleibt ein starkes Deutschland ausschlaggebend dafür, dass man auch hier die Krise bewältigen kann“, so De Telegraaf. Das Deutschland also seit Dienstag wieder eine neue Regierung hat, „ist eine gute Nachricht für [...] Europa“ schreibt auch das NRC Handelsblad.
Vernunftehe
Die Koalition zwischen CDU, CSU und SPD beschreibt de Volkskrant als „Vernunftehe“ und vergleicht es mit der niederländischen Regierung zwischen rechtsliberaler VVD und sozialdemokratischer PvdA. Unter der Beteiligung der SPD wird der Kurs der Regierung nach der Prognose von de Volkskrant sich in einigen Punkten ändern, die Hauptrichtung der Regierung wird sich aber, so vermutet man, wohl im Vergleich zu den vergangenen acht Jahren unter Kanzlerin Merkel nicht großartig verändern. Für das NRC Handelsblad scheint es sicher zu sein, dass es zwischen Union und SPD in Berlin zu einer LAT-Beziehung (living apart together) kommen wird – einem „Kampfkabinett“, in dem sich die Koalitionspartner gegenseitig nichts schenken werden. Fest macht man dies etwa daran, dass man die Ministerriege des dritten Kabinetts von Kanzlerin Merkel nicht gemeinsam der Öffentlichkeit präsentierte, sondern dass Union und SPD hierfür getrennte Pressekonferenzen organisierten.
Was die Machtposition der Bundeskanzlerin betrifft, gibt es in den niederländischen Zeitungen unterschiedliche Bewertungen. Spricht De Telegraaf davon, dass „die ostdeutsche Naturwissenschaftlerin“ mit Sigmar Gabriel und Horst Seehofer „zwei Kraftmeier an ihre Seite gestellt bekommt“ und dass beide mit dem flächendeckenden Mindestlohn sowie der PKW-Maut für Ausländer wichtige Forderungen im neuen Koalitionsvertrag durchsetzen konnten, schreibt de Volkskrant, dass Angela Merkel „durch den Wahlerfolg mächtiger als je zu vor ist“. Auch deshalb, da aufgrund der neuen Machtverhältnisse von einer echten Opposition im Bundestag keine Rede mehr sein kann.
Personal
Bei der neuen Regierungsmannschaft lobt das NRC Handelsblad vor allem Sigmar Gabriel, der „auf eindrucksvolle Art und Weise das schmerzhafte Wahlergebnis in einen Triumpf umgewandelt habe“ und durch den SPD-Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag ein großes Risiko einging. Aber auch Angela Merkel habe gekonnt operiert und nach dem deutlichen Wahlsieg für die Union und den schwierigen Mehrheitsverhältnissen besonnen reagiert und sich nicht zu sehr triumphierend verhalten.
Der alten und neuen Bundeskanzlerin widmet sich vor allem auch die Zeitung Trouw, die Angela Merkel als eine verkappte Sozialdemokratin portraitiert: „Sie tut so, als ob sie keine Lust in die Koalition mit der SPD hat. Aber tief in ihrem Herzen ist Angela Merkel durch und durch Sozialdemokratin. Ein Blick auf ihre politische Laufbahn beweist das.“ Dass das Herz der Kanzlerin sozialdemokratisch schlägt ergebe sich für Trouw aus den vergangenen acht „gemäßigten“ Regierungsjahren unter ihrer Kanzlerschaft. Und sollte man ein Kapitel in den Geschichtsbüchern über sie betiteln, dann könnte dies nur „Die Kanzlerin, die die CDU sozialdemokratisierte“ lauten.
Größere Beachtung von der neuen Kabinettsriege bekommt neben Merkel und Gabriel in den Niederladen vor allem auch die neue deutsche Verteidigungsministerin Ursula van der Leyen. Die Besonderheit als erste deutsche Ministerin in dieser Behörde spielt in der niederländischen Berichterstattung aber weniger eine Rolle. Schließlich verfügt das Kabinett in Den Haag mit Janine Hennis-Plasschaert seit 2012 ebenfalls über eine Frau an der Spitze des Wehrressorts. Thematisiert wird vielmehr die wichtige Rolle, die von der Leyen bei der nächsten Bundestagswahl 2017 zukommen könnte: „Nachfolgerin für Merkel steht bereit“ titelt De Telegraaf dann auch einen Artikel über die neue Berliner Koalition und beschreibt, dass die neue Verteidigungsministerin einen der bedeutendsten Posten innerhalb der Regierung bekommen hat. Ursula von der Leyen sei mit dafür verantwortlich, so die Zeitung weiter, dass aus dem ehemaligen „Männerbollwerk“ CDU eine Partei wurde, die auch bei Frauen mehr und mehr Erfolg hat. De Volkskrant schreibt zudem, dass von der Leyen als „Eiserne Dame“ gilt. „Die Bundeswehr bekommt es mit einer deutschen Version von Margret Thatcher zu tun“.