Nachrichten Mai 2012
2. WELTKRIEG: Niederländischer Kriegsverbrecher Klaas Carel Faber gestorben
Ingolstadt. AF/DNP/Stern/SZ/Telegraaf/VK. 29. Mai 2012.
Der in den Niederlanden geborene Kriegsverbrecher Klaas Carel Faber ist vergangenen Donnerstag im Alter von 90 Jahren im deutschen Ingolstadt gestorben. Mit seinem Tod endet das jahrelange Tauziehen zwischen Deutschland und den Niederlanden um seine Auslieferung.
Erst Anfang dieses Monates hatte eine niederländische Aktionsgruppe die Rede des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck anlässlich des niederländischen Befreiungstages zum Anlass genommen, erneut die Auslieferung Fabers zu fordern. Statt Gauck solle Deutschland lieber Faber nach Breda schicken, so die Forderung (NiederlandeNet berichtete). Unterstützt wurden die niederländischen Aktivisten vom Simon Wiesenthal-Zentrum, einer internationalen jüdischen Menschenrechtsorganisation, deren Ziel es ist, alle am Holocaust beteiligten Naziverbrecher einem Gerichtsprozess zuzuführen.
Als Mitglied der niederländischen Waffen-SS soll Klaas Faber während des Zweiten Weltkrieges an 22 Morden beteiligt gewesen sein. 1947 wurde er in den Niederlanden dafür zum Tode verurteilt, das Urteil wurde ein Jahr später jedoch in eine lebenslange Haftstrafe umgewandelt. 1952 gelang Faber zusammen mit fünf anderen Kriegsverbrechern dann die Flucht nach Deutschland. Dort erhielt er, da er in den Diensten der deutschen Wehrmacht gestanden hatte, die deutsche Nationalität. Die Niederlande verlangte seine Auslieferung, doch Deutschland liefert keine deutschen Staatsbürger aus.
Jahrelanges Tauziehen um gerichtliche Verfolgung
Es ist „ein Skandal für den europäischen Rechtsstaat, dass SS-Massenmörder wie Faber ungestraft ins Grab gehen“, zitierte die niederländische Boulevardzeit De Telegraaf den Journalisten Arnold Karskens, welcher sich für eine juristische Verfolgung Fabers stark gemacht hatte. Alle hätten von Fabers Verbrechen gewusst und doch habe er unbehelligt in Süddeutschland gelebt.
Tatsächlich war der Fall Faber in Vergessenheit geraten. Zwar hatte Simon Wiesenthal 1995 in einem Brief an den damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl um eine weitere Verfolgung der sechs geflüchteten niederländischen Nazis gebeten, doch dauerte es noch bis 2003, dass Faber von einem niederländischen Journalisten in Ingolstadt aufgespürt wurde. Im gleichen Jahr verlangte das niederländische Justizministerium, dass der inzwischen hochbetagte Kriegsverbrecher seine Strafe in Deutschland absitzen solle. Der Antrag wurde abgelehnt, doch die Niederlande gaben nicht auf. Erst Anfang 2012 beugte sich die deutsche Bundesstaatsanwaltschaft dem niederländischen Druck und veranlasste eine erneute Untersuchung, ob die lebenslange Gefängnisstrafe, zu welcher Faber in den Niederlanden verurteilt worden war, nicht doch noch in Deutschland durchgeführt werden könne. Ein Urteil des Gerichtes in Ingolstadt wäre Mitte Juni erwartet worden.
Eine strafrechtliche Verfolgung nach deutschem Recht wurde ebenfalls erwogen. 2010 ließ Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) prüfen, ob Klaas Faber in Deutschland noch gerichtlich verfolgt werden könnte. Die Antwort: Nein. Bis die Niederlande neue Fakten präsentieren könnte, die bewiesen, dass Faber an Morden an Widerstandskämpfern beteiligt gewesen sei, wäre dies nicht möglich.
Nationalsozialist der ersten Stunde
Klaas Carel Faber wurde 1922 in Haarlem geboren. Sein Vater war bereits vor Kriegsbeginn begeistertes Mitglied der NSB, der nationalsozialistischen Partei der Niederlande. Er überzeugte auch seine Söhne. Klaas Carel und Pieter Johan Faber waren schon als Schüler in der Jugendorganisation der NSB, dem Jeugdstorm, aktiv. Nach dem Einmarsch der Deutschen in die Niederlande meldete sich Klaas Faber bei der niederländischen Abteilung der Waffen-SS an, später wurde er Ausbilder bei der so genannten Weerbaarheidsafdeling, eine Art Schutztruppe für die Mitglieder der NSB. Im Mai 1942 wurde Klaas Carel Faber dann sogar Leibgardist des NSB-Führers Anton Mussert.
Als der Vater 1944 vom niederländischen Widerstand exekutiert wurde, „gerieten die Brüder Klaas und Pieter außer sich vor Wut“, so de Volkskrant. Fanatisch kämpften sie fortan gegen die Mitglieder des Widerstands und nahmen an der berüchtigten Aktion Silbertanne in den Jahren 1943/44 teil. Hinter dem Codenamen verbarg sich die systematische Ermordung deutschfeindlicher Niederländer durch niederländische SS-ler. Pieter Faber sollte 1947 deshalb für 27-fachen Mord– wie sein Bruder Klaas– zum Tode verurteilt werden. Dessen Urteil wurde 1948 vollstreckt. Klaas Faber hingegen verbrachte trotz offizieller Verurteilung nur circa sechs Jahre im Gefängnis. Dass er nun, mit 90 Jahren in Freiheit verstarb, ärgert seine Verfolger. Arnold Karskens erklärte am 27. Mai auf dem Nachrichtendienst Twitter: „Ich hätte Faber lieber bei Wasser und Brot in einem Gefängnis hier auf Erden gesehen, als darauf zu hoffen, dass er jetzt in der Hölle brennt.“