Nachrichten Februar 2012
POLITIK: Aufruhr über neue Internetseite der niederländischen Partei PVV [UPDATE]
Den Haag. RH/Elsevier/NOS/NRC/SZ/VK. 14. Februar 2012.
Die niederländische Partei PVV sammelt seit dem vergangenen Mittwoch über eine Internetplattform Beschwerden von Menschen, die schlechte Erfahrungen mit aus Mittel- und Osteuropa stammenden Menschen gemacht haben. Aufhänger des Blogs ist die Öffnung des Arbeitsmarktes der Niederlande für Arbeitnehmer aus den acht mittel- und osteuropäischen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Laut der rechtpopulistischen „Partij voor de Vrijheid“ halten sich zurzeit rund 200.000 bis 350.000 Menschen aus Mittel- und Osteuropa in den Niederlanden auf. Die meisten von ihnen stammen aus Polen. Die „massive Immigration“ der Arbeiter würde laut der Rechtspopulisten zu vielerlei Problemen führen: Belästigung und Verschmutzung, die nicht weiter definiert werden. Außerdem würden die osteuropäischen Arbeitnehmer den Niederländern die Arbeitsplätze streitig machen und sich nur schwer integrieren können. „Haben Sie ihren Job verloren wegen eines Polen, Bulgaren, Rumänen oder anderen Mittel- oder Osteuropäers?“, fragt die Partei offen auf ihrer Internetplattform meldpuntmiddenenoosteuropeanen.
Die Beschwerden sollen gesammelt und sortiert werden. Anschließend werden sie dem niederländischen Minister für Arbeit und Soziales, Henk Kamp, vorgelegt. Die Abgeordneten der PVV wollen sich ein Bild machen von den Vorwürfen gegenüber osteuropäischen Mitbürgern, wie denen der Kriminalität, des Alkoholismus, des Drogenkonsums, der Prostitution und der illegalen Deponierung von Hausmüll, erläuterte der PVV-Abgeordnete Ino van de Besselaar in einem Interview mit dem AD.
Unterdessen hat sich die polnische Botschaft in den Niederlanden sehr kritisch über die neusten Entwicklungen zu Wort gemeldet: „Beleidigende Initiativen einer Partei tragen nicht zu einer fundierten Diskussion bei“, hieß es in einer Stellungnahme. Der polnische Botschafter, Janusz Stanczyk, nannte Wilders Internetportal „diskriminierend“. [UPDATE, 15.02.2012, TM: Mittlerweile haben die zehn Botschafter und Geschäftsträger von Polen, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und weiteren osteuropäischen Ländern in den Niederlanden gemeinsam einen erbosten offenen Brief an die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments gesendet und das Abzielen der PVV-Website auf eine bestimmte Personengruppe als „herabwürdigend“ bezeichnet. Man sprach weiter von einer einer „verwerflichen Initiative“, die dem Ansehen der Niederlande als „Vorbild für Freiheit und Toleranz“ schade. Die Botschafter riefen zudem auch die niederländische Regierung auf, sich von dem Standpunkt der Wilders-Partei zu distanzieren.]
Im Europäischen Parlament wurde die Debatte um die Internetseite ebenfalls bereits eröffnet. Die polnischen Parlamentarier verlangen jetzt eine Reaktion der Europäischen Kommission zu dem Vorfall. Die luxemburgische EU-Abgeordnete Viviane Reding nannte die Internetseite der PVV einen „Widerspruch zur Freiheit der EU-Bürger“. [UPDATE, 15.02.2012, TM: Aus der Kommission meldete sich die niederländische EU-Internetkommissarin Neelie Kroes am Dienstag über ihren Blog zu Wort: „Es ist immer einfach, andere zu beschuldigen, aber Beschuldigungen lösen keine Probleme“, so Kroes, welche die Website zudem als „lächerlich“ titulierte.] Viele Polen zeigten sich derweil verunsichert über die neue Feindlichkeit gegenüber der Arbeitsimmigration aus osteuropäischen Ländern.
Der Vorsitzende des größten Arbeitsnehmersverbandes der Niederlande VNO-NCW, Bernard Wientjes, glaubt, dass die Internetseite zu Xenofobie führen könnte. Auch in der Zweiten Kammer des niederländischen Parlaments zeigte man sich erbost über die fremdenfeindliche Internetplattform. Der Premierminister der Niederlande, Mark Rutte, sieht die Unsicherheiten bezüglich der Plattform nicht als politischen Streit sondern als parteiinterne Angelegenheit an und nahm nach wie vor nicht öffentlich zu der Internetseite Stellung. Dies beschädige laut Angaben der niederländischen Tageszeitung de Volkskrant das Image der niederländischen Politik, da man zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen müsse, dass die niederländische Regierung die neue Internetseite unterstützte.