Nachrichten Dezember 2012


DIPLOMATIE: Niederländischer Botschafter über das Verhältnis der Niederlande zu Deutschland

Amsterdam/Berlin. /Minbuza/NRC. 14. Dezember 2012

In einem Namensartikel unter der Überschrift „Deutsche Kontakte geben uns Macht“ wurde in der Donnerstagsausgabe des NRC Handelsblad die gekürzte Fassung einer Rede des niederländischen Botschafters in Berlin, Marnix Krop, veröffentlicht. Der Botschafter, der die Rede am Mittwoch in Amsterdam gehalten hatte, spricht darin über die „neue“ Rolle Deutschlands auf transnationalem und internationalem Parkett sowie über die Chancen, die darin für sein eigenes Land als traditionell starken Partner Deutschlands bestehen. Durch ein Festhalten an der Verbindung zu Deutschland, so seine These, können die Niederlande Deutschland in seiner Führungsrolle zum Positiven beeinflussen.

Marnix Krop ist in den vergangenen Tagen viel unterwegs, um seiner Aufgabe, die guten Beziehungen zwischen Deutschland und den Niederlanden zu pflegen und sein Heimatland über sein Gastland und andersherum aufzuklären, gerecht zu werden. Mittwoch war so ein Tag, an dem der Botschafter morgens in Berlin noch Mitgliedern des deutschen Bundestages über die seit Anfang November vereidigte neue niederländische Regierung, den Regierungsbildungsprozess in Den Haag sowie die aktuell geplante (Spar-)Politik des aus Rechtsliberalen und Sozialdemokraten bestehenden Kabinetts berichtete. Abends dann sprach Marnix Krop auf der anderen Seite der Grenze in Amsterdam. Auf einer Veranstaltung der Nederlands Genootschap voor Internationale Zaken (NGIZ, dt. Niederländische Gesellschaft für Internationale Angelegenheiten) sprach der Botschafter vor einer großen Gruppe aus Studenten, Dozenten, Professoren und Journalisten über die aktuelle Rolle Deutschlands in der internationalen- und der Europapolitik sowie den Chancen, die sich daraus für die Niederlande als traditionell starke Handelsmacht ergeben.

Zunächst beschrieb er dabei, dass sich Deutschland in der aktuellen Eurokrise – entgegen der Erfahrung aus der Vergangenheit, aufgrund der großen Bevölkerung und der wirtschaftlichen Stärke jedoch nicht zu Unrecht – seiner Meinung nach dazu herausgefordert fühlt, eine mittlerweile immer selbstbewusstere Führungsrolle in Europa zu spielen. Dies oftmals im Bündnis mit anderen Staaten wie etwa Frankreich, neuerdings aber auch des Öfteren mit kleineren Mitgliedsstaaten wie Finnland oder den Niederlanden. Der Grund dafür, warum Deutschland sich bei der Rettung des Euro momentan sehr stark engagiert und sehr viel in die Stabilisierung der Währungsunion investiert, ist laut Krop der, dass Deutschland und die hiesige politische Elite verstärkt versucht, ihr weltpolitisch gewachsenes Gewicht durch den Weg über die Europäische Union auszuspielen.

Für Den Haag als traditionell engen Partner Berlins bietet die Entwicklung Deutschlands besondere Chancen. So stärkt das enge Bündnis zum Beispiel das Vorhaben der Regierung in Den Haag, um einen soliden und stabilen Euro auf einer Haushaltsdisziplin der nationalen Parlamente zu basieren. Die Niederlande haben die Absicht, einen auf ökonomische Modernisierung zugespitzten EU-Haushalt zu erreichen und bekommen dabei die Unterstützung aus Berlin. Diese enge Partnerschaft ist nach Ansicht Krops dafür verantwortlich, dass die niederländische Regierung in Berlin generell Gehör findet – eine Tatsache, welche für die bedeutenden wirtschaftlichen Interessen des Handelslandes Niederlande von besonderer Bedeutung ist. Aber auch auf politischem Gebiet bringe die Zusammenarbeit beider Länder Chancen für das Heimatland Krops. So etwa bei der engen Zusammenarbeit beim Thema Menschenrechte, beim Kampf gegen die Weiterverbreitung von Atomwaffen, der Zusammenarbeit bei den Militäreinsätzen in Afghanistan oder dem Einsatz gegen Piraterie (NiederlandeNet berichtete). Und auch bei der jüngst beschlossenen und gemeinsam vorbereiteten Patriot-Mission in der Türkei (NiederlandeNet berichtete) ziehen beide Länder außenpolitisch erneut an einem Strang.

„Es gibt also genug Veranlassung, die europäische und internationale Politik der Niederlande mehr als zuvor auf Deutschland zu orientieren und fortwährend in die Beziehungen mit dem östlichen Nachbar zu investieren – auch dadurch, dass wieder mehr Deutsch gesprochen wird. Hiermit können wir auch die Art und den Tenor der deutschen Führerschaft beeinflussen“, so Krop in seiner Rede in Amsterdam. Auf der anderen Seite sei Berlin aber nicht das Einzige Ziel, auf das man sich als Niederlande richten müsse. Auch Paris und London sind wichtige Adressen. London auch deshalb, so der Botschafter, um zu verhindern, dass Deutschland die euroskeptischen Briten zu schnell abschreibt, wie es Premier Rutte zuletzt auf dem Europäischen Rat geglückt sei.

Als mühsam bezeichnete Marnix Krop für sein Land jedoch, die diagnostizierte starke europäische Orientierung Deutschlands auch nach innen hin erfolgreich zu kommunizieren. Denn diese gehe „doch ein Stück weiter in die Richtung von ‚mehr Europa‘ als es den Niederländerinnen und Niederländern in den vergangenen Jahren lieb ist“, so Krop. Ein Ausweg aus der Eurokrise verlange nach der Auffassung des Botschafters jedoch eher mehr statt weniger Verpflichtung an die Gemeinschaft der 27 Staaten.