Nachrichten Januar 2012
KULTUR: Erste Auswirkungen der Sparmaßnahmen der Regierung – 17 niederländischen Museen droht die Schließung
Den Haag. RH/meldepuntbezuinigingen.nl/NRC/Trouw. 10. Januar 2012.
Die umfassenden Sparmaßnahmen der niederländischen Regierung zeigen erste Auswirkungen. 17 niederländische Museen fürchten um ihre Schließung – das zeigt eine Umfrage des niederländischen Museumsvereins. Die Umfrage wurde unter allen Mitgliedern durchgeführt, berichtet die niederländische Qualitätszeitung NRC Handelsblad. Von den 445 Museen, die sich dem Verein angeschlossen haben, füllten 221 den Umfragebogen aus. Die Namen der Museen wurden nicht veröffentlicht, jedoch handelt es sich laut des Vorsitzenden des Museumsvereins, Siebe Weide, in erster Linie um die Museen verschiedener niederländischer Gemeinden, denen die Schließung drohe.
Der Museumsverein gestaltete vor einem halben Jahr die Internetseite meldpuntbezuinigingen.nl (dt. Meldepunkt Einsparungen) zum Thema Einsparungen im niederländischen Kulturbereich. Die Plattform gibt kulturellen Institutionen und Bürgern die Möglichkeit, sich über die Einsparungspläne der niederländischen Regierung zu informieren und eine mögliche Schließung anzukündigen. Es zeigt sich, dass zwei Drittel der niederländischen Museen von den jüngsten Einsparungsplänen betroffen sind. Vor allem die Museen der Gemeinden und Provinzen, wie das Naturkundemuseum Dokkum, das Stadtmuseum Harderwijk, das Gemeindemuseum Bredas, das Nationale Fahrzeugmuseum in Leek, das Museum „Muzee“ in Scheveningen und das Museum für Religiöse Kunst in Uden leiden unter den harten Sparmaßnahmen, heißt es in der niederländischen Tageszeitung Trouw. Aber auch das „Nationaal Museum Paleis Het Loo“ in Apeldoorn, muss laut Angaben zufolge eine Million Euro einsparen. Dieses Museum zieht jährlich 300.000 Besucher an und zählt zu einem der größten der Niederlande. Ein Viertel der Museen erhält 15 Prozent weniger finanzielle Unterstützung. Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben sich 51 Museen auf der Internetplattform gemeldet, die mit den Einsparungen kämpfen.
Umfassende Einsparungspläne der niederländischen Regierung
Die Sparmaßnahmen der niederländischen Regierung im Bildungs- und Kultursektor belaufen sich auf mehr als 200 Millionen Euro, die bis 2013 umgesetzt werden sollen. Hiermit richtet sich der niederländische Staatssekretär für Bildung, Kultur und Wissenschaft, Halbe Zijstra, gegen die Empfehlung des Raad voor Cultuur (dt. Rat für Kultur), dem offiziellen Beratungsorgan der niederländischen Regierung auf dem Gebiet von Kunst, Kultur und Medien. Geplant war ursprünglich, dass die Einschränkungen erst im Jahr 2014 in Kraft treten.
Die Pläne der Regierung sehen konkret vor, dass sich die Museen im Jahr 2010 und 2011 mit einem Anteil von 17,5 Prozent selbst finanzieren müssen. Von 2013 bis 2017 steigt diese Eigenfinanzierung jährlich um ein Prozent bis 21,5 Prozent. Für die Museen, die diese Eigenfinanzierung nicht aufbringen können, wird der Unterhalt der Ausstellungsobjekte bis 2016 weiterhin finanziert. Sollten sie bis dahin keine Möglichkeit für eine alternative Finanzierung gefunden haben, übernimmt die Regierung die Ausstellungsstücke – was im schlimmsten Falle eine Schließung des jeweiligen Museums bedeuten würde.
Auch das Institut „Erfgoed Nederland“ (dt. Erbgut der Niederlande) wird nicht mehr weitergeführt. Die Stiftung für Wissenstransfer und Innovation im kulturellen Erbgutsektor ist den Sparmaßnahmen bereits zu Opfer gefallen. Das Institut kümmerte sich darum, dass beispielsweise Objekte und Geschichten, die von Generation zu Generation übermittelt wurden, nicht verloren gingen. Ziel war es, Organisationen innerhalb und außerhalb des niederländischen, kulturellen Erbgutsektors zusammen zu bringen um aktuelle, gesellschaftliche Fragestellungen zu erarbeiten und Wissenstransfer zu erzielen. Auch die Finanzierung der Projekte zur Stimulierung des kulturellen Interesses junger Menschen entfallen zum Teil. Dies sind nur einige Beispiele für die umfassenden Sparmaßnahmen der niederländischen Regierung.
Die Auswirkungen sind dabei nicht zu unterschätzen. Der Direktor der Internetplattform meldpuntbezuinigingen.nl, Siebe Weide, gibt an, dass in Zukunft nicht nur mit der Kürzung von Ausstellungen zu rechnen ist. Die Museen müssen Personalkosten sparen, was konkret die Entlassung von Mitarbeitern bedeuten würde. Auch würden die Ausstellungen der Museen an Qualität und Potenzial einbüßen.
Steigende Besucherzahlen und Protestaktionen der Bevölkerung
Trotz der Sparmaßnahmen können die Museen steigende Besucherzahlen vorweisen. Rund 18 Millionen Besucher wurden 2011 in den niederländischen Museen gezählt. Im Jahr 2010 waren es noch 16,9 Millionen. Dieser Trend wurde wahrscheinlich nicht zuletzt durch die großen Protestaktionen der niederländischen Bevölkerung beeinflusst. Im Sommer letzten Jahres haben sich tausende Menschen, worunter viele Künstler aus Rotterdam, auf dem Demonstrationsplatz Malieveld in Den Haag versammelt, um gegen die Einsparungspläne der niederländischen Regierung zu demonstrieren. Bei dem Protestmarathon handelte es sich nicht um den ersten Aufschrei des kulturellen Sektors (NiederlandeNet berichtete). Bereits im November 2010 demonstrierten 100.000 Menschen unter dem Motto „Nederland schreeuwt om cultuur“ (dt. Die Niederlande schreien nach Kultur) gegen die Sparpläne der Regierung Rutte (NiederlandeNet berichtete).