Nachrichten August 2012
DROGENPOLITIK: Kein Wietpas mehr nach der Wahl?
Den Haag. AF/DHFM/LB/NRC/TR/waaromsp.nl. 27. August 2012.
Die niederländischen Coffeeshopunternehmer mischen sich in den aktuellen politischen Parlamentswahlkampf ein. Mit dem so genannten Cannabus macht die Branche eine dreiwöchige Wahlkampftour für die Socialistische Partij. Diese hat in ihrem Wahlprogramm die Abschaffung des Wietpasses versprochen.
Seit dem 1. Mai dürfen im Süden der Niederlande nur noch eingetragene Mitglieder im Coffeeshop Cannabis kaufen. Der Mitgliedsausweis, der so genannte Wietpas, wird nur volljährigen Bürgern mit einem in den Niederlanden registrierten Wohnsitz ausgestellt. Auf diese Weise soll der Drogentourismus in den Niederlanden eingedämmt werden (NiederlandeNet berichtete). Für 1. Januar 2013 ist die landesweite Einführung des Wietpasses geplant, doch abhängig vom Ausgang der für 12. September anstehenden Wahl, könnten die Pläne der alten Regierung (VVD und CDA mit Duldungspartner PVV) nun wieder kippen.
Kiffer an die Wahlurnen
Da die sozialistische SP in ihrem Wahlprogramm verspricht, den Wietpas wieder abzuschaffen und den Anbau und Verkauf von weichen Drogen zu legalisieren, führen die Vereinigten Coffeeshops inzwischen offen für diese Partei Wahlkampf. Man wolle „die Kiffer an die Wahlurnen kriegen“, erklären die Initiatoren, „und so Stimmen für eine cannabisfreundliche Politik gewinnen.“ Angestoßen hat die Promotour Nol van Schaik, Coffeshopbesitzer aus Haarlem. „Die Wahlen sind ein Wettkampf zwischen der VVD und der SP. Nur die SP kann die VVD daran hindern, die Wahlen zu gewinnen und mit ihrer desaströsen Politik weiterzumachen“, erklärte Van Shaik gegenüber dem NRC Handelsblad, „wir müssen stärker als je zuvor taktisch wählen.“
Seit der Wietpas im Süden des Landes eingeführt wurde, verzeichnen die dort ansässigen Coffeeshops sowie der Einzelhandel einen hohen Umsatzverlust, was nicht zuletzt zu massiven Stellenstreichungen führte (NiederlandeNet berichtete). Zudem wird über eine starke Zunahme des Straßenhandels berichtet. Erst vergangenen Donnerstag publizierte die Regionalzeitung De Limburger einen „Hilfeschrei“ der Nachbarschaftsplattform Heugemerveld. Heugemerveld ist ein Stadtteil Maastrichts, der seit der Einführung des Wietpasses unter dem „um das Fünffache“ zugenommenen Drogenhandel auf der Straße leidet. „14-jährige dealen, und die Jugendlichen aus der Gegend kommen wieder mit Drogen in Berührung – dabei war das Problem endlich unter Kontrolle“, schreibt der Vizevorsitzende der Nachbarschaftsplattform Meindert Pelkmans. Vor allem in den Abendstunden fühlten sich die Bewohner des Stadtteils auf der Straße unbehaglich.
Wie geht es weiter mit der niederländischen Drogenpolitik?
Während Maastrichts Bürgermeister Onno Hoes (VVD) noch immer sehr zufrieden über die Einführung des Wietpasses ist, denken – abgesehen von der SP – auch andere politische Parteien inzwischen über eine andere Drogenpolitik nach. Auch GroenLinks und D66 wollen laut Wahlprogramm den Wietpas abschaffen. Und die sozialdemokratische PvdA erklärte unlängst, man wolle ein eigenes Cannabis-Gesetz einführen, da die Praxis zeige, dass eine gewisse Nachfrage nach Marihuana bestünde, die durch das Verbot der Droge nicht einfach verschwände. Die bisher nur geduldeten Coffeeshops würden durch das Cannabis-Gesetz zu legalen Wietwinkels (dt.: Haschisch-Läden) umgewandelt, wo unter strengen Voraussetzungen weiche Drogen verkauft werden könnten. Jeder, der volljährig ist, dürfte dort einkaufen, auch Drogentouristen. Außerdem würde dann auch der (Hobby-)Anbau von Cannabis legal. Lea Bouwmeester (PvdA), die die Pläne Mitte August vorstellte, erklärte: „Wenn man Cannabis genauso wie Tabak oder Alkohol behandelt, hat man auch die Möglichkeit Mehrwert- und Verbrauchssteuern zu erheben. Diese Einnahmen kämen dann dem Staatshaushalt zugute und nicht irgendwelchen Kriminellen.“
„Die Idee klingt gut, nur schade, dass die PvdA erst jetzt damit kommt“, so der Aktivist Peter Lunk auf dem Blog der Vereinigten Coffeeshops zur SP-Promokampagne waaromsp.nl. Doch er mahnt, auch, wenn man normalerweise die PvdA, GroenLinks oder D66 – die ebenfalls cannabisfreundliche Politik machten – wählen würde, sollte man am 12. September doch der SP seine Stimme geben. „Von den cannabisfreundlichen Parteien hat nur die SP die Chance, mehr Stimmen als die VVD zu erhalten, die anderen linken Partein liegen in den Umfragen weit hinten.“