Nachrichten Januar 2012
BILDUNG: Deutsche Studierende in den Niederlanden - wer zahlt?
Den Haag. AF/Die Presse/TCT/VK/. 03. Januar 2012.
Deutsche Studierende sind die mit Abstand größte Gruppe ausländischer Studierender an niederländischen Universitäten. Kurz vor dem Jahreswechsel wurden in der niederländischen Politik nun Stimmen laut, die eine Eindämmung der deutschen Studierendenzahlen oder eine Beteiligung Deutschlands an deren Ausbildungskosten fordern.
Im Studienjahr 2010/2011 lag die Zahl der an niederländischen Hochschulen eingeschriebenen Deutschen bei knapp 24.000. Die zweitgrößte Gruppe, Studierende aus China, zählten nur rund 4.000 Kommilitonen. Anders als bei Studierenden, die nur einen Teil ihres Studiums in den Niederlanden absolvieren, müssen ausländische Regelstudenten zwar auch Studiengebühren in den Niederlanden bezahlen, doch diese decken nicht die gesamten Kosten eines Studiums. Die niederländische Regierung unterstützt deshalb Universitäten und Hochschulen pro Student, bzw. Studentin, mit ca. 6.000 Euro. Halbe Zijlstra, niederländischer Staatssekretär für Bildung, Kultur und Wissenschaft, forderte deshalb Hochschulen im deutsch-niederländischen Grenzgebiet dazu auf, die „unbegrenzte Anwerbung“ deutscher Studenten und Studentinnen zu beenden. In diesem Zuge sollten auch alle Studiengänge, die in deutscher Sprache angeboten werden, aus dem Programm genommen werden. Den Hochschulen, die nicht kooperierten, drohe die Schließung, so Zijlstra.
Zwar brächten die ausländischen Studierenden den Niederlanden auch Vorteile – wenn sie zum Beispiel nach ihrem Studium im Heimatland eine internationale Karriere begännen und dann ihr niederländisches Netzwerk nutzten, so sei das gut für den Handel – doch insgesamt sieht Zijlstra in dem großen Zustrom aus dem Ausland eine Bedrohung der Unterrichtsqualität.
Ein Kommentar in de Volkskrant kritisierte die allein finanziell orientierte Kosten-Nutzen-Analyse des Staatssekretärs: „Hier spricht ein Land, welches krampfhaft auf seine Wohlfahrtsstaatskasse fixiert ist. Seine im Ausland noch intakte Reputation, tolerant und international orientiert zu sein, verdient es schon lange nicht mehr.“
Doch Ziljstra steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Bereits im April 2011 hatte Ferdinand Mertens, ehemaliger Spitzenbeamter des niederländischen Bildungsministeriums sich gegen eine weitere Anwerbung deutscher Studierender durch niederländische Hochschulen ausgesprochen (NiederlandeNet berichtete). Mertens forderte, genau wie Zijlstra jetzt, dass das Herkunftsland für seine Studierenden aufkommt.
Wie mehrere kleine EU-Staaten haben die Niederlande das Problem der „asymmetrischen Mobilität“: Während in den Niederlanden rund 59.000 ausländische Regelstudierende eingeschrieben sind, gehen im Gegenzug nur knapp 16.000 Niederländer und Niederländerinnen zum Regelstudium ins Ausland. Da die EU auf der unbeschränkten Mobilität beharrt, müssen die Staaten bilaterale Lösungen finden. Eine ähnliche Anfrage aus Österreich in der Vergangenheit wurde vom Bildungsministerium in Berlin jedoch abgelehnt.
Mehr zum Thema finden Sie in unserem Vertiefungstext Studieren in den Niederlanden.