Nachrichten Januar 2012


ATOMKRAFT: Einspruchsfrist gegen AKW im niederländischen Zeeland läuft ab

Borssele. AF/knack.be/NRC/RP/standaard.be/WDR. 11. Januar 2012.

Der Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) ruft die Bürger und Bürgerinnen Nordrhein-Westfalens (NRW) zum Widerstand gegen den Bau eines zweiten Kernkraftwerkes im zeeländischen Ort Borssele auf. Nur noch bis morgen, den 12. Januar, können schriftlich oder mündlich Einwände gegen das Projekt eingereicht werden.

Um den genauen Standort des Atomkraftwerkes festzulegen, wird im Vorfeld eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Im Rahmen dieser Prüfung können auch alle Bürger und Bürgerinnen Nordrhein-Westfalens Stellung nehmen. Borssele liegt in der niederländischen Provinz Zeeland, im äußersten Südwesten der Niederlande. Die nächstgrößere Stadt ist das belgische Antwerpen, doch die deutsche Stadt Aachen ist auch nur rund 200 Kilometer weit entfernt. In Borssele steht bereits ein Atomkraftwerk, übrigens das einzige AKW der Niederlande, welches seit 1973 aus der Provinz Zeeland heraus Atomstrom in das niederländische und europäische Netz speist. Nun soll ein weiterer Meiler, Borssele II, gebaut werden.

Wie NiederlandeNet bereits im Oktober 2010 berichtete, spielt auch Deutschland als Nachbarland bei den aktuellen Plänen zu einer Ausweitung der Atomstromproduktion in den Niederlanden eine Rolle. Die Deutschen wären nicht nur potentielle Stromkäufer, sondern auch Stromproduzenten. So buhlte neben dem niederländischen Energieunternehmen DELTA auch der deutsche Energieversorger RWE um die Genehmigung, den zweiten Meiler in Borssele bauen zu dürfen. Ein Grund mehr für den BBU bereits vor zwei Jahren dazu aufzurufen, auch als Bewohnerin oder Bewohner von Nordrhein-Westfalen von dem Recht auf Einspruch Gebrauch zu machen. „Die Folgen eines Störfalls würden den gesamten Westen der Republik treffen. Und zwar massiv“, so Udo Buchholz vom BBU Anfang diesen Jahres gegenüber dem WDR. Auch NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Bündnis 90/Die Grünen) warnte unlängst vor den Risiken der Anlage für die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Gegenüber der Rheinischen Post erklärte er: „Aufgrund der räumlichen Nähe zum Atomkraftwerk könnten bei einem gravierenden Unfall mit radioaktiven Emissionen und bei entsprechenden Windverhältnissen in erheblichem Ausmaß Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen notwendig sein“.

Letzten Dienstag hat sich die Landesregierung NRW in einer Kabinettssitzung mit den Borsseler Plänen befasst. Ergebnis: Das Kabinett legte ebenfalls im Rahmen der vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfung für den Bau der Atomanlage Einspruch ein. Auch die belgische Umweltpartei Groen! hat, genau wie die belgische Gemeinde Evergem, die nur circa 50 Kilometer von Borssele entfernt am südlichen Westerschelde-Ufer liegt, Einspruch gegen den Bau eingelegt.

DELTA hat seinen Genehmigungs-Antrag inzwischen für ein halbes Jahr auf Eis gelegt. Allein kann das Unternehmen ein Atomkraftwerk nicht finanzieren, meldete das NRC Handelsblad Mitte Dezember vergangenen Jahres. Bis Juni 2012 hofft DELTA, Investoren und Partner für den Bau zu finden. DELTAs Geschäftsführer, Peter Boerma, räumte seinen Posten, als klar wurde, dass DELTA wahrscheinlich keine führende Rolle mehr bei der Entwicklung eines zweiten Atomkraftwerks in Borssele spielen wird.

In den Niederlanden selbst hält sich die Aufregung um den geplanten Atomkraftwerkbau eher in Grenzen. Einzig 69 niederländische Wissenschaftler forderten am 21. Dezember in einem offenen Brief, das zweite AKW nicht zu bauen. Es sei „ unnötig, unbezahlbar und unrentabel“. Eine vergleichbare Investition von 6 Milliarden Euro in nachhaltige Energien würde „für ein signifikant höheres Maß an Innovation und Arbeitsplätzen sorgen. Auch die Wirtschaftsstruktur in den Niederlanden und besonders in Zeeland würde profitieren.“, so die Forscher.

Dass die niederländische Regierung dennoch am Bau eines weiteren Atomreaktors festhält, liegt unter anderem daran, dass die von der EU vorgegebenen Richtlinien zur Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes erreicht werden sollen.

Schriftliche Stellungnahmen, bzw. Einwendungen, sind an folgende Adresse zu schicken:
Bureau Energieprojecten
Inspraakpunt Tweede kerncentrale Borssele
Postbus 223
NL - 2250 AE Voorschoten

Mündliche Stellungnahmen können unter folgender Nummer des niederländischen Bureau Energieprojecten abgeben werden:
Tel.: +31 (0)70 379 89 79

Per E-Mail vorgebrachte Stellungnahmen oder Einwendungen werden in diesem Verfahren nicht berücksichtigt.