Nachrichten APRIL 2013


POLITIK: „Wirtschaft nicht kaputtsparen!“

Den Haag. AF/CPB/Nieuwsuur/VK. 03. April 2013.

Der Druck auf Premier Rutte (VVD), die geplanten Sparmaßnahmen zu lockern, steigt. Nicht nur die Gewerkschaften und die Arbeitgeber haben sich inzwischen dafür ausgesprochen, die jüngsten Pläne noch einmal zu überdenken. Auch das Centraal Planbureau (CPB), ein Beratungsorgan der niederländischen Regierung in Wirtschafts- und Finanzfragen, erklärte unlängst, weitere Einsparungen wären momentan nicht klug. Am vergangenen Wochenende plädierten nun auch noch VVD-Parteigrößen wie Frits Bolkestein dafür, nicht zu viel zu sparen.

Größer als die von der Europäischen Union geforderten drei Prozent des BIPs soll das niederländische Haushaltsloch nächstes Jahr nicht mehr sein. Jedenfalls wenn es nach der niederländischen Regierungskoalition aus VVD und PvdA geht. Im Koalitionsvertrag wurde dafür ein 15 Milliarden starkes Sparpaket geschnürt. Anfang März 2013 ergänzte das Kabinett dies noch einmal um 4,3 Milliarden, da Berechnungen der EU sowie des CPBs gezeigt hatten, dass das niederländische Haushaltsloch auch im Jahr 2014 die Brüsseler Norm überschreiten werde (NiederlandeNet berichtete).

Die niederländische Bevölkerung hingegen findet die Einhaltung der Drei-Prozent-Norm nicht so wichtig. Die Wirtschaft anzuschieben sei wichtiger als die Brüsseler Vorgabe zu erreichen, gaben beinahe 80 Prozent der Befragten in einer Meinungsumfrage an. Wie die Tageszeitung de Volkskrant vergangenen Samstag mitteilte, plädierten inzwischen neben der Gewerkschaftsbewegung, den Arbeitgeberverbänden und einigen Oppositionsparteien selbst in der Regierungspartei PvdA mehrere Stimmen dafür, das Sparpaket zu überdenken.

In dieselbe Kerbe hieben die VVD-Koryphäen Frits Bolkestein (79), Jozias van Aartsen (66), Hans Wiegel (72) und Ed Nijpels (63). Anlässlich des 65-jährigen Bestehens der Regierungspartei VVD waren die ehemaligen Parteichefs am vergangenen Samstag von der niederländischen Nachrichtensendung Nieuwsuur interviewt worden. Alle vier Parteigrößen warnten davor, die niederländische Wirtschaft durch die aktuellen Sparmaßnahmen auszubremsen. Wiegel, Nijpels und Bolkestein sprachen sich für einen flexibleren Umgang mit der Brüsseler Norm aus. Wiegels erklärte: „Man darf die Wirtschaft nicht kaputtsparen.“
Auch Frits Bolkestein warnte die Regierung:  „Wenn man spart, passiert das auf Kosten des Wirtschaftswachstums.“ Er verwies auf die jüngste Analyse des CPB, wonach die schwache Wirtschaftsentwicklung der letzten Zeit (NiederlandeNet berichtete) vor allem auf den gesunkenen Privatkonsum zurückzuführen sei. Das Konsumentenvertrauen in den Niederlanden sei seit Beginn der Weltwirtschaftskrise im Jahr 2008 stark gesunken.

Dem niederländischen Premier Mark Rutte empfahl Bolkestein zudem, diese Regierungsperiode noch zu vollenden und danach EU-Kommissar in Brüssel zu werden. Es sei unvermeidlich, so Bolkestein, dass man nach zehn Jahren als Spitzenkandidat einer Partei Ermüdungserscheinungen aufweise.