Nachrichten August 2013


GESELLSCHAFT: Niederlande gehen strenger gegen Sozialhilfebetrug vor

Den Haag. AF/divosa.nl/socialevraagstukken.nl/VK/NOS/NRC/SZW. 14. August 2013


Die niederländischen Sozialämter decken immer mehr Fälle von Sozialhilfebetrug auf, meldete Anfang dieser Woche die Tageszeitung de Volkskrant.Strengere Kontrollen sowie eine stärkere Zusammenarbeit mit anderen Regierungsinstitutionen, wie sie ein neues Gesetz seit Anfang des Jahres vorschreibt, brächten deutlich mehr Betrugsfälle als noch vor ein paar Jahren ans Licht. Zudem werde bereits bei der Antragsstellung inzwischen strenger geprüft, ob jemand wirklich das Recht auf Sozialhilfe habe. Vereinzelte kritische Gegenstimmen weisen hingegen auf das eher geringe Ausmaß des Sozialhilfebetrugs hin.

Mal ist es ein Tipp vom Nachbarn, mal ein unvorsichtiger Beitrag auf Facebook, mal macht die ungewöhnlich niedrige Wasserkostenrechnung die Fahnder der Sozialämter auf mögliche Betrugsfälle aufmerksam. Anfang August machte sogar die Meldung die Runde, dass die Behörde versteckte Kameras einsetzen dürfen, um Sozialhilfebetrügern auf die Schliche zu kommen. Vergangenes Jahr wurden so allein in Amsterdam 560 Untersuchungen angestoßen; die Sozialämter konnten dadurch unrechtmäßig erhaltene Gelder in Höhe von 6,26 Millionen Euro zurückfordern.

Strengere Gesetze

Sozialhilfebetrug wird in den Niederlanden seit diesem Jahr strenger verfolgt. Zum 1. Januar trat das Gesetz über die verschärfte Durchsetzung der Sozialgesetze in Kraft, welches strengere Kontrollen der Sozialhilfe-Empfänger sowie stärkere Sanktionen bei Missbrauch und Betrug vorsieht. Zudem werden seitdem Sozialhilfeanträge strenger beurteilt. Die härtere Herangehensweise wurde im Rahmen des Koalitionsvertrages der aktuellen Regierung beschlossen. Damit ging sie auf den schärferen Ton ein, der die öffentliche Debatte um Sozialhilfebetrug in den Niederlanden zurzeit prägt. Befeuert wurde jene zuletzt durch einen Betrugsskandal im Mai diesen Jahres, bei dem organisierte Banden aus Bulgarien unrechtmäßig Sozialleistungen in den Niederlanden in Anspruch genommen hatten (NiederlandeNet berichtete).

Als Begründung für das neue Gesetz nennt Divosa – die Dachorganisation für die kommunalen Sozialdienste in den Niederlanden – die leeren Kassen der Gemeinden, die in den Niederlanden für die Sozialhilfe verantwortlich sind: „Das Budget für die Reintegration in den Arbeitsmarkt ist von 1.889 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 861 Millionen Euro im Jahr 2013 gesenkt worden […] Indem sie stärker darauf achten, ob jemand wirklich das Recht auf Sozialleistungen hat, sorgen die Gemeinden dafür, dass die verfügbare Unterstützung diejenigen erreicht, die ein Recht darauf haben.“

Zahl der Betrüger gering

Es sei gut, dass nun intensiver kontrolliert werde, so der Landelijke Cliëntenraad, eine Interessenvertretung der Sozialhilfe-Berechtigten, „doch das Sozialamt muss aufpassen, nicht jeden Empfangsberechtigten als Betrüger zu behandeln“. In Relation zu der Gesamtzahl an Sozialhilfeempfängern sei die Zahl der Betrüger gering, so Branko Hagen, Sprecher des Cliëntenraads. Tatsächlich geben zwischen 90 und 99,9 Prozent der verschiedenen Gruppen von Sozialhilfeempfängern ihre Daten (Einkommen, Familienstand, etc.) korrekt an, so eine Untersuchung des niederländischen Sozialministeriums aus dem Jahr 2011.

Eine aktuelle Studie der Universität Rotterdam aus dem April weist ebenfalls darauf hin, dass das Ausmaß des Sozialhilfe-Betrugs eher gering ist. Zwar meldeten die Zeitungen gerne Millionenbeträge im Zusammenhang mit Sozialhilfebetrug, weshalb der Eindruck entstünde, es werde in großem Stile betrogen, „doch die Zahlen sprechen dagegen.“ Hinzukomme, dass der Betrug in rund der Hälfte der Fälle nicht mutwillig geschehe. Sanktionen, wie Bußgelder in doppelter Höhe der erhaltenen Sozialgelder, hätten einen lähmenden Effekt für die Sozialhilfeempfänger, so die Sozialwissenschaftler Dr. Menno Fenger und William Voorberg. Sie empfehlen den Sozialämtern stärker präventiv als repressiv zu arbeiten.