Nachrichten Januar 2012


TIERSEUCHE: Schmallenberg-Virus inzwischen in deutschen und niederländischen Schafherden

Berlin/Den Haag. AF/FLI/NRC/top agrar/VWA/VK. 17. Januar 2012. 

Hohes Fieber, Abgeschlagenheit, Appetitlosigkeit und eine sinkende Milchleistung – diese Krankheitssymptome zeigen Kühe und Schafe, die mit dem so genannten Schmallenberg-Virus infiziert sind. Gefährlich wird es, wenn die Tiere trächtig sind, denn die Erkrankung kann zu Aborten oder schweren Missbildungen des Fötus führen. Nicht nur in Deutschland beunruhigt die Krankheit die Tierhalter, auch in den Niederlanden nimmt die Zahl der infizierten Betriebe zu. Von einem Risiko für den Menschen ist zurzeit nicht auszugehen.

In den Sommermonaten des letzten Jahres wurden dem deutschen Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI) vermehrt Krankheitsfälle bei Milchrindern gemeldet, die zunächst fälschlicherweise ein Neuauftreten der Blauzungenkrankheit befürchten ließen: Fieber über 40°Celsius, Mattigkeit, Inappetenz sowie ein starker Rückgang in der Milchleistung. In den Niederlanden traten zum gleichen Zeitpunkt ähnliche Krankheitsfälle bei Rindern auf, wobei die Krankheit dort teilweise von Durchfällen und Aborten begleitet wurde. Nach einigen Tagen verschwanden die Symptome wieder, doch die Ursache blieb damals unklar.

Inzwischen hat das FLI mithilfe eines neuen Diagnoseverfahrens die Erkrankungen aus dem letzten Sommer auf Viren zurückführen können, die mit sogenannten Orthobunyaviren verwandt sind. Orthobunyaviren sind in Australien, Asien und Afrika verbreitet. Da die deutschen Proben, in denen dieser Virus zum ersten Mal festgestellt wurde, aus dem sauerländischen Schmallenberg stammten, trägt der Virus – auch in den Niederlanden – nun diesen Namen.

Anfang Dezember wurde der Schmallenberg-Virus in den Niederlanden zum ersten Mal nachgewiesen. Während die Krankheit in Deutschland nicht meldepflichtig ist, muss man Krankheitsfälle in den Niederlanden seit dem 21. Dezember den Behörden melden. Seither wurden 217 Fälle angezeigt, wobei der Virus nicht in allen Fällen nachgewiesen werden konnte. Eine offizielle Übersichtskarte der Niederlande zeigt, dass die 65 Betriebe, in denen das Schmallenberg-Virus inzwischen nachgewiesen wurde, über das ganze Land verteilt liegen. Die meisten Meldungen jedoch kommen aus der Provinz Gelderland, die an Nordrhein-Westfalen grenzt. Hier erreichte das Schmallenberg-Virus nun auch erste Schafbestände. Auch in anderen Bundesländern wie Niedersachsen und Hessen wurden auffällig hohe Raten totgeborener oder lebensschwacher und missgebildeter Schaflämmer gemeldet, die zu großen Teilen auf den Virus zurückgeführt werden konnten.

Die Zahl der infizierten Betriebe wird nach Einschätzung der Experten in beiden Ländern noch zunehmen, da die Ablammzeit bei Schafen nun bevorsteht und auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass Kälber oder Ziegenlämmer mit Missbildungen geboren werden. Der Schafzuchtverband NRW rät, bei den kommenden Lammungen „besonders aufmerksam“ zu sein, da die Geburt der missgebildeten Lämmer oftmals schwierig sei. Die Lämmer lägen häufig steif in der Gebärmutter, weshalb der Tierarzt vielfach helfend eingreifen müsse, um überhaupt eine Geburt zu ermöglichen und das Muttertier zu retten.

Man geht davon aus, dass der Virus, ähnlich wie andere Orthobunyaviren über Stechmücken übertragen wird. „Die einzige Möglichkeit der Vorbeuge hätte im Sommer und Herbst in der Behandlung mit Mitteln zur Abwehr der Stechmücken (Repellentien) bestanden, als das Problem aber noch nicht bekannt war“, so der Geschäftsführer des Schafzuchtverbands NRW, Dr. Ernst Brüggemann letzte Woche gegenüber dem Agrarfachmagazin top agrar. Ob in Zukunft ein Impfstoff zur Verfügung stehen wird, der bei rechtzeitiger Impfung, der Krankheit vorbeugt, ist fraglich. Ein verwandter Impfstoff aus Japan gegen einen anderen Orthobunyavirus zeige solch erhebliche Nebenwirkungen, dass er nicht in Frage käme, so der Schafzuchtverband.  Die Japaner würden selbst meist auf eine Durchseuchung der Bestände setzen.

Eine Übertragbarkeit der Krankheit auf den Menschen hält das European Center for Disease Prevention and Control derzeit für sehr unwahrscheinlich.