Nachrichten November 2012


DROGEN: Amsterdam will Coffeeshops auch zukünftig für Touristen öffnen

Amsterdam. /NOS/VK. 05. November 2012.


Wie die niederländische Tageszeitung de Volkskrant Ende vergangener Woche berichtete, hat der Amsterdamer Bürgermeister Eberhard van der Laan (PvdA) jetzt bekanntgegeben, dass es für Touristen in der Hauptstadt auch weiterhin möglich sein wird, weiche Drogen in Coffeeshops zu konsumieren. Die Aussage tätigte der Sozialdemokrat vor dem Hintergrund des jüngst beschlossenen Koalitionsvertrages der designierten niederländischen Regierung aus Rechtsliberalen und Sozialdemokraten. Noch gilt jedoch die Regelung der im September abgewählten Minderheitsregierung, nach der ab dem 1. Januar 2013 nur noch solche Personen Zutritt zu den Coffeeshops in Amsterdam bekommen, die auch ihren Wohnsitz in den Niederlanden hätten.

Die landesweite Einführung eines „wietpas“ (dt. Marihuanapass) genannten Mitgliedsausweises, welche für 2013 gesetzlich festgelegt war, sollte die Vollendung einer Politik der abgewählten Minderheitsregierung sein. Regionen wie etwa der Süden der Niederlande verfahren bereits seit Monaten mit einem solchen System, welches Kriminalität und Unruhen durch Drogentouristen aus dem benachbarten Ausland entgegenwirken sollte. Seit der Einführung des  Passsystems verzeichnen die Coffeeshops im Süden der Niederlande sowie der lokale Einzelhandel jedoch hohe Umsatzverluste und eine starke Zunahme des Straßenhandels (NiederlandeNet berichtete).

Bereits im September hatte Maastrichts Bürgermeister Onno Hoes (VVD) so auch gefordert, das Passsystem wieder abzuschaffen, da die Shops durch die Registrierung große Teile ihrer früheren Stammkundschaft an den illegalen Straßenhandel verloren hatten (NiederlandeNet berichtete). Eine Wiederöffnung für Touristen aus anderen Ländern lehnte und lehnt Hoes allerdings nachdrücklich ab, da besonders seine Stadt lange Zeit vor allem unter deutschen und belgischen Drogentouristen zu leiden hatte. Sein Amsterdamer Amtskollege Eberhard van der Laan geht hier jedoch bewusst einen Schritt weiter. Wie de Volkskrant am Donnerstag berichtete, will Van der Laan die 220 Coffeeshops in seiner Stadt auch zukünftig uneingeschränkt für Touristen öffnen. Dabei bewertete er die niederländische Hauptstadt als einen Sonderfall, der nicht mit anderen Städten zu vergleichen wäre. So besuchten von den etwa sieben Millionen Gästen, die pro Jahr nach Amsterdam kommen, auch rund 1,5 Millionen einen Coffeeshop. „Die anderthalb Millionen Touristen werden nicht sagen: Dann halt kein Haschisch. Auf der Suche nach Drogen werden sie sich über die ganze Stadt verteilen. Mehr Straßenraub, Streit über nachgemachte Drogen, keine Kontrolle der Drogenqualität – alles was wir an Elend hatten kommt wieder zurück“, so Van der Laan gegenüber de Volkskrant.

Seine Aussagen traf Eberhard van der Laan auf Basis einer Interpretation des jüngst beschlossenen Koalitionsvertrages des designierten Kabinetts Rutte II . Dort hat man sich für die Abschaffung des Wietpasses ausgesprochen, will grundsätzlich aber dabei bleiben, dass der Verkauf weicher Drogen nur an Personen erfolgt, die in den Niederlanden wohnen (NiederlandeNet berichtete). Allerdings beinhaltet die Koalitionsvereinbarung von Rechtsliberalen und Sozialdemokraten laut Van der Laan auch einen Passus, der unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten Ausnahmen von diesem Grundsatz zulassen soll. So heißt es in dem Papier etwa, dass die Zugangskontrollen zu den Coffeeshops „in Rücksprache mit den betroffenen Gemeinden“ geschehen sollen, „wobei an die lokale Coffeeshop- und Sicherheitspolitik angeknüpft wird“. Diese Klausel will Amsterdam nun als erste Stadt aufgreifen, um die Coffeeshops auch zukünftig für Touristen offenzuhalten. Im Gegenzug kündigte Van der Laan an, dass er dem zuständigen Ministerium versprochen habe, die Kriminalität und Unruhe rund um die Coffeeshops strenger anzupacken sowie dem Drogenkonsum Minderjähriger strenger zu entgegnen. Auch sei es wichtig, mehr Gewicht auf den Gesundheitsaspekt zu legen. So gibt es laut des Amsterdamer Bürgermeisters momentan noch zu viele Betreiber, welche die möglichen Gefahren für die Gesundheit bagatellisieren würden.

Das zuständige Ministerium für Sicherheit und Justiz bewertet die Auslegung der Koalitionsvereinbarung durch  den Amsterdamer Bürgermeister allerdings als vorschnell. In Reaktion auf den Zeitungsbericht ließ ein Sprecher des Ministeriums verlauten, dass Eberhard van der Laan über keine Zustimmung des zuständigen Ministers Ivo Opstelten (VVD) verfüge, um Touristen auch zukünftig legalen Zugang zu den Coffeeshops in Amsterdam zu gewähren. Nach Ansicht des Ministeriumssprechers sei innerhalb des Koalitionsvertrages lediglich vereinbart worden, dass es in dieser Frage spezielle Anpassungen des entsprechenden Passus zur Drogenpolitik angewandt werden können. Diese müssten jedoch noch genauer ausgearbeitet werden. Ministeriumsvertreter werden sich hierzu mit Vertretern aus jenen Gemeinden an einen Tisch setzen, die sich spezielle Anpassungen wünschen.