Nachrichten Juli 2012
LITERATUR: Der niederländische Dichter Gerrit Komrij ist tot
Amsterdam. MWE/debezigebij.nl/NOS/NRC/TR/VK. 10. Juli 2012.
Der niederländische Schriftsteller und Dichter Gerrit Komrij starb am vergangenen Donnerstag im Alter von 68 Jahren nach kurzer Krankheit in einem Amsterdamer Krankenhaus. Sein Verlag De Bezige Bij teilte mit: „Wir verlieren mit ihm einen bedeutenden Dichter, einen vielseitigen Autor und Übersetzer, einen großen Stilisten, einen scharfsinnigen Polemiker und vor allem einen lieben Freund.“
Gerrit Komrij wurde am 30. März 1944 in Winterswijk geboren. Nach seinem Schulabschluss 1963 zog es ihn nach Amsterdam. Dort studierte er Allgemeine und Vergleichende Westeuropäische Literaturwissenschaft und machte sich als Dichter, Schriftsteller und auch als Kritiker einen Namen. 1968 konnte er mit dem Stil seines Debüts ‚Maagdenburgse halve bollen en andere gedichten‘ (dt.: Magdeburger Halbkugeln und andere Gedichte) auf sich aufmerksam machen und erhielt im Laufe der Jahre für seine Werke viele wichtige Literaturpreise, u.a. 1979 den Busken Huetprijs für seine Essaysammlung ‚Papieren Tijgers‘ (dt.: Papier-Tiger), 1982 den Herman Gorterprijs für ‚De os op de klokketoren‘ (dt.: Der Ochse auf dem Glockenturm), 1993 den P.C. Hooft-prijs und 1999 für ‚In liefde bloeyende‘ (dt.: In Liebe blühend) den belgischen Buchpreis De Gouden Uil.
Zu seinen bekanntesten Werken zählen ‚Verwoest Arcadië' (dt.: Verwüstetes Arkadien), ‚Over de Bergen' (dt.: Über die Berge), ‚De Klopgeest' (dt.: Der Poltergeist), ‚Hercules‘ (dt.: Herkules) oder die Lyrik-Anthologie ‚Die niederländische Poesie des 19. und 20. Jahrhunderts in 1000 und einigen Gedichte‘. Doch der Ruhm, den der „literarische Tausendsassa“ mit seiner Arbeit erlangte, half auch nicht gegen das Gefühl ein Außenseiter zu sein. Aus diesem Gefühl schöpfte er die Inspiration für seine Werke: „Ich weiß nicht was links oder rechts ist. Ich fühle mich nicht entfremdet oder zerrissen. Ich nehme die Zersplitterung der Weltbilder als Gottesgeschenk hin. Ich bin der erste glückliche Schizo“, so Komrij 2005 in einem TV-Portrait über sein Leben.
1976 wurde Komrij TV-Rezensent für das NRC Handelsblad und machte sich mit seinen kritischen Rezensionen und Kolumnen nicht nur Freunde. Als Zielscheiben seiner Gedichte, Essays und Rezensionen fungierten neben den Werken seiner Schriftsteller- und Dichterkollegen auch das Königshaus oder das Fernsehen.
Im Jahr 2000 wurde Komrij von niederländischen Lesern für die Dauer von 4 Jahren zum ersten nationalen Dichter gewählt. Als Dichter des Vaderlands, einem Projekt initiiert vom NRC Handelsblad, dem TV-Sender NPS und der Organisation Poetry International, kommentierte Komrij das Weltgeschehen in Gedichtform und nutzte den überwältigenden Erfolg, um einen Poesieclub und eine Poesiezeitschrift zu gründen.
Seit 1984 lebte Gerrit Komrij in Portugal, ab 1988 wohnte er gemeinsam mit seinem Partner Charles Hofman in Vila Pouca da Beira. Sein letzter Gedichtsband mit dem Titel ‚Boemerang‘ (dt.: Bumerang) habe dort zur Vollendung auf seinem Schreibtisch gelegen und werde im Herbst posthum erscheinen, teilte sein Verlag mit.
Mehr zu Gerrit Komrij auch in unserer Rubrik Personen A-Z.