Nachrichten Januar 2012


POLITIK: Gesetzentwurf für Burka-Verbot angenommen

Den Haag. RH/NRC Next/NRC/ProCM/TR. 31. Januar 2012.

Nach Frankreich, der Schweiz und Belgien soll es nun auch in den Niederlanden ein Burka-Verbot geben. Mit dem Kabinettsbeschluss der dortigen Regierung könnten die Niederlande das vierte europäische Land sein, in dem das Tragen eines Gesichtsschleiers eine Geldstrafe nach sich ziehen würde. Die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments nahm am vergangenen Freitag einem entsprechenden Gesetzentwurf an.

Die öffentliche Vollverschleierung von Frauen könnte bereits ab dem nächsten Jahr verboten sein. Das Tragen gesichtsbedeckender Kleidung in öffentlichen Gebäuden – ausgenommen Moscheen und Kirchen –, Bildungseinrichtungen, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen und im öffentlichen Verkehr wäre somit zukünftig verboten. Unter dieses Verbot fällt allerdings keine Fest- und Karnevalsverkleidung. Noch fehlt die Zustimmung der beiden Kammern des Parlaments, die in der nächsten Woche erfolgen soll. Da das Vorhaben in der niederländischen Bevölkerung auf breite Zustimmung stößt, gilt die Verabschiedung jedoch eine reine Formsache.

Bei Missachtung des Verbotes würden künftig Strafen von maximal 380 Euro beim öffentlichen Tragen einer Burka, eines Gesichtsschleiers, eines undurchsichtigen Integralhelms oder einer Biwakmütze in der Öffentlichkeit veranschlagt werden. Urinieren in der Öffentlichkeit zieht im Gegensatz dazu eine Geldbuße von bis zu 120 Euro nach sich. 

Die niederländische Innenministerin Liesbeth Spies (CDA) betonte gegenüber Journalistinnen und Journalisten, dass die Umsetzung eines Verbots die rechtliche Gleichheit von Männern und Frauen in einer multikulturellen und offenen Gesellschaft besser garantiere. Das Innenministerium begründet die Maßnahme mit den Sätzen: „Die Menschen sollten sich, wenn sie sich begegnen, gegenseitig ins Gesicht sehen und erkennen können.“ Es gehe laut der Innenministerin nicht um ein Verbot religiöser Kleidung, sondern vielmehr um offene Kommunikation, die verhindern solle, dass sich Menschen verhüllen, um Schaden anzurichten. Sie bezeichnete das Tragen einer Burka als „Gefahr für die öffentliche Ordnung“. Ob das Gesetz wirklich von „unvorstellbar großem Interesse ist“, wie die Innenministerien erläuterte, kann bei einer Anzahl von schätzungsweise 150 bis 200 Frauen, die derzeit in den Niederlanden eine Burka tragen, als fragwürdig bezeichnet werden.

Erfreut über den angenommenen Gesetzentwurf zeigte sich der umstrittene Rechtspopulist Geert Wilders (PVV). Er twitterte heute Morgen: „Tolle Neuigkeiten: Das Burkaverbot erreicht endlich die Niederlande! Heutiger Antrag des Ministerrats. Großartig!“ Seine Partei hatte die Verbannung der Burka von niederländischen Straßen immer wieder gefordert. Bereits 2008 war ein Verbot für das Tragen gesichtsbedeckender Kleidung an öffentlichen Schulen und Bildungseinrichtungen in den Niederlanden diskutiert worden (NiederlandeNet berichtete).

Nach Ansicht des aus Juristen bestehenden Staatsrates der Niederlande verstößt das Gesetz gegen die Freiheit der Religionsausübung. Bereits 2007 äußerte sich der Staatsrat, ein unabhängiges beratendes Organ der Gesetzgebung unter Vorsitz von Königin Beatrix, kritisch zu dem Gesetzesvorhaben, da dieses im Konflikt mit der Religionsfreiheit stehe. In September des vergangenen Jahres sendete der frühere Innenminister Piet Hein Donner unter Druck des Duldungspartners Geert Wilders dennoch einen Gesetzentwurf des Burka-Verbotes an den Staatsrat, der sich kritisch zum Entwurf äußerte. Auch vergangene Woche waren erneut kritische Töne zum Gesetzentwurf von Seiten des Staatsrates wahrzunehmen. Das Kabinett hingegen stimmte dem Entwurf dennoch zu. Das Gesetz stehe laut des Ministerrates nicht in Konflikt mit der Religionsfreiheit: „Nicht alles, worauf man sich bei der Religionsfreiheit beruft, darf man auch tun. Diese Freiheit muss zum Wohl des allgemeinen Interesses auch eingeschränkt werden können,“ hieß es.